BOCHUM. (hpd) Mitglieder der Initiative “Religionsfrei im Revier” (RiR) verteilten an Lehrer und Schüler des Städtischen Marien-Gymnasiums Werl einen Flyer mit dem Titel “Reli adieu! Inklusion: zusammen statt getrennt lernen”. Es gab dabei von keiner Seite Berührungsängste, und die über die Aktion vorab informierte Polizei erledigte ihre Aufgabe mit freundlicher Aufmerksamkeit.
Die meisten Schüler lasen das ausgehändigte Informationsblatt mit Interesse. Einige von ihnen bastelten nach dem Lesen daraus Schiffchen, um diese anschließend auf einem nahe gelegenen Fluss auszusetzen. Darüber freuten sich die Akteure von RiR ganz besonders: “So geht unsere Botschaft hinaus in die Welt!”
Die Mitglieder von RiR sind der Meinung, Die Menschen, die sich bei RiR engagieren, verstehen sich einerseits als Lobby für diejenigen, die fern von Religionen und Kirchen selbstbestimmt leben möchten. Andererseits will die Initiative auf die gesellschaftlichen Missstände im Zusammenhang mit der Verflechtung von Staat und Kirchen sowohl im Ruhrgebiet als auch im gesamten Bundesgebiet aufmerksam machen und sich für ein demokratisches religionsfreies Miteinander im öffentlichen Raum einsetzen.
- dass Religion Privatsache ist;
- dass es nicht Aufgabe des Staates ist, Religionsunterricht erteilen zu lassen;
- dass in Schulen Wissenschaft statt Religion unterrichtet werden sollte;
- dass es an der Zeit ist, die Trennung von Staat und Kirche zu vollziehen.
Der jeweilige Religionsunterricht wird von allen Steuerzahlern finanziert, also auch von Anders- und Nichtgläubigen. Mit allgemeinen Steuergeldern werden also Kirchenmitglieder geschult! Eine solche staatlich finanzierte Mitgliederschulung der Religionsgemeinschaften in öffentlichen Schulen widerspricht eklatant dem Grundsatz der Trennung von Staat und Kirche.Religionsunterricht wird nicht nur in religiösen Bekenntnisschulen, sondern auch in allen anderen staatlichen Schulen unseres Landes erteilt. Nur die bekenntnisfreien Schulen sind davon ausgenommen. Die Kirchen bestimmen weitgehend die Inhalte des jeweiligen Religionsunterrichts und können auch entscheiden, wer diesen erteilen darf und wer nicht.
Auch die religiösen Bekenntnisschulen (fast nur noch in NRW!) werden zu 100 Prozent aus Steuergeldern finanziert. In NRW sind 30 Prozent der Grundschulen “staatliche Bekenntnisschulen”. Es werden hier nur Kinder aufgenommen, deren Eltern zustimmen müssen, dass ihr Kind auf der Grundlage des jeweiligen christlichen Bekenntnisses unterrichtet und erzogen wird. Diese Praxis widerspricht den Voraussetzungen für eine gelungene Integration von Kindern mit Migrationshintergrund.
Der 1949 verabschiedete Artikel 7 Absatz 3 im Grundgesetz lautet: “Der Religionsunterricht ist in öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach”. Zur Zeit des Gründungsprozesses der BRD standen den Mitgliedern der beiden christlichen Amtskirchen kaum Anders- oder Nichtgläubige gegenüber. Heute zeichnet sich jedoch die multikulturelle Gesellschaft der BRD durch eine Vielzahl unterschiedlicher Religionen und Weltanschauungen aus. Im Klassenzimmer unserer Schulen sind manchmal mehr als ein Dutzend verschiedener Glaubens- und Denkrichtungen vertreten!
Das Marien-Gymnasium der Stadt Werl lud die Mitglieder von RiR nach der Verteilung der Flyer zu einem regen und offenen Gedankenaustausch mit Lehrern und Schülern ein. Hier wurde den Akteuren von RiR deutlich, dass die Klassen dieses Gymnasiums, wie in den meisten anderen Schulen unseres Landes auch, ethnisch und weltanschaulich heterogen zusammengesetzt sind.
Ein Dutzend verschiedener religiöser Wahrheiten, die sich absolut setzen wollen, das wäre fatal! Das würde das jeweils Trennende zwischen den verschiedenen Menschen verstärken. Im Selbstverständnis von RiR geht es aber darum, das Verbindende zwischen uns Menschen hervorzuheben. Diesem Ziel nähert man sich, indem man sich eben nicht an der Moral einer “allein selig machenden” Religion ausrichtet, sondern an einer Ethik, die sich den allgemeinen Menschenrechten verpflichtet.
Die Mitglieder von RiR werden auch weiterhin aufklärende Flyer verteilen und sich für die Abschaffung des Religionsunterrichtes sowie die Einführung eines Ethikunterrichtes für alle einsetzen! Primäres Ziel von RiR ist die Trennung von Staat und Kirchen und die damit verbundene Abschaffung der zahlreichen Privilegien der Kirchen.
Weiterführende Links:
http://www.reli-adi.eu/
http://religionsfrei-im-revier.de/
2 Kommentare
Kommentare
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Das ist aus meiner Sicht das wichtigste, humanpolitische Vorhaben, das jede Anstrengung lohnt: Kinder müssen über Religion informiert werden, aber historisch-kritisch, und nicht Glaubensinhalte lernen, die einen länge
Wäre dies nicht ein lohnendes Ziel, wenn endlich über Religion im Rahmen von Ethik- und/oder Geschichtsunterricht aufgeklärt würde? Alle Kinder unterschiedlicher Religionszugehörigkeit einfach als "Menschen" vereint?
Und wenn die Eltern dreimal auf die Barrikaden gehen und dies verhindern wollen: Die Länder haben einen klaren Bildungsauftrag und keinen Erziehungsauftrag zum Aberglauben. Religion ist keine Wissenschaft und Gott kein Forschungsgegenstand. Kenntnisse darüber helfen in keinem einzigen Beruf (außer klerikalen). Religion ist eine Begleiterscheinung menschlicher Kulturentwicklung, die seit der Aufklärung stückweise abgewickelt wird. Religionsunterricht im klassischen Sinn verlängert das Sterben der Religionen nur unnötig.
Aufgeklärte Schüler werden es sich dreimal überlegen, ob sie den Quatsch an ihre Kinder weitergeben.
Da die Religionsgemeinschaften genau dies befürchten, kämpfen sie so vehement für getrennten Religionsunterricht. Da viele Politiker in ihrem Erkenntniszuwachs noch nicht so weit sind, müssen wir ihnen mit solchen Aktionen auf die Sprünge helfen.
Schluss mit kindlicher Indoktrination! Reli? Adieu!
Hans Trutnau am Permanenter Link
Sauber auf den Punkt gebracht, Bernd.
Reli adieu.
Das Schulfach Reli steht aber an prominenter Stelle im Grundgesetz.
Das wird ein langer, steiniger Weg.
Der aber seit der Aufklärung stetig beschritten wird.