1000 Polizisten für 1000 Kreuze

Der Grund für die offizielle Namensgebung der Gegendemonstration „1000 Kreuze in die Spree“ wurde ebenso an dieser Stelle deutlich. Das erklärte Ziel der Frauenrechtler war es, den marschierenden Kreuzträgern selbige abzunehmen, um sie in der nahe liegenden Spree zu versenken. Der Erfolg dieser Aufgabe fiel aufgrund des starken Polizeischutzes für die Fundamentalisten eher dürftig aus, so dass es am Ende nur eine Handvoll Kreuze waren, die demonstrativ im Berliner Gewässer schwammen.

Als die Demonstration vor der St. Hedwigskathedrale ihren Abschluss fand, war die komplette Trennung der beiden Kundgebungen schließlich perfekt, da die selbst ernannten „Lebensschützer“ einem abgeschirmten Gottesdienst in der Kathedrale des Erzbistums Berlin beiwohnten, während die Feministen und Humanisten jenseits der kompletten Absperrung der Kirche unermüdlich weiter lärmten, trommelten und demonstrierten.

Alles in allem war es bemerkenswert, wie sehr die christlichen Fundamentalisten versuchten, sich in einem wohlwollenden und gutbürgerlichen Licht zu präsentieren und ihre Demonstration gegen grundlegende Frauenrechte als „Zivilcourage für das Leben unschuldiger Kinder“ darzustellen. Obwohl es beruhigend war zu sehen, dass es zahlreiche Freidenker in Berlin gibt, die bereit sind, für ihre säkular-humanistische Anschauung auf die Straße zu gehen, so war es gleichermaßen erschreckend, wie sehr sich fundamentalistische Christen bereits in Deutschland etabliert haben.

Da die sogenannte „Pro-Life“ Bewegung meint, ihre Ansichten politisch für alle Bürger geltend machen zu müssen, kann sie nicht als pure Meinungsmache abgetan werden, sondern muss als das verstanden werden, was sie ist: der Versuch, christliche Überzeugungen über das individuelle Recht der Frauen auf Schwangerschaftsabbruch zu stellen.

Zudem ist diese aus den USA stammende Überzeugung der „Lebensschützer“ dafür bekannt, bereits Menschen das Leben gekostet zu haben. So hat der Tod des Arztes Dr. George Tiller tragische Berühmtheit erlangt, der als einer der wenigen Ärzte im mittleren Westen der USA auch Spätabtreibungen durchführte und von einem radikalen Abtreibungsgegner erschossen wurde.

Darüber hinaus muss betont werden, dass die Erfindung des ominösen „post-abortion-syndrome“, bei dem Frauen nach einer Abtreibung angeblich zwangsläufig mit Depressionen zu kämpfen haben, ein weiteres psychisches Druckmittel der Bewegung ist, um Frauen und Ärzten Schuldgefühle einzureden.

Aufgrund dieser Hintergründe und der Tatsache, dass eine Illegalisierung von Abtreibung keineswegs geringere Abtreibungsraten fördert, sondern lediglich dazu führt, dass eigenhändig durchgeführte Abbrüche hohe Sterblichkeitsraten unter den betroffenen Frauen verursachen, kann eine solche Demonstration nicht still und leise hingenommen werden.

Nicht umsonst war und ist das Symbol der „Pro-Choice“ Bewegung der Drahtkleiderbügel - und nicht umsonst müssen wir deshalb auch weiterhin alles tun, um den Einfluss von fundamentalistischen „Lebensschützern“ zu unterbinden.