Brasilien

86 Tage Bolsonaro: Mehr Waffen, weniger Umweltschutz

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Dank Präsident Bolsonaro kann nun jeder bis zu vier Feuerwaffen legal besitzen, der über 25 und nicht vorbestraft ist.
Schusswaffen

Seit einem Vierteljahr bekleidet Jair Bolsonaro das Amt des brasilianischen Präsidenten. Während seines Wahlkampfes im Jahr 2018 und beim Amtsantritt im neuen Jahr präsentierte er sich als Saubermann, als gottesfürchtiger Christ, der Korruption und Gewalt beenden will. Nach drei Monaten seiner Amtszeit sind die wichtigsten Regierungsämter mit Militärs und Evangelikalen sowie Lobbyisten besetzt, die Abholzung im Amazonas-Gebiet nimmt zu, die Gewalt soll mit noch mehr Waffen bekämpft werden und Bolsonaros Sohn Flávio ist in Untersuchungen zu dubiosen Finanztransaktionen und den Mord an einer Politikerin verwickelt.

Während die einen ihre Hoffnung auf ein Ende der Gewalt durch strenges Durchgreifen der Regierung Bolsonaros setzten, hatten die anderen gute Gründe eine rechte Regierung zu fürchten, die den Schutz von Umwelt und Minderheiten von Beginn an ablehnte. So beeinflussen evangelikale Ideale die Frauen- und Familienpolitik. Konzerninteressen stehen über dem Umweltschutz. Während sich Unternehmen auf Steuersenkungen und für sie dienliche Reformen freuen können, bleiben der Regenwald und seine BewohnerInnen auf der Strecke.

Nach Angaben des ZDF nahm die Abholzung des Amazonas-Regenwaldes 2019 im Vergleich zum Vorjahr um 54 Prozent zu. Unter anderem auch auf ursprünglich geschützten Ländereien indigener Gruppen und Naturschutzgebieten wurde Wald zerstört. Selbst wenn man die Bedürfnisse und Rechte indigener Menschengruppen ignorieren würde, ist die Vernichtung des Regenwaldes keine nachhaltige Form des Wirtschaftens. Einmal gerodet sind die rasch ausgelaugten Flächen nur kurz von Interesse.

Ähnlich kurzsichtig sehen Bolsonaros Pläne zur Verringerung der Gewalt im Land aus. Um die Zahl der Femizide – also tödlicher Gewalt gegen Frauen – zu verringern, wurden nicht etwa Kampagnen zur Verbesserung der Lebenssituation, der Bildung und der Möglichkeiten der Unterbringung gefährdeter Frauen geplant, sondern die Waffengesetze gelockert. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung kann nun bis zu vier Feuerwaffen legal besitzen, wer über 25 Jahre alt und nicht vorbestraft ist. Auch soll es Amnestien für bisher illegalen Waffenbesitz geben. Dass die Zahl der Morde und (tödlichen) Unfälle bei mehr Schusswaffen in mehr Haushalten nicht zurückgehen, sondern steigen wird, ignoriert die Regierung Bolsonaros.

Neben mehr Schusswaffen sollen auch die Möglichkeiten von Online-Hetze erweitert werden. Wie der Spiegel berichtet, wünscht sich Präsident Bolsonaro weitgehende Meinungsfreiheit. Zumindest für rechte Inhalte. Dass das auch ihm schaden kann, zeigt ein Beispiel aus Bolsonaros eigener Familie. Während Frau und Kinder ihn im Wahlkampf eifrig unterstützten, kratzen seine Söhne Carlos und Flávio nun am Image ihres Vaters. Während Sohn Carlos laut O Globo  mittels Beiträgen in sozialen Netzwerken gegen Rodrigo Maia, Präsident der Abgeordnetenkammer, wettert und somit die Bemühungen seines Vaters um eine Beilegung der Krise um eine Rentenreform untergräbt, gerät Flávio in den Fokus gleich zweier behördlicher Untersuchungen.

So soll Flávio im Jahre 2017, noch als Abgeordneter im Bundesstaat Rio de Janeiro nach Bericht des Spiegel verdächtige Zahlungen in Höhe von umgerechnet über 20.000 Euro erhalten haben. Unangenehm für Jair Bolsonaro, der sich in Interviews beschämt über die Korruption in seinem Land gibt. In  einer Sendung zur Verhaftung des früheren Präsidenten Temer erklärt er gar: "Creio que a lei existe para todos. Todos devem responder por seus atos." (In etwa: "Ich glaube daran, dass das Gesetz für alle gilt. Jeder muss sich für seine Taten verantworten.").

Bleibt abzuwarten, ob dies auch für die weitere Untersuchung um Flávio Bolsonaro gilt. Wird dieser doch auch mit der Ermordung der linken Stadträtin Rio de Janeiros, Marielle Franco, in Verbindung gebracht. Nach Informationen des ORF gibt es diverse Verbindungen zwischen Flávio Bolsonaro und den Verdächtigen, die von den Bolsonaros jedoch heftig bestritten werden. Die Verdächtigen sollen ehemalige Militärpolizisten und nun Teil einer kriminellen Miliz sein.

Unbestritten sind jedoch die Sympathien des Vaters und auch des Sohnes für das Militär. So plant Jair Bolsonaro den Militärputsch von 1964 am 31. März mit Gedenkfeiern zu begehen. Den Auftakt der Militärdiktatur verklärt Bolsonaro laut FAZ zu einem Zusammenschluss von Militär und Zivilbevölkerung, um Brasilien gemeinsam wieder in die richtige Spur zu bringen. Die Diktatur bestand noch bis in die 80er Jahre des 20. Jahrhunderts, mit Repressionen und Zensur für die Bevölkerung.