Passend zum Weihnachtsfest hat die Frankfurter Allgemeine Zeitung eine Studie zur Verwurzelung des Christentums in Deutschland in Auftrag gegeben. Die vom Institut für Demoskopie in Allensbach durchgeführte Umfrage kommt zu dem Ergebnis, dass die Bedeutung des Christentums in der Gesellschaft abnimmt. Paradoxerweise steigt gleichzeitig die Zahl derjenigen, die meinen, Deutschland sei durch christliche Werte geprägt.
Dass die Mitgliederzahl der christlichen Kirchen in Deutschland derzeit rasant auf Talfahrt ist, wird durch viele statistische Erhebungen bestätigt. Die aktuelle Allensbach-Studie im Auftrag der Frankfurter Allgemeinen Zeitung geht davon aus, dass derzeit nur 55 Prozent der Deutschen der evangelischen oder katholischen Kirche angehören. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren es mehr als 90 Prozent. Hinzu kommt, dass laut Allensbach-Studie nur noch 32 Prozent der heutigen Kirchenmitglieder wenigstens ab und zu in die Kirche gehen – das jedenfalls gaben sie in der Umfrage an. Im Gegensatz hierzu waren in den 1960er Jahren rund 60 Prozent der Kirchenmitglieder regelmäßige Kirchgänger.
Offensichtlich wollen also immer wenige Deutsche etwas mit dem Christentum zu tun haben. Erstaunlicherweise kommt die Allensbach-Studie jedoch zu dem scheinbar paradoxen Ergebnis, dass eine wachsende Zahl von Deutschen die Auffassung vertritt, Deutschland sei stark durch das Christentum sowie christliche Werte geprägt. 63 Prozent der Befragten gaben an, dieser Meinung zu sein – und das, obwohl nur 55 Prozent der Befragten Mitglied einer christlichen Kirche sind und sogar nur rund 18 Prozent der Befragten Menschen, die wenigstens ab und zu in die Kirche gehen. Bei einer Umfrage des Instituts für Demoskopie in Allensbach vor fünf Jahren hatten nur 48 Prozent der Aussage zugestimmt, dass Deutschland durch das Christentum sowie christliche Werte geprägt sei. 56 Prozent der Befragten finden laut der aktuellen Studie überdies, dass Deutschland auch in der Öffentlichkeit deutlich zeigen solle, dass es ein christliches Land sei. 85 Prozent der Befragten sind ferner dagegen, einen christlichen Feiertag zu streichen und hierfür einen islamischen Feiertag einzuführen.
Die Ergebnisse der Umfrage könnten darauf hinweisen, dass eine Art entkerntes Christentum als emotionales Bollwerk gegen eine gefühlte Islamisierung der Gesellschaft genutzt wird. Ein in einigen Bevölkerungskreisen weit verbreitetes Gefühl, das angesichts des tatsächlichen Anteils der Muslime an der Bevölkerung erstaunlich ist, da dieser bei nur 6 Prozent liegt.
Erstaunlich ist auch, dass obwohl die Zustimmung zu zentralen christlichen Glaubenssätzen in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen ist, der prozentuale Anteil derer, die an die Existenz einer überirdischen Macht glauben, fast unverändert geblieben ist. Bei einer Umfrage des Instituts vor 31 Jahren waren es 49 Prozent, die an eine überirdische Macht glaubten, bei der jüngsten Umfrage waren es 48 Prozent.
Und noch eine weitere Kuriosität hält die Allensbach-Studie bereit, denn auch nach dem Glauben an Engel und Wunder wurde gefragt. An die Existenz von Engeln glaubten laut Allensbach-Institut vor 31 Jahren 22 Prozent der Befragten, laut der aktuellen Studie sind es 30 Prozent. An Wunder glaubten 1986 33 Prozent der Befragten, heute sind es 51 Prozent.
Insbesondere eine weiterführende Untersuchung der letztgenannten Ergebnisse der Allensbach-Studie könnte sich als interessant erweisen. Besonders wenn man parallel einige Entwicklungen innerhalb der Popkultur während des genannten Zeitraums betrachtet: Die seit einigen Jahrzehnten üblich gewordene Allgegenwart von Kitsch-Engeln bereits im Kleinkindalter, sowie der rasante Aufschwung des Fantasy-Genres, in dem es von Engeln, Dämonen und Wundern üblicherweise nur so wimmelt.
