Lesung zur guten Nacht?

MÜNCHEN. (hpd) Der ehemalige bayerische Landesvater Edmund Stoiber würde auch ihn – genauso wie Janosch bestimmt

aus allen erreichbaren Kinderzimmern verbannen! Der Bund für Geistesfreiheit München dagegen hat ihn – einmal mehr – herzlich eingeladen und Dr. Michael Schmidt-Salomon, unterwegs durch den Süden der Republik, ließ es sich nicht nehmen, am vergangenen Dienstag mitten in München im Oberangertheater aus seinem Buch "Wo bitte geht's zu Gott? fragte das kleine Ferkel?" zu lesen.

 

Bei der anschließenden lebhaften Diskussion rund ums Ferkel- und Igel-Buch und seinem Hürdenlauf über den Indizierungsversuch von Seiten des Bundesfamilienministeriums tröstete ihn doch ein wenig, dass Stoiber beim Besuch der Kinderzimmer neben Janosch und Schmidt-Salomon schließlich auch Wilhelm Busch ("Max und Moritz"), Max Kruse ("Urmel aus dem Eis"), Astrid Lindgren ("Pippi Lindgren"), Mark Twain ("Tom Saywer und Huckleberry Finn") etc. umgehend ebenfalls rausschmeißen müsste.

Den Zuhörern präsentierte sich Schmidt-Salomon nicht nur als Philosoph ("Das Manifest des evolutionären Humanismus"), Schriftsteller und Kinderbuchautor, sondern auch als anregender Erzähler und Vorleser, der Ferkel und Igel lustige Stimmen verpasste. Dem interessierten Publikum berichtete er anschließend von seinen weiteren Projekten (es wird u.a. weitere Kinder-/Jugendbücher geben), von den nächsten Aktivitäten und seinen eigenen Erfahrungen mit den Auswirkungen des Paragrafen 166 StGB (Verbot des von ihm geschriebenen Musicals "Das Maria-Syndrom". Dieser Paragraf zum besonderen Schutz religiöser - insbesondere christlicher Bekenntnisse -, ist verantwortlich für die vielen "Scheren in den Köpfen" der Kabarettisten, Karikaturisten, Journalisten, Dichter und Denker, die bei Verstoß mit Angriffen religiöser Menschen, mit strafrechtlichen Konsequenzen und beruflichen Nachteilen rechnen müssen. Kein Wunder, dass die meisten sich in diese Gefahr erst gar nicht begeben wollen! Und doch wurde der demokratische Fortschritt dadurch erreicht, dass viele Menschen - wie er selbst auch - immer wieder solche und ähnliche Gesetze bewusst übertreten, strafrechtliche Konsequenzen nicht gescheut und damit zum demokratischen Fortschritt beigetragen haben!

Es gibt viel zu tun - packen wir's an!

Bis spät wurde lange noch angeregt diskutiert insbesondere über die Notwendigkeit, dass - nach Tucholsky - Satire alles dürfen sollte in einer demokratischen Gesellschaft, und dass alle Bürgerinnen und Bürger aufgefordert sind, sich dafür stark zu machen. In diesem Zusammenhang wies er die Besucher auch auf eine besondere Aktion hin, nämlich den Blasphemie-Preis "Der freche Mario" hin, den der bfg München im Rahmen der IBKA-Tagung ("Religionskritik/Zensiert - Grundrechte im Schatten der Götter") in diesem Jahr zum ersten Mal in München am 10. Oktober, auch im Oberangertheater, vergeben wird.

Auf dem Weg in jede Diktatur - so Schmidt-Salomon - ist immer zuerst die Meinungsfreiheit bedroht, und jeder Angriff dagegen soll von allen engagierten Demokraten wahrgenommen und bekämpft werden. Und jeder Christ heutzutage muss einfach erkennen können, dass "Spott und Hohn für Gott und Sohn" (Schmidt-Salomon) ihm wohl missfallen mag, doch kein Grund sein kann, anders denkenden Menschen dafür ewige Verdammnis, Höllenqualen und sogar Tod anzudrohen.

Alle Anwesenden waren sich einig, dass es auch ihre Aufgabe ist, sich für demokratische Rechte einzusetzen. Denn wenn Stoiber und seine politischen Freunde erst einmal in die Kinderzimmer hineingekommen sind, dann gute Nacht!

Assunta Tammelleo