Wie hast du es mit der Corona-Impfung? Diese existentielle Frage treibt uns um. Seit die Impfaktion angelaufen ist, hat die Kontroverse um das Virus und die Pandemie eine neue Qualität angenommen. Seither zieht die Impffrage Gräben quer durch Familien, Freunde und Gesellschaft.
Die Diskussionen zeigen, dass das Coronavirus und die Impfung zu Glaubensfragen geworden sind. Der Erreger rüttelt am Grundverständnis unseres Weltbildes und macht Angst.
Wir glaubten, die Welt und seine Gefahren einigermaßen zu kennen. Und dann kommt da so ein winzig kleines Ding, das unser Leben auf den Kopf stellt. Weil wir noch wenig darüber wissen und die Wissenschaftler und Politiker widersprüchliche Signale aussenden, zwingt es uns, Gläubige zu werden.
Definitiv zur Glaubensfrage, ja zu einer Ersatzreligion, wurden das Coronavirus und die Impfung für die radikalen Skeptiker. Sie misstrauen den Experten und weigern sich, wissenschaftliche Erkenntnisse anzuerkennen. Dabei überwinden sie das Dilemma vermeintlich mit Verschwörungsideen: Sie sehen die Pharmaindustrie, Politiker und Fachleute im Dienst einer geheimen Macht, die alles im Hintergrund steuert und uns manipuliert. Auch über die Impfung, die angeblich Chips oder gefährliche Nanopartikel enthalten soll.
Die radikalsten Skeptiker sind Esoteriker und Verfechter der Alternativmedizin. Eine Umfrage des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) ergab, dass 62 Prozent der Patienten von alternativmedizinischen Praxen Impfkritiker sind. In schulmedizinischen Praxen sind es nur 21 Prozent.
Zu den Impfgegnern gehören auch viele Anthroposophen, also die Anhänger des radikalen Esoterikers Rudolf Steiner. Der Gründer der Heilslehre wird von vielen wie ein unfehlbarer spiritueller Weltenlehrer oder Guru verehrt.
Seine Heilslehre hat einen magischen oder okkulten Hintergrund. Und seine medizinischen und gesundheitlichen Ideen und Rezepte entbehren jeder wissenschaftlichen Evidenz. Steiner hat sie vor über 100 Jahren in Stein gemeißelt, obwohl er kein Arzt war und die Wissenschaften damals noch in den Kinderschuhen steckten.
Anthroposophische Ärzte engagieren sich auch im umstrittenen Netzwerk Aletheia (Wahrheit), das der Innerschweizer Arzt Andreas H. mitgegründet hat. Der radikale Coronaskeptiker ist schon mehrfach auf Coronademos als Redner aufgetreten.
Außerdem setzte er die Falschmeldung über den 91-jährigen Patienten in die Welt, der kurz nach der Corona-Impfung gestorben ist. Das BAG korrigierte die Meldung: Es bestehe kein Zusammenhang zwischen dem Tod und der Impfung.
H. – er gibt seinen Patienten weiterhin die Hand und stellte unbesehen Maskenatteste aus – verärgerte damit auch sein Praxispersonal. Im Sommer musste er seine Praxis vorübergehend schließen, weil zwei Ärztinnen und drei Assistentinnen gekündigt hatten. Gegen ihn läuft ein Aufsichtsverfahren.
Er werde wegen seiner Meinung zu Corona kriminalisiert, behauptete H. auf einer Demonstration in Basel. Wir würden manipuliert und angelogen. Das Virus, wenn es überhaupt da sei, sei nicht so gefährlich, wie immer getan werde. Und zum Vakzin sagte er, es sei gar keine richtige Impfung, sondern es gehe darum, vielleicht das Erbgut auf lange Zeit zu manipulieren.
Den Arztkollegen empfahl er folgendes Schutzkonzept: keine Masken, keine Tests, keine Impfung. Damit schütze man auch die Demokratie. Schließlich sagte der Arzt, es könne nicht wahr sein, dass das Pflegepersonal als erstes geimpft werde.
