In den französischen Alpen fehlt es seit Monaten an Niederschlag. Ein Bischof lässt jetzt dafür beten.
Die Meldung ist wieder mal dazu angetan, einen den ganzen Tag über grübeln zu lassen: In der französischen Alpenregion Gap und Embrun hat es seit einem halben Jahr nicht mehr geregnet. Ein gut bezahlter Mann ohne allzu nachzuvollziehbare Aufgabe, der dortige Bischof Xavier Malle, hat daraufhin mitgeteilt: "Wir alle" würden darunter leiden, von der Landwirtschaft bis zum Ski-Tourismus. In den Stauseen sinke der Wasserspiegel. Und man solle nun also, heute beginnend, dem Fest "Mariä Empfängnis", als wirkungsvolle Gegenmaßnahme:
Beten. Um Regen. Die Gebete seien an Maria, die unbefleckt Geschwängerte, zu richten, jedoch auch an eine weltweit weniger bekannte Lokalmatadorin, die mittlerweile verstorbene Hirtin Benoîte Rencurel, die im Jahr 1664 Mitteilung gab, vorgenannte Jungfrau Maria sei ihr mehrfach (und wohl ohne weitere Zeugen) erschienen. Die katholische Kirche hat aus dieser Überlieferung knapp 350 Jahre später geschlossen, das könne ja eigentlich nur stimmen, irgendwann soll die Hirtin dann seliggesprochen werden, was immer das heißen mag.
Regenmacherei, okay. Man liest derlei, heute, im frühen dritten Jahrtausend, die Menschheit verfügt über 3-D-Drucker, Kampfdrohnen und Videotelefonie, die Raumsonde Voyager fliegt durchs All, solange wir denken können, und hat dort draußen immer noch keine Gottheit entdeckt, wir lesen darüber am Bildschirm eines global vernetzten Computers.
Man sitzt also da und fragt sich: Beten, ernsthaft? (Und das ist nur das Erste, das man sich fragt.) Einmal mehr wundert man sich: Wenn man gläubig wäre, würde man sich nicht eine Gottheit wünschen, die irgendeine Form von Nachvollziehbarkeit an sich hätte, einen schlüssigen Charakter? Der Gott der Christen, so viel hat man ja verstanden, ist allwissend und allmächtig. Diese Prämissen vorausgesetzt, folgt für die Betenden in ihrem Versuch der telepathischen Kontaktaufnahme mit ihrer Gottheit - erstens: Gott weiß das alles schon. Es gibt keinen Grund, ihn auf eure Region, der es vielleicht auch nicht ganz so schlecht geht wie dem Südsudan, oder Syrien, oder dem Jemen, extra hinzuweisen.
Zweitens: Er ist allmächtig. Ganz egal also, wie sehr euer Skitourismus jetzt leidet und eure Ernte verkackt – genau das hat die allmächtige Gottheit genau so gewollt. Sonst wäre es ja anders gekommen. Oder aber, Alternativgedanke: Vielleicht ist er zwar allmächtig, und vollkommen, und gütig - aber er hat eben trotzdem keine Lust, sich um jeden Scheiß zu kümmern. Ihm ist eure Alpenregion gerade mal ein bisschen egal. Er kommt erst zur Hilfe, wenn man ihn ganz doll bittet, aber eigentlich eher nicht, denn seine Wege sind ja unerforschlich.
Drittens: Wieso, wenn er allmächtig ist, hat er eine Menschheit geschaffen, die ihn immer unterwürfig anbeten soll? Hat Gott, der megakrass Allmächtige, das nötig? Hat der Allumfassende, der Schöpfer des Kosmos und der Sterne, irgendwie einen ziemlich ausgeprägten Minderwertigkeitskomplex? Das könnte er doch wohl nur, wenn hinter und neben ihm noch andere Götter stünden, noch viel, viel allmächtigere, kompetentere, deren Konkurrenz ihn immer gewurmt hat. Vielleicht erklärt es sich auch so, dass sein zentrales Vermächtnis, die Zehn Gebote, hauptsächlich aus dem intensiv vorgetragenen Wunsch bestehen: Man möge keine anderen Götter verehren.
