BERLIN. (hpd) Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) ist eine Einrichtung, die sich - wie der Name schon andeutet - mit der Aufklärung über und dem Kampf gegen Diskriminierungen aus unterschiedlichsten Gründen (Religion, Geschlecht, ethnische Herkunft u.a.) beschäftigt. Aktuell ruft sie unter dem Motto "Gleiches Recht. Jedes Geschlecht." zu einem für den 16. September geplanten Aktionstag in Berlin auf.
Allerdings weckt ein Vorfall vom Freitag (11.9.) Zweifel an den Zielen und der Lauterkeit dieser Veranstaltung. Auf der Facebook-Seite zum Aktionstag hatte ein Kommentator die Abschaffung des § 1631d BGB (Beschneidungsgesetz) angemahnt, das einseitig Jungen (und damit späteren Männern) das Recht auf ein Leben mit intaktem Genital verweigert.
Im Beschneidungsforum sind Screenshots der erwähnten gelöschten Kommentare zu finden.
Weitere Kommentare in die gleiche Richtung folgten. Doch kurze Zeit später waren diese Kommentare gelöscht.
Allerdings hatten die Betreiber der Seite die Rechnung ohne das Web gemacht. Andere Leser waren bereits vor der Entfernung auf diese Kommentare aufmerksam geworden und kommentierten nun erbost deren Löschung. Auch diese Hinweise konnten sich nicht lange halten. Doch neue, ausführliche Kommentare kamen schneller, als den Seitenbetreibern lieb war.
Schließlich sahen sie sich zu einer Stellungnahme genötigt, in der sie sich als nicht zuständig für das Thema Beschneidung erklärten, da der Aktionstag ausschließlich Diskriminierungen im Arbeits- und Zivilrecht behandele. Eine Juristin konterte umgehend mit dem Hinweis, dass § 1631d BGB sehr wohl Teil des Zivilrechts ist. Daraufhin wurde das Thema des Aktionstags eingeschränkt auf “Diskriminierungen im Arbeitsleben und teilweise im zivilrechtlichen Bereich”.
Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Eine staatliche, aus Steuermitteln finanzierte Einrichtung, die gegen Diskriminierung vorgehen soll, erklärt sich für nicht zuständig, wenn Menschen geschlechtsabhängig ein unterschiedlicher Schutz ihrer genitalen Unversehrtheit zugebilligt wird!
Es dürfte - wenn überhaupt - wenige ähnlich klare und krasse Fälle von Geschlechterdiskriminierung geben wie den Gegensatz zwischen § 226a StGB und § 1631d BGB. Die Untätigkeit der ADS in dieser Angelegenheit ist schlimm genug; wenn sie nun jedoch sogar offen Forderungen nach Abschaffung dieser Ungleichbehandlung torpediert, dann betreibt sie ganz unverblümt selbst Diskriminierung. Auf eine solche Einrichtung können wir getrost verzichten!
5 Kommentare
Kommentare
Sebastian Scho am Permanenter Link
Kleines Update:
Nachdem bei der ADS gemerkt wurde, dass das entfernen der Kommentare nichts bringt, sind die ausgeblendeten Kommentare nun offenbar wieder aufgetaucht.
Was übrig bleibt ist, dass das Selbstverständnis der Antidiskriminierungsstelle ganz erheblich davon abweicht, was viele Menschen von einer Antidiskriminierungsstelle erwarten.
angelika richter am Permanenter Link
Danke für den Artikel. Tja, wenns wirklich anstrengend wird im Bezug auf die Geschlechtergleichstellung, ducken sich viele doch gerne weg - egal ob Mann oder Frau...
Thomas Friedrich am Permanenter Link
Benachteiligung von Männern (Knaben) wird leider immer noch kaum als Problem wahrgenommen. In den letzten Jahren der Wehrpflicht hat sich z.B.
Bei der Beschneidung wirken natürlich noch andere Mechanismen, die eine sachliche Diskussion unmöglich machen. Wäre die Beschneidung ein exklusiver Brauch der Piusbrüder oder von Scientology, dann wäre die ganze Debatte 2012 anders verlaufen und hätte vermutlich auch zu einem anderen Ergebnis geführt.
Paul Riedel am Permanenter Link
Applaus, Applaus. Ich bin begeistert von den Artikel. Ich protestiere seit Jahren über die Benachteiligung von Männern unter der Religionsblindheit der Eltern.
Karla Audaxa am Permanenter Link
ich persönlich habe sogar die Erfahrung machen müssen, dass mich die ADS (damals noch unter der Leitung von Frau Köppen) auch im Fall meiner Diskriminierung im Arbeitsleben nicht unterstützen wollte.