13 Kommentare
Kommentare
Wolfgang am Permanenter Link
Christentum Paradox: Ein Märchen für Kinder und die Erwachsenen glauben dran.
Paradox auch der weibliche Busen: für Babys gemacht aber die Erwachsenen wollen immer damit spielen.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Mich verwundern diese Ergebnisse nicht.
Zum einen ist richtig, dass eine rechtspopulistisch geschürte Angst vor einer angeblichen "Islamisierung" (der Versuch wird zwar unternommen, ist aber eher kläglich angesichts seines jämmerlichen Erfolgs) einen gewissen ideologischen "Zusammenrückeffekt" hat. Deshalb geben sich die Rechtspopulisten i.d.R. betont christlich, auch wenn Thomas Strobl (CDU) die AfD mal frecher Weise mit "Atheisten für Deutschland" übersetzte.
Die Linke - die sich auch in Teilen wieder religiösen Normen angenähert hat - vermeidet eine offene Islamkritik, weil man glaubt, Minderheiten nicht gleichzeitig schützen und kritisieren zu können/dürfen. Also steigt die Angst des "unverstandenen Bürgers" vor dem Islam und - egal wie gläubig er ist - sucht er sein Heil in einer christlichen (!) Gesellschaft.
Gleichzeitig hat die ideologische Ferne zu dem, was eigentlich das Christentum ist (nämlich eine monotheistische Ausgrenzungs- und Unterdrückungsideologie), zugenommen. Heute ist es Fakt, dass Aufklärer und Atheisten oft besser über das Christentum Bescheid wissen, als sogenannte Folklorechristen. Wer hat schon noch die Bibel gelesen und weiß, welche unethischen Abscheulichkeiten darin beschrieben sind?
Und zum Dritten erleben wir einen Aufschwung der Esoterik, die sich geschäftstüchtig in die "spirituelle Lücke" der Gesellschaft drängt. Wo früher Jesus der Heilsbringer war, sind es heute Globolis, Wundersteinamulette oder aufgeladenes Wasser.
Auch die Freiheit vom strengen monotheistischen Kanon der Darstellungsvielfalt (mit nur einem Gott - evtl. als Trinität verschwurbelt - war diese lange sehr stark reglementiert, teilweise durch Bilderverbote unter Strafe gestellt) hat hier Türen für die Zulieferindustrie von spirituellem Kitsch aufgestoßen. Wenn der Teufel nicht mehr gemieden werden muss, dann kann er uns in den Medien unterhalten, wenn die Zahl der Götter nicht mehr vorgeschrieben ist, dann kann plötzlich der griechische Pantheon gezeigt werden und allerlei himmlische und höllische Wesen gleich dazu.
Die Abkehr von den Essentials des Christentums hat diese Religion zu einem Ideenlieferant für Unterhaltungswaren degradiert. Heute finden wir "Gott" lieb und "Jesus" vorbildlich. Deren Adepten, wie z.B. Luther, werden "mutig" genannt, wenn sie für die Verbreitung der christlichen Nächstenliebe eintreten. Christliche Feste werden gerne zur Freizeitgestaltung mitgenommen.
Dies alles, also ein wilder Potpourri aus Halb- und Nichtwissen, überformt durch die Unterhaltungs-/Kitsch-Industrie, hat zu einer diffusen wie falschen Vorstellung geführt, die mit dem Begriff "christliche Werte" bezeichnet wird. Daher prallt an diesen Verfechtern der christlichen Werte auch jede Kritik an diesen Werten ab. Inzwischen werden Demokratie, Emanzipation, Meinungsfreiheit, Toleranz und moderne Menschenrechte zu diesen Werten gerechnet, obwohl sie doch diametral dem eigentlichen Christentum gegenüberstehen.
Selbst die Nächstenliebe wird heute völlig anders interpretiert, als sie ursprünglich gemeint war. Aufgabe der Aufklärung muss also sein, all die, die noch an den Wert einer christlichen Gesellschaft glauben, davon in Kenntnis zu setzen, dass sie heute niemals in einer echt christlichen Gesellschaft leben wollten...
