Focus Iran

Bei der anschließenden Podiumsdiskussion sprach Ruth Jüttner davon, das Iran auf dem unehrenhaften zweiten Platz weltweit steht, was die Anzahl der verhängten und durchgeführten Todesurteile betrifft. Dabei werden Todesurteile auch gegen Minderjährige sowohl verhängt als auch vollstreckt.
Auch wenn Frau Jüttner es so nicht aussprach: aber die Verfolgung der permanenten Menschenrechtsverletzungen in Iran wird erst möglich werden, wenn das derzeitige Regime abgesetzt wurde. Deshalb kommt es derzeit vor allem darauf an, Beweismaterial zu sammeln, in Kontakt zu bleiben mit den IranerInnen im Lande. Hier kommt vor allem auch den ExiliranerInnen die Aufgabe zu, darüber zu informieren und denen, die im Land sind, Mut zu machen.
Sie ging auch darauf ein, dass es insbesondere die neuen Medien wie Internet ermöglichen, Kontakte zu halten, wie es zuvor nie möglich war. Direkte Informationen aus dem Innern einer Diktatur zu bekommen, zu sammeln und auszuwerten ist ein Glücksfall – auch wenn das Wort „Glück“ vielleicht unangebracht ist.

Sehr interessant waren die Aussagen des Grünen-Abgeordneten Omid Nouripour. Hier sprach jemand, der das Tagesgeschäft der Politik kennt; der deutschen wie auch der EU-Politik. Und da Deutschland als wichtigster Handelspartner des Iran galt (nach Nouripour war das im letzten Jahr nicht mehr das Fall), hat Deutschland auch die Verantwortung, sich beim Widerstand des Westens gegen die Regierung Ahmadinedschads in die erste Reihe zu stellen. Hier gibt es jedoch innerhalb der EU keine Absprachen. Nouripour verwies auf die widersprüchlichen Aussagen von Merkel (neu zählen) und Sarkozy (neu wählen) innerhalb von nur 2 Stunden vor der internationalen Presse. Er berichtete über die Uneinigkeit der EU bei der Hetzrede von Ahmadinedschad vor der UN, bei der die Delegation von Österreich (um die Handelsbeziehungen zu Iran nicht zu gefährden!) im Saal blieb, während der Großteil der EU-angehörigen Länder diesen verließ. Das – so Nouripour – schwächt die EU als außenpolitische Kraft ungemein. Wenn es nicht einmal möglich ist, sich über solch einfache Dinge zu einigen; wie solle es dann über solch komplizierte Fragen wie ein Embargo zu einer Einigung kommen?

Herr Nouripour wies am Beginn seiner Ausführungen darauf hin, dass es wichtig ist, Namen zu nennen, Gesichter zu begreifen. Denn hinter den anonymen Zahlen, die Gefangene oder Tote beschreiben stehen immer Menschen. (Deshalb gibt es auch die wöchentlichen Mahnwachen in Berlin, bei denen diese Namen verlesen werden!)

Er wies auf die Gefahr hin, dass mit dem Abebben der Aufmerksamkeit um den Atomstreit mit Iran auch die Aufmerksamkeit von der innenpolitischen Situation des Landes abgezogen werden wird. Der größte Schutz der Menschen in Iran vor Repressionen ist die Aufmerksamkeit von Außen.

Wie auch Prof. Akhavan sprach er ausführlich über das schwierige Thema der Sanktionen gegen das Land. Doch wies er auch darauf hin, dass zum Beispiel ein Benzin-Boykott wenig bis keine Wirkung hätte, da zum Beispiel China sofort diese Lieferungen übernehmen würde. Es gab – nach dem Mykonos-Fall – ein ähnliches Vorgehen bereits schon einmal. Die deutsche Industrie und die europäische Diplomaten zogen sich aus dem Iran zurück. Allerdings übernahmen sofort französische Unternehmen diese freigewordene Stelle.

Herr Nouripour ist vermutlich als „Realo“ in seiner Partei bekannt, denn er befürwortete dann eine Politik der kleinen Schritte als da wären: Visa müssen an alle IranerInnen vergeben werden, die diese wünschen (es ist eine Schande, dass die EU-Staaten genau das derzeit nur sehr eingeschränkt tun; weniger als vor der Wahl). Ausnahmen sollen die auch von Prof. Akhavan benannten Personen sein, denen hingegen Ausreisebeschränkungen auferlegt werden müssen. Jede Abschiebung in Iran solle sofort verboten werden.

Shadi Sadr bekräftigte, dass die Weltöffentlichkeit weiterhin (?) Druck ausüben und informieren muss. Nur durch die Zusammenarbeit der Menschenrechtsorganisationen ist es möglich, den Menschen in Iran zu helfen. Als sie nach den Wahlen verhaftet wurde, hat Amnesty International innerhalb von 24 Stunden reagiert und so dazu beigetragen, dass sie nach nur elf Tagen aus der Haft entlassen wurde.
Dieser Druck von Außen ist absolut notwendig, um dem Druck im Inneren, in dem Todesurteile und die Vollstreckung dem Terror dienen, etwas entgegen zu setzen.