Diese Aussage ist kein Zufall, denn das Pflegepersonal in Spitälern und Heimen gehört mit zu den größten Impfverweigerern. Frühere Umfragen zeigten, dass nur jede sechste Pflegefachperson sich gegen Grippe impfen ließ. Bei der Coronaimpfung dürfte die Skepsis noch größer sein. Aus egoistischen Gründen nehmen sie in Kauf, dass sie Alte und Kranke mit dem tödlichen Virus anstecken.
Impfbereitschaft der Bevölkerung ist relativ groß
Dagegen ist die Impfbereitschaft der schweizer Bevölkerung geradezu hoch. Bei einer Umfrage des Bundesamtes für Gesundheit gaben 49 Prozent der Befragten an, sich impfen zu lassen. 26 Prozent waren sich noch nicht sicher, 25 Prozent sagten nein.
Die Weltgesundheitsorganisation schlägt schon lange Alarm. Sie bezeichnet die mangelnde Impfbereitschaft zu den gegenwärtig größten Gesundheitsrisiken der Welt. Laut WHO müssten jährlich 1,5 Millionen Menschen nicht sterben, wenn die Impfrate höher wäre.
Zu den Impfskeptikern oder -leugnern gehören auch viele Sekten. Sie misstrauen den Politikern oder der Pharmaindustrie und haben oft eigene pseudomedizinische Rezepte oder Therapien.
Sektenführer Ivo Sasek spricht vom Todescountdown
Am radikalsten ist wohl der christliche Sektenführer Ivo Sasek von der "Organischen Christus-Generation" (OCG). Auf seinen vielen Internetsendern von "Klagemauer TV", die täglich über Verschwörungen und angebliche Skandale berichten, thematisieren er und seine Teams oft die Coronapandemie.
Am 30. Dezember wetterte Sasek über die korrupten Medien und Politiker im Zusammenhang mit der Pandemie. Der Titel: "Der Todescountdown". Sasek behauptet, viele unabhängige Fachkräfte würden die Impfung als brandgefährlich bezeichnen.
Die Medien hingegen würden "die schon zuvor millionenfach verursachten schwersten Impfschäden" verschweigen. Vielmehr würden die hochrangigen Fachkräfte als Covidioten, als Corona-Leugner und Menschentöter verunglimpft. Das Volk werde zu Versuchskarnickeln erniedrigt.
Weiter behauptet der Sektenführer, Facebook, YouTube und Co. würden Zensur betreiben und dabei Milliarden Schmiergelder einstreichen. Und wörtlich: "Ich sage hier offen heraus, wie es ist: Wenn das, was hier tobt, tatsächlich ein hybrider Krieg ist, wie es jetzt die meisten freien Aufklärer samt Kla.TV beweiskräftig aufgedeckt haben, dann sind all diese Zensoren nichts Minderes als gemeingefährliche Kriegsverbrecher, die sich gerade jetzt an einem neuen Genozid, sprich Völkermord beteiligen."
Übernahme mit freundlicher Genehmigung von watson.ch.
10 Kommentare
Kommentare
MGS am Permanenter Link
Hm, es stimmt ein wenig traurig, wer hier bei dem hpd die Meinungsmacher sind.
Leider bietet das der Beitrag von Hugo Stamm nicht.
Diese übliche & üble Meinungsmache wie Gleichsetzung von Covid-19-Impf-Skeptikern mit Sekten, Verschwörungstheoretikern und Homöopathen bringt nichts Neues, sie ist überflüssig und vor allem falsch. Langweilig außerdem.
Es sind ja gerade Wissenschaftler, Ärzte und Menschen, die sich mit der Materie auseinandersetzten, die dem Impfstoff zweifelnd gegenüberstehen. Wobei gar nicht die Ablehnung im Vordergrund steht, sondern völlig berechtigte Fragen, die man an ein neues Verfahren hat. Darunter sind ja auch gerade Impfbefürworter so wie ich, der für sich in Anspruch nimmt, die meistgeimpfte (aus beruflichen Gründen) Person in seinem Bekanntenkreis zu sein.
Auch ist der Tod des 91jährigen keine Falschmeldung, sondern nur insofern richtig, dass vernünftige Geister keinen direkten Zusammenhang konstruieren, wenn ein 91jähriger mit vielen Vorerkrankungen nach einer Impfung stirbt. Das ist es ja, was viele forderten: Dieser Maßstab angewendet auf die RKI-Zahlen der Covid-Toten, dann müssten 66 Prozent abgezogen werden. Interessant bleibt, dass das eben nicht getan wird. Insofern wurde an diesem Fall der Doppelstandard offenkundig.