Ottokar am Permanenter Link
mir fallen da noch die Millionen "Christbäume" ein, die in den christlich-abergläubischen Wohnzimmern ihr Leben aushauchen.
hervorragend geschrieben, vielen Dank dafür
Roland Weber am Permanenter Link
Bernd hat mit seinem Beitrag absolut recht.
Ilse Ermen am Permanenter Link
Bin nicht einverstanden.
Der Islam dagegen ist von vornherein eine kriegerische Eroberungsreligion, von Gewaltlosigkeit ist da nirgends die Rede, abweichende Bewegungen entstehen erst später (teilweise im Sufismus).
Ferner betreibt die christliche Theologie (wie auch die jüdische) TEXTKRITIK, d.h., der Text wird nicht wörtlich genommen, Entstehungszeit und Autorschaft der Passagen werden überprüft, etc. etc. Ein Element, das im Islam nur in Ansätzen zu finden ist und dessen Vertreter auch in neuerer Zeit gerne mal am Galgen enden.
Ich halte nichts von dem Diktum "alle Religion sind gleich", das mag auf die beliebte Kombination "Religion und (Staats-) Gewalt" zutreffen, da ist es egal, was ein Prophet irgendwann mal gesagt hat, Hauptsache, es dient der Rechtfertigung von Herrschaft. Wenn man das Phänomen analysieren will, muss man sich zwingend mit Inhalten, Text- und Entstehungsgeschichte beschäftigen. Ich behaupte, dass das Christentum, was auch immer man davon halten mag, eine Aufklärung ermöglicht hat, anders als der Islam, wo diese nicht stattgefunden hat bzw. sich gerade erst formiert. Dazu gehört - Luther hin, Luther her - die im Umfeld der Reformation um sich greifende VOLKSBILDUNG im Verein mit der Drucktechnologie - man vergleiche mal die Alphabetisierungsraten islamischer Länder mit denen "christlicher". Das PEW Research Center hat in einer Studie von 2016 nachgewiesen, dass der islamischer Glaube - dicht gefolgt vom Hinduismus - auch heute noch zu den grössten Bildungshindernissen gehört. Zahlreiche Orientalisten und Islamkritiker sind sich einig darin, dass der Islam der wichtigste Faktor für den technischen, militärischen, wirtschaftlichen und sozialen Rückstand des Orients gegenüber dem Abendland ist (angefangen bei Bernhard Lewis "What went wrong?" über Ibn Warraq, Hartmut Krauss, Tilman Nagel, Hamed Abdel-Samad). Europa IST vom Christentum geprägt, damit meine ich nicht die Tannenbäume. Was die Islamisierung anbetrifft, so gibt es wohl heutzutage kaum eine Religion, deren traditionelle Vertreter so laut und aggressiv auftreten wie der traditionelle Islam, die so viele Fundamentalisten und Traditionalisten weltweit aufweist (die Hinduisten werfen kaum Bomben ausserhalb Indiens und fallen deshalb nicht so auf), die so eine rückwärtsgerichtete, antimoderne Textexegese betreibt und zuallererst den Progressiven aus dem eigenen Lager sowie den Apostaten das Leben zur Hölle macht. Es zählt hier nicht wieviel Prozent (laut FOWID nur etwa 4% in D), sondern wieviel Prozent davon sind antidemokratisch - rund 30% in Deutschland oder Frankreich - und bieten den Gewaltbereiten einen fruchtbaren Boden.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Das Christentum hatte in seinen Anfängen - vor 2000 Jahren - durchaus ein paar positive Züge: entstanden aus den damaligen jüdischen Erneuerungsbewegungen, richtete es sich gegen eine erstarrtes, ritualisiertes
Was ist an "gegen das Judentum gerichtet" (was zum Antijudaismus/Antisemitismus wurde), an "weltabgewandter Gemeinschaft" (also nicht mehr an den Problemen der Welt, sprich den realen Probleme interessiert), an "Familienfeindlichkeit" und "Mittellosigkeit" oder am Mönchstum ein "positiver Zug"?
Die daraus resultierende Gesellschaft wurde krank und dumm und es mussten Wege gefunden werden, anderen ihr Hab und Gut zu stehlen, um zu überleben. Auch der asketischste Mönch braucht Kleidung und muss essen.
"Einige Unsitten des Alten Testaments hebt es auf (Steinigung), hat zudem einige subversive, schwer lebbare Elemente wie Gewaltfreiheit und Feindesliebe."