Hm. Wer diese anderen Götter wohl sein mögen? Hat er mit seinen Kirchenschergen die Erinnerung an sie getilgt? Haben sie womöglich viel bessere, funktionstüchtigere Welten erschaffen, mit Friede und Zusammenleben, mit freier, großherziger Liebe allenthalben, umfassender Bildung und vegan lebenden Löwen? Und wir kommen da nie hin? Wir müssen hier auf einem Planeten rumschuften, wo gefoltert, gehungert, getötet, belogen und betrogen wird, und auf dem manche Regionen eben auch mal eine Zeit lang keinen Regen abkriegen?
So kann man also abdriften über schon die ersten Sätze der Meldung: Ein Bischof lasse um Regen beten. Wenn man da so richtig in Schwung gekommen ist, stolpert man bereits über das nächste Mysterium: Mariä unbefleckte Empfängnis, wie mag die vor sich gegangen sein? Einfach nur geklont worden kann sie nicht sein, sonst wäre Jesus ja nicht Jesus geworden. Eine Eizelle von Maria angetippt und sie zum Wachstum angeregt haben kann Gott ebensowenig.
Hat er der Mutter Gottes, also seiner eigenen, einen bereits vorbefruchteten Embryo in den Uterus hineingezaubert? Dann wäre der kirchlich höchst abgesegnete Begriff der Empfängnis unzutreffend, Maria nur eine Leihmutter und somit auch ihre Heiligkeit perdü. Aus biologischer Sicht muss die heilige Eizelle also mit mindestens einem heiligen Spermium in Kontakt gekommen und verschmolzen sein. Wem aber hat Gott, der Allmächtige, es entnommen? Hat er selber den Samen gespendet – und wofür braucht er, nach dessen Vorbild ja Adam gebaut wurde, eigentlich Fortpflanzungsorgane?
Vielleicht aber ist das Superspermium auch in einem hochentwickelten Genlabor designt und mit Nanorobotern zielgerichtet appliziert worden - Gott ist ja alles zuzutrauen: Er ist alles gleichzeitig, er ist allmächtig und kleingeistig, er ist überall und nirgends, spendet Gnade und dann wieder nicht, er poppt mal auf und dann wieder ist er für Jahrtausende verschwunden, zwischendurch gibt es Erdbeben, Kriege, Vulkanausbrüche: Wie ein schwer Pubertierender führt der Herr sich auf. Man sollte vielleicht doch, statt zu beten, ihn endlich mal so richtig ins Gebet nehmen.
16 Kommentare
Kommentare
drmarcuse am Permanenter Link
Sie verwechseln da was: die unbefleckte Empfängnis (immaculata conceptio) , die am 8. Dezember gefeiert wird bezieht sich NICHT auf die Geburt Jesu und hat auch NICHTS mit der Jungfrauengeburt zu tun.
Muss man nicht wissen.
Aber wenn man es nicht weiss sollte man vieleicht man auch nicht darüber scheiben...
Rene Goeckel am Permanenter Link
Hoffentlich regnet es jetzt nicht.
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
Wärs nicht so brüllend komisch, müsste man mit Herrn Malle Mitleid haben.
Oder dem Bischof tröstend übers Haar streichen und ihm versichern, dass es irgendwann schon wieder regnen werde - wenn nicht im nächsten Jahr, dann doch höchstwahrscheinlich im übernächsten?
Denn richtig blamieren wird er sich aller Voraussicht ja nicht - dass es überhaupt nie mehr in der Gegend regnet, ist kaum anzunehmen.
Bernd Schwitters am Permanenter Link
Wenn schon um Regen beten, dann nur zu zwei Göttern:
Dem Fliegenden Spagettimonster oder
Chris am Permanenter Link
Mir fällt da noch ein dritter ein: Der Lastwagenfahrer Rob McKenna aus "Per Anhalter durch die Galaxis":
Wikipedia dazu:
Tobias Seyb am Permanenter Link
Köstlich.
Danke!
Tobler am Permanenter Link
Herr Ungerer kennt offenbar entweder den Unterschied zwischen Empfängnis und Schwängerung nicht oder er hat sich nicht eingehend mit der Position befasst, über die er polemisiert.
Also mal wieder: Das Dogma von der unbefleckten Empfängnis besagt *nicht*, dass Maria Jesus unbefleckt empfangen hat, sondern dass Maria von ihrer eigenen Mutter unbefleckt von der Erbsünde empfangen wurde. Deshalb ist auch die Bezeichnung Marias als "unbefleckte Geschwängerte" im zweiten Absatz unsinnig.
