Interreligiöse Veranstaltung der Stadt München mit ein bisschen humanistischer Beteiligung

charta_menschenrechte_chor_muenchen.jpg

Der Menschenrechtschor sang die Artikel 1, 2 und 16 aus der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.
Der Menschenrechtschor

podium_charta_menschenrechte_muenchen.jpg

Das Podium (von links): Terry Swartzberg, Wolfgang Wuschek, Hiltrud Schönheit, Bernhard Liess, Barbara Hesse-Bachmaier, Marian Offmann, Benjamin Idriz.
Das Podium

Auch wenn es die Süddeutsche Zeitung gekonnt zu verschweigen wusste: Die Stadt München hatte auch einen humanistischen Vertreter zu einer Veranstaltung der "Münchner Charta der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften" eingeladen. Daneben sang der "Menschenrechtschor" Artikel aus der Menschenrechtserklärung.

"Das 'Bekenntnis füreinander – Münchner Charta der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften' ist eine Bekundung zu gegenseitiger und gesamtgesellschaftlicher Solidarität und Gerechtigkeit." – So lautet die Selbstbeschreibung auf dem offiziellen Stadtportal Münchens. Diese Übereinkunft wurde am 15. September 2023 verabschiedet und am 17. April 2024 aktualisiert. Mehr als zwanzig lokale Gemeinschaften haben sich zu ihr bekannt, darunter auch die Humanistische Vereinigung.

Am vergangenen Sonntag stellten sich die Gemeinschaften im Alten Rathaussaal der bayerischen Landeshauptstadt vor und einige der mitzeichnenden Religionsgemeinschaften nahmen auf der Bühne Platz. Alle Gruppen bekannten sich in der Regel ausdrücklich zur gleichen Wertschätzung aller Menschen, zum Frieden zwischen allen Menschen, mit unterschiedlichem Schwerpunkt, erklärten, dass alle Menschen willkommen seien, ohne Vorurteile, ohne Hass. Auch Wissenschaft und Gleichberechtigung der Frau wurden erwähnt, und die Freiheit von Zwängen. Es wurde erläutert, welche Methoden erforderlich seien, um Frieden zu erreichen, etwa Frieden mit sich selbst, geteilter Besitz, Schutz der Schwachen und Ablehnung von Gewalt, Respekt gegenüber allen Menschen, füreinander einstehen, Anderen in der eigenen Umgebung proaktiv helfen. Säkulare Menschen wurden nicht erwähnt, die Betonung lag auf der kulturellen Vielfalt und Notwendigkeit der Religionen für die Welt.

Im Anschluss sang der Menschenrechtschor Artikel 1, 2 und 16 aus der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, instrumental untermalt, komponiert von Axel Christian Schullz. Eine gelungene Interpretation auf musikalische Weise, doch auf die Inhalte der Menschenrechte, oder auf die diesbezüglichen Bekenntnisse der Münchner Charta, sollte im Laufe des weiteren Abends nicht noch einmal eingegangen werden.

Bei der darauffolgenden Podiumsdiskussion betonte der Penzberger Imam Benjamin Idriz (Vorsitzender des Münchner Forums für Islam) die Erfolge seiner Arbeit zur Befriedung der unterschiedlichen muslimischen Gruppen in seinem Umfeld, als Basis für einen Frieden auch mit anderen. Dabei erwähnte er (als einziger) auch Menschen ohne Religion, jedoch erklärte er auch: Frieden werde gestiftet durch den Religionsunterricht, dieser sei in seinem Einflussbereich so gestaltet, dass der Frieden den Kindern mitgegeben werde. Barbara Hesse-Bachmaier stellte die zentralen Ziele der von ihr vertretenen buddhistischen Laienbewegung Soka Gakkai vor – Frieden, Kultur und Bildung. Bernhard Liess, evangelischer Stadtdekan, räumte ein, dass die evangelisch-lutherische Kirche keinen Alleinanspruch mehr habe, sich um alle Menschen kümmere und damit ihren Beitrag zum Frieden leiste auf Basis von Spiritualität. Eine seiner Aussagen: "Religion kann das Schlimmste und das Beste im Menschen befördern". Weiterhin erklärte er, dass nach einer Statistik Kirchenmitglieder aktiver im Ehrenamt seien und mit ihrem sozialen Engagement einen großen Beitrag zur Gesellschaft leisteten.

Hiltrud Schönheit, Vorsitzende des Katholikenrats München und Freising, schloss sich Liess an, verwies auf die inzwischen erreichte Ähnlichkeit der katholischen zur evangelischen Kirche und zum Judentum und deren Zusammenarbeit. Sie sprach davon, dass alle Menschen und alle Rassen (sic) Ebenbild Gottes seien. Darauf gründe die Zusammenarbeit mit anderen Religionen, beispielsweise auch durch gemeinsame Friedensgebete.

Wolfgang Wuschek (Humanistische Vereinigung) bedankte sich für die Einladung und bestätigte, dass inzwischen alle Werte der Humanisten auch bei den Religionen diskutiert würden. Er betonte das gemeinsame Ziel, nicht nur das Eigene durchsetzen zu wollen, erwähnte als einziger den Menschenrechtschor als gemeinsames Tun. Er schloss mit dem eindringlichen Satz, dass das Ziel von Frieden nur dann verwirklicht werden könne, wenn auch die Menschen ohne eine religiöse Zugehörigkeit erreicht würden. Dieser Satz wurde leider von niemandem aufgegriffen.

Als jüdischer Vertreter hätte ursprünglich der Rabbiner Jan Guggenheim teilnehmen sollen. Kurzfristig sagte er jedoch ab, aus Protest gegen die Anwesenheit von Imam Benjamin Idriz. Dieser hatte im Oktober gegen den Protest von jüdischer Seite den Toleranz-Preis der Thomas-Dehler-Stiftung erhalten. Der Imam war mit Aussagen über Israel in die Kritik geraten. Das wiederum erzürnte den ehemaligen Oberbürgermeister von München Christian Ude, der aus dem Publikum spontan die Bühne betrat, um für den Imam eine Lanze zu brechen (nachzulesen hier). Man dürfe "nicht nur in einer feindseligen Abwehr verharren". Für die jüdische Gemeinschaft kam ersatzweise Terry Swartzberg auf die Bühne. Er ist Vorsitzender von Jews Engaged With Students (J.E.W.S.) und erläuterte seine erfolgreiche Arbeit an Schulen und Sabbatfeiern in christlichen Kirchen mit humorvollem Engagement.

Der städtische Beauftragte für interreligiösen Dialog Marian Offman schloss mit dem Satz, man müsse den Kindern den Glauben nahebringen. Ohne Glauben seien sie empfänglich für Rattenfänger. Dem setzte Moderatorin Birgit Magiera zwar noch entgegen, dass die weltanschaulich Nichtorganisierten ein großer Bestandteil der Gesellschaft seien, aber das ging schon im langsamen Aufbruch unter.

Unterstützen Sie uns bei Steady!