Deshalb sagt "Jesus" ja auch, das nichts vom Alten Testament aufgehoben werden darf, oder? Und gerade die "Gewaltfreiheit und Feindesliebe" war für Christen seit ihren staatlichen Anfängen nie lebbar. Es bestand überhaupt kein Interesse, z.B. Juden, Ketzer oder Andersgläubige zu schonen. Nie brannten die Scheiterhaufen heller, als zu der Christenzeit.
"Was sich daraus entwickelt hat in Tradition (Kirchenväter) und Praxis (als Staatsreligion), steht dem diametral entgegen (das Weihnachtsfest ist reiner Unfug)."
Ach ja, ist das wie mit dem "real existierenden Sozialismus"? Ideologien sind alle ganz prima, nur die blöden/bösen Menschen versauen die hehren Absichten der Erfinder...
"Christliche Fundamentalisten berufen sich meist auf das Alte Testament."
So wie z.B. Luther und die Reformatoren insgesamt. So, wie der gesamte aus dem Christentum entwickelte Antisemitismus. Aber wer will ihnen den Gebrauch des AT verwehren? Schließlich wurde es als Bestandteil der christlichen Bibel kanonisiert.
"Der Islam dagegen ist von vornherein eine kriegerische Eroberungsreligion, von Gewaltlosigkeit ist da nirgends die Rede, abweichende Bewegungen entstehen erst später (teilweise im Sufismus)."
Der Islam ist vor allem eine Häresie vom östlichen Christentum, das die Gottessohnschaft Jesu ablehnte. Der Islam beruft sich sowohl auf das AT als auch auf das NT. Doch wurden beide Abarten des Judentums stets auch zur Eroberung genutzt und standen/stehen einander feindlich gegenüber, weil sie beide einen Alleinvertretungsanspruch haben (zumindest nach den Quellen).
"Ferner betreibt die christliche Theologie (wie auch die jüdische) TEXTKRITIK, d.h., der Text wird nicht wörtlich genommen, Entstehungszeit und Autorschaft der Passagen werden überprüft, etc. etc."
Leider werden keine Schlüsse aus der "Textkritik" gezogen. Denn dann müsste man ja zur Kenntnis nehmen, dass die Entstehung des Christentums völlig anders war, als allgemein angenommen. Nicht nur das Weihnachtsfest wäre dann als Humbug entlarvt, sondern sämtliche anderen Legenden um den angeblichen "Jesus" ebenfalls.
"Ein Element, das im Islam nur in Ansätzen zu finden ist und dessen Vertreter auch in neuerer Zeit gerne mal am Galgen enden."
Wie in den ersten 1.600 Jahren des Christentums auch. Der Islam ist erst 1.400 Jahre alt, geben wir ihm also noch ein bisschen Zeit.
"Ich halte nichts von dem Diktum "alle Religion sind gleich", das mag auf die beliebte Kombination "Religion und (Staats-) Gewalt" zutreffen, da ist es egal, was ein Prophet irgendwann mal gesagt hat, Hauptsache, es dient der Rechtfertigung von Herrschaft."
Alle Religionen sind ja auch nicht gleich. Vor allem die, die sich auf EINEN "Gott" berufen, sind höchst unterschiedlich. Als ob es diesen "Gott" gar nicht gäbe.
"Wenn man das Phänomen analysieren will, muss man sich zwingend mit Inhalten, Text- und Entstehungsgeschichte beschäftigen."
Richtig! Dann muss man aber auch Schlussfolgerungen daraus ableiten. Und das vermisse ich bei allen Theologen schmerzlich.
"Ich behaupte, dass das Christentum, was auch immer man davon halten mag, eine Aufklärung ermöglicht hat, anders als der Islam, wo diese nicht stattgefunden hat bzw. sich gerade erst formiert."
Wie gesagt: Der Islam ist jünger. Außerdem hat das Christentum die Aufklärung eher erdulden müssen. Wäre es nach den Theologen und Kleriker gegangen, hätten wir bis heute keine Aufklärung. Aber gegen die Renaissance war kein Kraut gewachsen.