Michael Fischer am Permanenter Link
Doppelstandard ist es keiner, denn man stirbt ja nicht an einer Impfung.
Die von Ihnen geforderte Unterscheidung bei den Covid-Toten würde in einen Riesenverwaltungsaufwand ohne jedweden praktischen Vorteil münden.
Denn die Intensivstationen würden dadurch keinen Deut leerer.
MGS am Permanenter Link
Selbstverständlich ist das ein Doppelstandard, wenn man einerseits bei dem Tod eines vorerkrankten 91jährigen unmittelbar nach der Impfung keinen Zusammenhang konstruiert, was ja richtig ist (wobei die Frage bleibt: m
Mit Schaudern erinnere ich an die Überschrift des Berliner Tagesspiegel vom April letzten Jahres, die ich zuerst für böse Satire hielt: "Berlin hat seinen ersten Corona-Toten! Gestern verstarb der 96jährige ..."
Michael Fischer am Permanenter Link
1.) Sie schreiben: "musste der arme Mann denn noch geimpft werden?" - ja wieso denn nicht?
Vom Impfen stirbt man ja nicht. Gönnen Sie ihm doch den kleinen Pieks.
Der Witz ist doch, die Kranken und Schwachen gerade durch die Impfung zu schützen. Alle anderen brauchen die Impfung doch im Grunde gar nicht, deren Immunsystem wird ja von alleine damit fertig.
Wenn ich Sie richtig verstehe, würden Sie die medizinische Versorgung ab einem bestimmten Alter grundsätzlich einstellen und die Alten in "Ruhe und Frieden" (ja wenn es denn so wäre) sterben lassen.
2.) Thema Doppelstandard: M.E. stellen Sie hier einen klassischen Äpfel-Birnen-Vergleich an.
Die Sache ist doch die: Um "mit" einer Sache sterben zu können, muss man zwangsläufig "an" derselben Sache sterben können - andernfalls macht die Formulierung überhaupt keinen Sinn.
Mein Opa starb, nachdem er am Vortag ein Steak gegessen, dazu ein Glas Wein getrunken und anschließend eine Partie Schach gespielt hatte.
Man stirbt aber nicht an (und daher auch nicht mit) einem Steak, einem Glas Wein oder einer Partie Schach.
Man stirbt auch nicht an einer Impfung.
Man stirbt aber sehr wohl an einem Virus.
MGS am Permanenter Link
Nein, Sie verstehen mich nicht, schon gar nicht richtig.
Ihre Unterstellung ist falsch.
Ihre Behauptungen in ihrer Absolutheit ebenso.
Es ist halt nicht so simpel.
Giordano Bruno am Permanenter Link
Coronaleugner, Anthroposophen, Christen, Verschwörungstheoretiker, alles ein und die selbe krude Gesinnung aus Aberglauben und Realitäs-ferne.
CnndrBrbr am Permanenter Link
Ich plädiere für mehr Sorgfalt bei der Sprachwahl:
Begriffsstutzigkeit dagegen hat nichts mit Skepsis zu tun. Impfgegner sind begriffsstutzig, und keine Skeptiker. Es gibt auch keine Evolutionsskeptiker, wenn man nicht Biologen damit meint, sondern Kreationisten. Auch der Begriff "Querdenken" ist mißbraucht worden.
Andreas Lichte am Permanenter Link
@ Giordano Bruno "Wahn" – "Solang Du Steiner nicht gelesen hast, weißt Du gar nicht was das ist!", siehe auch: "Die Alanus Hochschule erfindet einen neuen Steiner", https://hpd.de/artikel
Junius am Permanenter Link
Das Wettern gegen Impfgegner wäre entschieden überzeugender, wenn es genug Impfstoff für die gäbe, die ihn haben möchten. So ist es nur eine Ablenkung.
Manfred Schleyer am Permanenter Link
Wenn mensch wenig sicher weiß, dann ist es verführerisch, manches fest zu glauben. Oder: Don't confuse me with facts, I have formed my opinion. Homo sapiens?