Irland: “Rückkehr ins Mittelalter”?

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DUBLIN. (hpd) In Irland ist ein „Schmähungs-Gesetz“ verabschiedet worden, dass unter anderem auch Religionskritik unter Strafe stellt und der Polizei bei „Gotteslästerung“ weit reichende Befugnisse einräumt.

Nachdem im März 2008 in Großbritannien der „Gotteslästerungsparagraph“ abgeschafft wurde und die entsprechenden noch bestehenden Paragraphen in anderen europäischen Staaten, wenn überhaupt, nur noch moderat angewendet werden, ist vorigen Freitag, am 11. Juli, in der Republik Irland mit knapper Mehrheit eine „Defamation Bill“ verabschiedet worden. Dieses Gesetz enthält auch Bestimmungen zur „Blasphemy“. Die in der Diskussion vom Justizminister Dermot Ahern geforderte Höchststrafe von 100.000 € wurde zwar auf 25.000 € reduziert, das Gesetz selbst ist jedoch, wie Richard Dawkins erklärte, „Eine Rückkehr ins Mittelalter“.
 

Im Gesetz wird unter anderem bestimmt:

§ 36 (1) „Eine Person, die Blasphemisches veröffentlicht oder äußerst macht sich eines Vergehens schuldig und soll bis zu einer Höchststrafe von 25.000 Euro verurteilt werden.
(2) Hinsichtlich des Zwecks dieses Abschnitts, veröffentlicht oder äußert eine Person Gotteslästerliches, wenn er oder sie (a) etwas Herabsetzendes oder Verletzendes hinsichtlich Dingen, die von jeglicher Religion geheiligt werden, veröffentlicht oder äußert und dadurch eine Schmach unter einer hinlänglichen Zahl von Anhängern dieser Religion verursacht, und (b) wenn er oder sie, bei der Veröffentlichung oder Äußerung dieser Dinge, beabsichtigt eine solche Schmach zu erzeugen.“

Aber das Gesetz geht noch weiter:

§ 37 (1) “Wenn eine Person eines Vergehens nach § 36 für schuldig befunden wurde, kann das Gericht eine Vollmacht verfügen, die (a) jedes Mitglied der Nationalpolizei (Garda Siochana) autorisiert, zu jeder begründbaren Zeit jede Räumlichkeit (einschließlich einer Wohnung) zu betreten (falls notwendig mit der dazu begründbaren Gewalt), bei der er oder sie belegbare Gründe hat, dass dort Kopien der beanstandeten Dinge zu finden sein könnten, danach zu suchen, und alle gefundenen Kopien von dort zu entfernen. (...)“

Der Widerspruch der Säkularen, einschließlich der Humanist Association of Ireland ist entschieden.

Statt ein anachronistisches und mittelalterliches Blasphemie-Gesetz zu verabschieden, sollte ein säkulares Irland aufgebaut werden, meint beispielsweise auch Michael Nugent in der Irish Times.

„Warum hat Dermot Ahern im Jahre 2009 Blasphemie zu einem Verbrechen gemacht, das mit 25.000 € geahndet werden kann? Dermot Ahern ist der Minister für Justiz, Gleichheit und Gesetzesreform der republikanischen Partei Irlands, Fianna Fáil. (...)  Menschen brauchen einen Schutz vor Schaden, aber Ideen und Weltanschauungen sollten immer dafür offen sein, in Frage gestellt zu werden.

Das neue Gesetz ist unsinnig, da es ein mittelalterliches religiöses Verbrechen in einer modernen, pluralistischen Gesellschaft wiederbelebt. Und es ist gefährlich, da es religiöse Entrüstung anreizt, indem es diese zu einem ersten Auslöser für die Definition von Blasphemie macht.

Das Problem ist hier die Entrüstung, nicht der Ausdruck unterschiedlicher Weltanschauungen. Statt Entrüstung auszulösen, sollten wir Menschen erziehen, auf eine gesündere Weise zu antworten als mit Entrüstung, wenn jemand einen Glauben äußert, den sie als beleidigend empfinden.

Das Gesetz diskriminiert zudem atheistische Bürger, indem es die fundamentalen Rechte nur religiöser Menschen schützt. Warum sollen religiöse Überzeugungen durch das Gesetz geschützt werden, und wissenschaftliche oder politische oder säkulare Überzeugungen nicht?“

Redaktion und Übersetzungen: Fiona Lorenz / Carsten Frerk