Kirchenkritik ist eine wichtige Sache, und dazu gehört auch, sich über die Absurditäten des Katholizisus lustig zu machen. Aber die Position derer, die man kritisieren will, aus Unkenntnis falsch darzustellen, die nicht der eigenen Sache, sondern der Sache der Kritisierten.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Der neueste Knaller der Pfaffia - um Regen beten. Tss, tss.
Und: "Mariä unbefleckte Empfängnis, wie mag die vor sich gegangen sein?"
"Maria stand an der Hausecke; da war es windig." Großes Gelächter.
So einfach ist das mit der Windbestäubung...
Wolfgang am Permanenter Link
Eine Empfängnis ist immer unbefleckt!!! Sonst wäre ja das Betttuch befleckt....
Klaus Bernd am Permanenter Link
Regenmacher-Gebet von Bischof Xavier Malle
Auch ihm sollte bekannt sein, was die beiden lebenden Päpste dazu gesagt haben:
>>Der betende Christ bildet sich selbstverständlich nicht ein, Gottes Pläne zu ändern, oder zu verbessern, was Gott vorgesehen hat.<< Ratzinger
Also sollte es laut B. nicht verwundern, wenn es erst in 10 Jahren wieder regnet, oder gleich in solchen Mengen, dass es ganze Dörfer wegschwemmt.
Da ist es sicher hilfreich, wenn auf http://www.wetter.com schon für Montag Regen für Gap vorhergesagt wird, somit pünktlich nach den verordneten 3 Tagen Beten die wundersame Wirkung eintreten wird. Sage einer, Bischof Malle habe die Wettervorhersage gekannt. Verdammt sei, wer da schlechtes denkt.
Dem „Ungläubigen“ zur Erklärung: Mit Mariä Empfängnis ist nicht das „Überschatten“ der Maria zwecks Zeugung des Jesuleins gemeint, - das wäre zeitlich auch etwas problematisch - sondern der GV der Eltern der Maria, der zwar zu deren Zeugung geführt hat, der aber auf wundersame und einmalige Weise nicht zur Übertragung der Erbsünde geführt hat. Was es darüber für Streitigkeiten gegeben hat, lohnt sich nachzulesen; berühmteste Kirchenlehrer haben das angezweifelt und sogar verurteilt. Dass dieses jahrhundertelange Gezänk von amtlicher katholischer Seite heute als „Kontinuität im Glauben“ dargestellt wird, kann man nur als krasse Lüge bewerten.
Kay Krause am Permanenter Link
Man soll ja nicht nur meckern und kritisieren, sondern auch Verbesserungen und Alternativ-Vorschläge anbieten, allgemein wird das "Konstruktive Kritik" genannt.
Chris am Permanenter Link
Unterhaltsamer Beitrag - bis auf einen - weit verbreiteten - Lapsus: Die unbefleckte Empfängnis bezieht sich nicht auf die jungfräuliche Geburt Jesu, sondern darauf, daß Maria von Anfang an frei von der Erbsünde war (
O-Ton Wikipedia: "Sie bezieht sich nicht auf die Empfängnis Jesu, sondern auf die seiner Mutter Maria, die auf natürliche Weise von ihren Eltern Anna und Joachim gezeugt, empfangen und geboren wurde, dabei aber von der Erbsünde frei („ohne Makel“) blieb."
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Maria galt lange lediglich als Gefäß, in das der Heilige Geist (genauer die Trinität, also auch Christus selbst) seinen Samen - nach damaliger Vorstellung der fertige Minimenschensohn Jesus - "überschattet"
Als im 19. Jh. die Funktion der weiblichen Eizelle erkannt wurde und man dank verbesserter Mikroskope im Samen des Mannes nicht länger Minimenschen zu erkennen glaubte, musste eine neue Erklärung her, warum Marias Eizellen ebenfalls sündenfrei und rein seien. Mit den neuen Erkenntnissen (die man in der Kirche durchaus ernstnahm) wäre Jesus ja nur noch zu 50% sündenfrei gewesen und das ging ja mal gar nicht.
So wurde die Geschichte konstruiert, auch Maria sei von der Trinität gezeugt (Christus hat also bei der Zeugung seiner späteren Mutter mitgewirkt!), um sie sündenfrei zu machen, damit ihre Eizelle auch sündenfrei ist und das Jesulein dank sündenfreier Eizelle und Trinitätsüberschattung sündenfrei geboren werden konnte.