"Dazu gehört - Luther hin, Luther her - die im Umfeld der Reformation um sich greifende VOLKSBILDUNG im Verein mit der Drucktechnologie - man vergleiche mal die Alphabetisierungsraten islamischer Länder mit denen "christlicher"."
Wenn Drucktechnik dazu gebraucht wird, um überwiegend religiöse Schriften massenhaft zu vervielfältigen und Bildung primär dazu diente, damit Menschen die Bibel lesen konnten, dann ist sicher die Aufklärung ein Nutznießer dieser Medieninitiative der Kirchen (so, wie man heute das TV fest in der Hand behalten will). Aber aus theologischer Sicht ist die Aufklärung ein Betriebsunfall oder Kollateralschaden.
"Das PEW Research Center hat in einer Studie von 2016 nachgewiesen, dass der islamischer Glaube - dicht gefolgt vom Hinduismus - auch heute noch zu den grössten Bildungshindernissen gehört."
Das ist unbestreitbar. Doch was heißt das? Dass man Muslime zum Christentum zwingen muss, damit sie so schlau wie die Christen heute werden, die von der säkularen Aufklärung profitiert haben?
"Zahlreiche Orientalisten und Islamkritiker sind sich einig darin, dass der Islam der wichtigste Faktor für den technischen, militärischen, wirtschaftlichen und sozialen Rückstand des Orients gegenüber dem Abendland ist (angefangen bei Bernhard Lewis "What went wrong?" über Ibn Warraq, Hartmut Krauss, Tilman Nagel, Hamed Abdel-Samad)."
Die östlichen Christen sind halt noch nicht soweit. Also sollten wir ihnen freundlich helfen, ihre Religion zu überwinden.
"Europa IST vom Christentum geprägt, damit meine ich nicht die Tannenbäume."
Nicht mehr! Glücklicherweise. Wir haben im realen Leben das ursprüngliche Christentum zu fast 100% überwunden. Wenn es nur noch - wie bei Ihnen - zur Abgrenzung vom Islam verwendet wird, dann ist das der schlagende Beweis.
"Was die Islamisierung anbetrifft, so gibt es wohl heutzutage kaum eine Religion, deren traditionelle Vertreter so laut und aggressiv auftreten wie der traditionelle Islam, die so viele Fundamentalisten und Traditionalisten weltweit aufweist (die Hinduisten werfen kaum Bomben ausserhalb Indiens und fallen deshalb nicht so auf), die so eine rückwärtsgerichtete, antimoderne Textexegese betreibt und zuallererst den Progressiven aus dem eigenen Lager sowie den Apostaten das Leben zur Hölle macht."
Das ist für uns der Auftrag, für Aufklärung in islamischen Ländern zu werben. Das gelingt jedoch nicht, wenn wir behaupten, dass die Aufklärung christlich sei, denn eins wollen Muslime ganz gewiss nicht: Christen werden. Wenn wir Aufklärung als einen säkularen Prozess präsentieren, der religionsneutral ist, könnte man Muslime eher davon überzeugen, hier mitzumachen.
Bei uns ist ein Folklorerest des Christentums geblieben (z.B. die Tannenbäume oder der Osterhase), doch die Gesellschaft ist praktisch säkular und deswegen erfolgreich. Das wäre ein Anreiz für Muslime, auch nur noch einen Folklorerest des Islams zu belassen und ansonsten die wahren Werte der Menschheit anzuerkennen.
"Es zählt hier nicht wieviel Prozent (laut FOWID nur etwa 4% in D), sondern wieviel Prozent davon sind antidemokratisch - rund 30% in Deutschland oder Frankreich - und bieten den Gewaltbereiten einen fruchtbaren Boden."
Mit ging es um die Angst vor einer "Islamisierung". Warum haben wir keine Angst (vergleichbar der vor dem Islam) vor Nazifizierung Deutschlands oder vor Rechtspopularisierung? Diese beiden Gefahren sind viel größer, als die Drohgebärden einiger halbstarker und halbgarer Salafisten oder Wahabiten?
Dass Terrorängste real sind und auf realen Ereignissen basieren, ist nachvollziehbar. Doch es gibt deutlich bedrohlichere Gefahrenherde in Deutschland. Ich will damit die aktuellen Opfer nicht klein reden - individuell ist dies immer ein unfassbares Ereignis -, aber wird sollten es in Relation sehen, genauso wie die Flüchtige, die in unser Land eher gesickert als geschwemmt sind...
