WIESBADEN. Die Prognosen zum Kirchensteueraufkommen der evangelischen Landeskirchen und der katholischen Bistümer
in Deutschland hatten für 2006 ein deutliches Ansteigen der Einnahmen prognostiziert. Die jetzt vom Statistischen Bundesamt für das Statistische Jahrbuch 2007 aufbereiteten und übermittelten tatsächlichen Zahlen bestätigen diese Prognose.
Es sind jedoch verschiedene Aspekte dabei zu beachten. Einerseits: Es besteht ein Gesamtplus von 509 Mio. Euro gegenüber 2005 - sogar mehr als die prognostizierten 428 Mio. Euro Anstieg. Die tatsächlichen Zahlen zeigen aber andererseits einen deutlichen Unterschied. So sind zwar sowohl für die Landeskirchen wie für die Bistümer die Einnahmen aus dieser Quelle gestiegen, jedoch haben die katholischen Bistümer (plus 6,9 % oder 275 Mio. Euro) so viel mehr eingenommen wie prognostiziert, die evangelischen Landeskirchen dagegen (plus 6,4 % oder 234 Mio. Euro) weniger als vorausgesagt.
Diese Veränderungen haben aktuell dazu geführt, dass der seit 1989 zwischen dem katholischen und dem evangelischen Kirchensteueraufkommen stetig breiter werdende Abstand noch größer wurde und die Bistümer 2006 zusammen rund 500 Mio. Euro mehr an Kirchensteuern einnahmen als die Landeskirchen.
Die wichtigsten Ursachen für diese Entwicklung liegen einerseits in der gegenwärtig jüngeren Mitgliederstruktur der erwerbstätigen Kirchenmitglieder der katholischen Kirche. Im „Pillenknick" der Jahre 1965 bis 1975 hatte sich die Zahl der Kinder bei den religiös homogenen Ehen - die ihre Kinder auch weitestgehend taufen lassen - im evangelischen Bereich noch stärker reduziert als bei den Katholiken - aber in den rein katholischen Ehen wurden jährlich rund 50.000 Kinder mehr geboren (und getauft), als bei den Evangelischen. Dieser demografische Vorteil der katholischen Kirche wird sich noch für Jahrzehnte erhalten.
Eine andere Ursache ist die erhöhte Zuwanderung katholischer Migranten, die für die EKD-Kirchen so nicht stattgefunden hat. In den 1970er bis 1980er Jahren waren es Italiener, nach 1989 dann Migranten aus dem ehemaligen Jugoslawien und vor allem aus Polen.
Kurzfristige Zuwächse verbergen nicht die evangelische Krise
Nach einer Auswertung der Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland bestehen zwischen der katholischen und dem evangelischen Kirchensteueraufkommen noch weitere Unterschiede als die bereits angesprochene Veränderung im höheren Aufkommen der katholischen Bistümer.
Für die Jahre 2001 bis 2006 wurde für die Jahre bis 2005 ein ‚Durchschnittsaufkommen' berechnet, um sowohl die kurzfristigen Einflüsse des Kirchensteuerclearing zu reduzieren und eine zu hohe Bedeutung des Jahres 2005 zu vermeiden, in dem sich die Kirchensteuereinnahmen deutlich verringert hatten. Dieses relative ‚Durchschnittsaufkommen' wurde nun mit den Steigerungen in 2006 verglichen.
Für die katholischen Bistümer zeigt sich ein insgesamt positives Bild, dass sie vom Wirtschaftsaufschwung und steigenden Steuereinnahmen profitieren. Die Lage ist jedoch unterschiedlich ausgeprägt und ein Bistum wie Hildesheim kann beispielsweise nur einen Anstieg verzeichnen, da er „vollständig auf Abfindungen in einem Finanzamtsbezirk zurückzuführen" ist. Konkret handelt es sich um Entlassungen bei VW, an deren Abfindungen das Bistum partizipiert.
Die evangelischen Landeskirchen sind dagegen deutlich ungünstiger aufgestellt. Auch wenn beinahe alle Landeskirchen 2006 ein kleineres oder größeres Plus an Kirchensteuereinnahmen aufzählen können, bewegen sich die Landeskirchen - bis auf die fünf Ausnahmen (Baden, Bayern, Hessen-Nassau, Mecklenburg und Württemberg) unter dem Durchschnittsniveau der Jahre 2001 bis 2005. Mit anderen Worten, das erhöhte Steueraufkommen hat nicht hingereicht, um das Absinken der Kirchensteueraufkommen zu kompensieren.
Für das Jahr 2007 werden wiederum erheblich höhere Steuereinnahmen und damit auch höhere Kirchensteuereinnahmen erwartet. Von kirchlicher Seite aus wird jedoch bereits jetzt wieder in den Raum gestellt – gegenüber Vorstellungen aus der Mitgliedschaft, was mit dem Mehreinnahmen alles gemacht werden könne –, dass erst die Rücklagen und Pensionsfonds wieder aufgefüllt werden müssen, da ab 2008 / 2009 die Kirchensteuereinnahmen wieder deutlich absinken würden.
CF