Für das Faktum, dass ja die Mutter Marias ebenfalls zu 100% erbsündig war und somit Maria höchstens zu 50% sündenfrei geboren wurde - folglich Jesus noch ein Viertelsünder war - hat die Kirche meines Wissens nach noch keine befriedigende Lösung gefunden.
Theoretisch hätten sämtliche Vorfahrinnen Marias seit der sündenfrei aus der Rippe geschnitzten Eva von der Trinität überschattet werden müssen, um eine durchgängige Linie erbsündefreier Frauen zu gewährleisten, damit Jesus schließlich am Ende der langen Kette sündenfrei auf die Welt konnte.
Spezialproblem: Nach dem Sündenfall Evas wären ja auch ihre erst nach dem Sündenfall hineingezauberten Eizellen (denn erst nach der Vertreibung aus dem Paradies sollten Frauen unter Schmerzen Kinder gebären) sündhaft, folglich hätte auch eine Trinitätsüberschattung nicht zur ersten sündenfrei geborenen Frau verholfen.
Lösungsansatz: "Gott" hat als Allwissender diese Problematik (= die Erfindung des Mikroskops) vorausgesehen und eine einzige noch sündenfrei verbliebene Eizelle in Evas Eierstock belassen, damit daraus - nach entsprechender Überschattung - die erste sündenfreie Frau entstehen konnte, aus deren Linie am Ende Maria entstehen sollte.
Na ja, vielleicht habe ich mit meiner Idee die Theologen ja auf die zündende Idee gebracht, wie sie die Sündenfreiheit Jesu doch noch plausibel erklären können. Es gibt ja kaum Wichtigeres...
Chris am Permanenter Link
Vielen Dank für diesen gleichermaßen erhellenden wie erheiternden Kommentar...
Und ich bin wieder einmal einigermaßen perplex über die absurde Verschrobenheit eines katholischen Weltbildes...ich meine, es sind ja eigentlich mündige, vernünftige Menschen, die so etwas glauben...wobei mich ein leiser Verdacht beschleicht, daß das eigentlich nicht einmal mehr hohe Kirchenfunktioniäre wirklich glauben - man macht nur möglichst nicht mehr allzu viel Aufhebens darum - es ist eben alles "ein großes Geheimnis"...
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
Hallo?
"ich meine, es sind ja eigentlich mündige, vernünftige Menschen, die so etwas glauben..."
Wie schräg kann die Geschichte denn noch werden?
Gläubige sind intellektuell dysfunktionale bedauernswerte Menschen, denen man das aber in der Regel nicht zum Vorwurf machen kann, weil sie sich diesen Zustand ja nicht vorsätzlich ausgesucht haben. Sie verdienen unseren Respekt als Menschen und unser Mitgefühl für ihren Zustand.
Oliver Pipping am Permanenter Link
Manchmal sind eben nicht nur der liebe Gott, sondern auch die Heiligen höchst beschäftigt, und das natürlich gerade dann, wenn man sie am dringensten benötigt: wenn es in einem schweizer Dorf nicht regnet.
Sollten die Rasseln nichts bringen, kann man immer noch auf das eine oder andere Menschenopfer zurückgreifen. (Keine Sorge, das ist moralisch schon ok, immerhin geht es um etwas Heiliges, welches zudem der Allgemeinheit nützen soll!)
Und zum Schluss noch ein Tipp für die ganze Familie: Kennen Sie das? Ihre Familie möchte gerne einen Tag mit Sonnen und Baden am See verbringen. Also steigen Sie mit Kind und Kegel ins Auto und fahren zum nahegelegenen Badesee. Das Strandtuch ist schon ausgelegt, Mutti hat sich im Bikini zum Sonnen hingelegt, die Luftmatraze und Schwimmflügel sind schon aufgeblasen und dann das: Ihre Kinder kommen mit traurigen Augen zu Ihnen und sagen Ihnen, dass sie nicht ins Wasser können. Sie fragen: Wieso? Und Ihre Kinder antworten Ihnen: Papi, weil der ganze See zugefroren ist! Mutti ist unterdessen schon unter einer dicken Schneeschicht verschwunden! Kennen Sie diese Situation auch? Kein Problem! Mit diesem kleinen Trick können Sie es ganz einfach lösen. Alles was sie dazu brauchen ist ein Außentermometer und ein einfaches Feuerzeug! Halten Sie das Feuerzeug einfach unter das Thermometer und warten Sie kurz bis es angenehme 30 Grad Celsius anzeigt! Voila! Nun kann der Badespass beginnen! Viel Spass am Badesee!