Udo Endruscheit am Permanenter Link
Mich wundert dieses "Ergebnis" nicht. Fragt man nach "Werten", möglichst nach "christlichen", geht die Zustimmungsrate reflexartig nach oben.
A.S. am Permanenter Link
Ich kann dem "Paradox" noch etwas Positives abgewinnen:
1. Die Einsicht wächst, dass Deutschland als Staat alles andere als religionsneutral ist.
Ich kann den Linken nichts abgewinnen, die meinen, den Islam in Deutschland fördern zu müssen. Alle Religionen sind Herrschaftswerkzeuge. Herrschaft durch vorfabrizierte Weltbilder und "göttliche" Gebote!
Michael Paschko am Permanenter Link
Bernd Kammermeier hat die Gründe für diese - nur auf den ersten Blick existierenden - "Paradoxien" meiner Ansicht nach gut zusammengefasst.
85 Prozent der Befragten sind dagegen, einen christlichen Feiertag durch einen islamischen zu ersetzen - aber nur (darauf möchte ich die Aufmerksamkeit lenken) - 56 Prozent finden, dass Deutschland auch in der Öffentlichkeit deutlich zeigen solle, dass es ein christliches Land sei.
Als mögliche Interpretation bietet Daniela Wakonig an, "dass eine Art entkerntes Christentum als emotionales Bollwerk gegen eine gefühlte Islamisierung der Gesellschaft genutzt wird."
Ich denke nicht, dass dies die treffende Interpretation der 85 % Gegner eines islamischen Feiertages auf Kosten eines christlichen ist. Ich habe mich gefragt, wie ich wohl auf dieses Frage geantwortet hätte, und auch ich wäre dagegen gewesen einen christlichen durch einen islamischen Feiertag zu ersetzen. Und dass obwohl ich entschieden dagegen bin, ein entkerntes Christentum als Bollwerk gegen den Islam zu benutzen. Dass sehe ich ganz klar als Teil des Problems und nicht als Teil der Lösung.
Ich denke, der Unterschied von 85% und 56% führt uns in Richtung einer treffenderen Interpretation. Ganz offensichtlich war nur einem Teil der Antwortenden das Christliche des Feiertags wichtig. Viel eher liegt doch auf der Hand, dass der Grund für die Ablehnung viel eher darin zu sehen ist, dass bei einem Richtung 40% gehenden Anteil von konventionslosfreien Menschen in Deutschland bei der Streichung eines christlichen Feiertages zunächst einmal ein Feiertag säkularen Inhalts oder eines Feiertages für alle Weltanschauungen und Religionen in Betracht gezogen werden sollte, bevor man überhaupt anfängt, darüber nachzudenken, ob man einen islamischen Feiertag einführen sollte. Für mich spiegeln die 85% nur das Unbehagen der großen Mehrheit der deutschen Bevölkerung wieder, Feiertagen bestimmte religiöse und dogmatische Inhalte zuzuweisen. Und das entspricht ja auch vollkommen der Art und Weise, wie die meisten mit den "religiösen" Feiertagen auch tatsächlich umgehen, nämlich überhaupt nicht religiös.
Wolfgang am Permanenter Link
„Niemand hat Gott je gesehen“
Hildesheim - Weihbischof Nikolaus Schwerdtfeger predigt in der Christnacht über ein Rätsel, „das uns wach hält“.
Aha, jetzt geht auch einem Weihbischof ein Licht auf! Der Herr ist auf dem richtigen Weg!
Dieter Bauer am Permanenter Link
Was bei Gutachten, Statistiken und Erhebungen Gültigkeit hat, hat auch im Bereich der Meinungsforschung Gültigkeit.
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
Vor allem ist wichtig, wie, wo und wann die befragte Stichprobe ausgewählt wird. Gut tausend Leute aus einem 82-Mio-Kollektiv so auszuwählen, dass sie die Gesamtheit repräsentieren, ist nur zufällig möglich.
Andreas am Permanenter Link
Ich finde die Interpretation etwas schwammig.
Ansonsten stimme ich einem Paradoxon zu, beim dem sich Teile der Gesellschaft über eine Religion, die sie selbst nicht pflegen, von vermeintlich anderen Kulturen abzugrenzen versuchen.