Lass mir mein Geheimnis!

(hpd) Geheimnisse und Lügen können das Beste für eine Liebesbeziehung sein – mit dieser provokanten These wartet die Chefredakteurin

von "Psychologie Heute", Diplompsychologin Ursula Nuber, auf.

 

„Dies ist ein einseitiges Buch" - mit diesen Worten beginnt das letzte Kapitel des Buches „Lass mir mein Geheimnis! Warum es gut tut, nicht alles preiszugeben". Ursula Nuber hat per Aufruf 200 Menschen gefunden, die bereit waren, zumindest einmal ihre Geheimnisse preiszugeben, darunter Menschen, die schlechte Erfahrungen mit dem Outing ihrer Geheimnisse gemacht hatten und daher im Nachhinein zum Ergebnis kommen: Hätte ich besser nichts gesagt! Oder im Gegenteil andere, die sehr gut damit leben, seit Jahren oder gar Jahrzehnten etwas für sich zu behalten und die voraussichtlich ihr Geheimnis mit ins Grab nehmen werden.

Ursula Nuber moralisiert nicht, sie verurteilt nicht, sie zeigt die Zweckmäßigkeit des Geheimnisses und der Lüge auf. Ein Geheimnis ist etwas, das, so Nuber, zum Heim gehört und von jenen trennt, die nicht dazu gehören. Es ist immer mindestens eine andere Person im Spiel. Es gibt keinen Menschen, so Nuber weiterhin, der nicht wenigstens ein Geheimnis hat.

Geheimnisse fördern die Selbstständigkeit, indem sie Freiräume schaffen, sie ermöglichen ein zweites Leben neben dem ersten – zum Beispiel für Menschen, die spezielle (sexuelle) Aspekte ihrer Person nicht in der Partnerschaft ausleben können –, und Geheimnisse helfen Ziele zu erreichen, was jeder weiß, der einmal Karten gespielt hat und sich dabei nicht in die Karten schauen ließ.

Da Geheimhaltung nicht immer ohne Lügen auskommt, geht Nuber auch auf verschiedene Aspekte der Lüge ein, die aus liebevoller Rücksicht, zur Selbsterhaltung und zum Selbstschutz eingesetzt werden kann. Schließlich gibt es liebenswürdige Lügen und unliebenswürdige Wahrheiten. Es ist sogar gesetzlich verankert, dass schwangere Frauen bei Einstellungsgesprächen auf die Frage nach einer bestehenden Schwangerschaft lügen dürfen.

Auf die Einstellung kommt es an, wer unter einem Geheimnis leidet und diese als Bürde empfindet – doch Nuber mahnt zur Vorsicht, wenn die Last mittels Offenbarung gelüftet werden soll. Viel Schmerz und zerbrechende Beziehungen resultieren mitunter aus der voreiligen Offenlegung von Geheimnissen, die erhoffte Entlastung weicht damit häufig einer noch stärkeren Belastung durch die Konsequenzen. Ein Geheimnis zu wahren kann demnach notwendig sein und harte Arbeit bedeuten. Die kann sich jedoch lohnen, wenn niemand dabei zu Schaden kommt, und das Geheimnis ein ganzheitliches, ausgewogenes - und vor allem ein selbst bestimmtes Leben ermöglicht.

Fiona Lorenz

Ursula Nuber: "Lass mir mein Geheimnis!Warum es gut tut, nicht alles preiszugeben", Frankfurt: Campus, 2007. EAN 9783593384627. EUR 14,95.