Monireh Baradaran legte den Schwerpunkt ihrer Beiträge auf die Arbeit einer „Wahrheitskommission“. Daher stimmt sie mit denen überein, die eine möglichst lückenlose Dokumentation der begangenen Verbrechen fordern und unterstützen. Die Arbeit der Kommission kann erst nach dem Sturz des herrschenden Regimes beginnen; die Vorarbeiten allerdings jetzt schon. Sie sprach davon, dass in Iran bereits seit 40 Jahren der Übergang von einer Diktatur zu einer Demokratie stattfindet. Und dass es seit genau so langer Zeit eine Unterdrückung dieser Demokratiebestrebungen gibt. Doch anders als in den Jahren zuvor beginnt sich nun die (gut ausgebildete und wieder politisierte) Jugend des Landes dafür zu interessieren, was in der Vergangenheit des Landes geschah. Sie bedient sich dabei mit einer unglaublichen Selbstverständlichkeit der neuen Medien wie Internet und Mobiltelefonie. Dadurch sorgt diese Jugend für eine Öffentlichkeit, wie sie nie zuvor gegeben war. Leid war die ganzen Jahre über, doch darüber berichtet wird erst jetzt.
Diese von jungen IranerInnen der zweiten Generation organisierte Veranstaltung war ein Höhepunkt in der intellektuellen Auseinandersetzung mit der aktuellen Situation des Iran. Wo die Eltern, die Exilanten noch ideologisch zerstritten sind und uneins, gehen diese ohne Misstrauen – aber eben auch ohne das Erleben von Vertrauensbruch – aufeinander zu. Ich wünschte mir, dass es noch mehr von solchen Veranstaltungen gibt. Und dass die Botschaften des Abends ankommen: nicht nur bei den Zuhörern, den Regierten, sondern auch bei der Regierung.
Frank Navissi
(Text und Fotos)