MARBURG/BERLIN. (hpd/HU) Der HU-Arbeitskreis "Erwerbslosigkeit und Soziale Bürgerrechte" (ESBR) kritisiert vehement die im Bundesrat initiierten Änderungen für Bezieher von Arbeitslosengeld II, insbesondere die vorgesehene Anhebung der Rechtshilfegebühr.
Als "beschämende Beschneidung des Rechtsschutzes" hat die Humanistische Union (HU) den Beschluss des Bundesrats von Freitag (10. Oktober) bezeichnet. Demnach müssen Bezieher von Arbeitslosengeld II (ALG II) bei der Rechtsberatung durch einen Anwalt künftig 30 statt bisher 10 Euro Gebühr aus eigener Tasche zuzahlen.
Angesichts der hohen Fehlerquote bei Hartz-IV-Bescheiden sieht der HU-Arbeitskreis "Erwerbslosigkeit und Soziale Bürgerrechte" (ESBR) darin eine nicht hinnehmbare Verkürzung der Rechte Erwerbsloser. Wenn es in der Bundesrats-Drucksache 648/08 heißt: „Die Gebühr soll dem Rechtsuchenden ein gewisses persönliches Opfer auferlegen, um den Wert der erbrachten Leistung hervorzuheben sowie Missbrauch und Querulantentum abzuwehren", geht diese Änderung an der Realität vorbei.
Bei seiner Sitzung am Dienstag (14. Oktober) hat der ESBR die Bundesrats-Initiative zur Erschwerung der Prozesskostenhilfe (PKH) auf ihre Folgen für die Betroffenen hin beleuchtet. Einmütig kam er dabei zu der Einschätzung, dass mit dieser Regelung unhaltbare Bescheide gegen eine rechtliche Überprüfung abgesichert werden sollen.
Hohe Anzahl von Bescheiden rechtsfehlerhaft
"Das wäre ein obrigkeitsstaatliches Abwürgen der juristischen Kontrolle der Verwaltung vor allem im Bereich des Sozialgesetzbuchs II", stellte Franz-Josef Hanke fest. Der Zweite Vorsitzende des HU-Ortsverbands Marburg wies in diesem Zusammenhang auf Statistiken hin, wonach in den verschiedenen Bundesländern zwischen 30 und 60 Prozent der vor Gericht angefochtenen Bescheide über ALG II rechtsfehlerhaft waren. Gegen diese Fehler hätten die Betroffenen nach Inkrafttreten der vom Bundesrat beschlossenen Regelung dann nur unter erschwerten Bedingungen noch die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen.
Anhebung der Regelsätze von Hart IV
Die gleichzeitig im Bundesrat beschlossene Anhebung der Regelsätze von Hartz IV betrachtet der ESBR als überfällige Anpassung der Regelwerke an die Realität. Dieser Beschluss sei aber nur die vorauseilende Antwort auf ein Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht, das den derzeitigen Regelsatz von 351 Euro monatlich auf seine Verfassungskonformität überprüfen wird.
Für dieses Verfahren habe das oberste deutsche Gericht unabhängige Expertisen eingeholt, die einen deutlich höheren Regelsatz befürworten. Nach ständiger Rechtsprechung muss der Regelsatz das so genannte "soziokulturelle Existenzminimum" abdecken.
An der Notwendigkeit höherer Bezüge für Erwerbslose führt nach Auffassung des ESBR kein Weg vorbei. Auch eine Studie von Dresdener Autoren, die einen Satz von 132 Euro monatlich für ausreichend halten, kann nach Überzeugung des ESBR die Argumente zugunsten einer Anhebung nicht entkräften. Vielmehr sei diese "Berechnung" derart tendenziös gegen die Menschen erstellt, dass sie sich durch ihre eigene Widersprüchlichkeit widerlege.
„Schulstarter Paket"
In dem vom Bundeskabinett angekündigten " Schulstarter-Paket " von 100 Euro pro Schuljahr sieht der ESBR zwar einen Schritt in die richtige Richtung, da nun endlich eine Erstattung der Kosten des Schulbesuchs erfolgen soll. Die Summe sei aber viel zu gering, um die wirklichen Kosten aufzufangen, die Eltern durch den Schulbesuch ihrer Kinder entstehen.
"Während der Staat den Bankern fast 500 Milliarden Euro hinterher wirft, spart er weiterhin an den Erwerbslosen, den Rentnern und anderen Bedürftigen", kritisierte Hanke. "Soziale Gerechtigkeit sähe anders aus."
Dragan Pavlovic