Endlich ist ein Impfstoff gegen Covid-19 da. Doch ausgerechnet einige Menschen, die in Medizin und Pflege arbeiten, wollen ihn nicht haben. Wie kann das nur sein? fragt sich die Ärztin Natalie Grams in ihrer Kolumne.
Wie hast du es mit der Corona-Impfung? Diese existentielle Frage treibt uns um. Seit die Impfaktion angelaufen ist, hat die Kontroverse um das Virus und die Pandemie eine neue Qualität angenommen. Seither zieht die Impffrage Gräben quer durch Familien, Freunde und Gesellschaft.
Diese Frage, gepaart mit Verschwörungsideen, spaltet die Öffentlichkeit. Der Graben entzweit Familien, zerstört Freundschaften. Am Anfang war die Skepsis, das Misstrauen. Alle wurden davon erfasst. Die Kakophonie der Wissenschaftler und Politiker verunsicherte viele. Die einen suchten nach Ursachen, Zusammenhängen und Hintergründen. Sie lechzten nach seriösen Informationen und recherchierten intensiv. In der Hoffnung, das Mosaik ergebe irgendwann ein schlüssiges Bild.
Impfen ist Selbstschutz und Solidarität in einem. Es ist wirksam und sicher. Aber zu glauben, für eine gute Entwicklung müsse ein Kind Krankheiten durchmachen, ist falsch. Und gefährlich.
Ein kleiner Pieks als Preis für den Schutz vor einer potenziell lebensbedrohlichen Infektion – für viele Menschen auf der Welt ein Wunschtraum. Geradezu paradox erscheint es da, dass gerade im wohlhabenden Deutschland der Argwohn gegenüber Schutzimpfungen salonfähig geworden ist. Da wird Schwangeren beispielsweise von der Grippe-Impfung abgeraten – das Kind könnte später Autismus entwickeln, hört man bisweilen. Ein unsinniger Ratschlag, der sogar gefährlich werden kann.
Die Eltern zweier einjähriger Kinder hatten beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Eilanträge eingereicht, um Neuregelungen des Infektionsschutzgesetzes vorläufig außer Kraft zu setzen. Das Gericht wägte die Interessen der Eltern mit den Interessen der anderen Kinder und Eltern ab und lehnte die Eilanträge ab.
Blumen für die Polizei – Impfgegner können ja sooo nett sein. Doch auch liebenswürdiges Auftreten kann nicht verhehlen, dass sie bedenkliche Unwahrheiten verbreiten, die Leben und Gesundheit vieler Menschen in Gefahr bringen.
Die Corona-Pandemie erzeugt eine neue Front aus Verschwörungstheoretikern und Impfgegnern. Immer mehr Menschen glauben, sie leben in einer Diktatur, nur weil sie ihre Freiheitsrechte nicht zum Nachteil anderer ungehemmt ausleben dürfen. Das hat nicht nur Auswirkungen auf die Pandemie, sondern auch auf unsere Erinnerungskultur. Ein Kommentar von Elisa Stadler.