Strafantrag und Disziplinarverfahren gegen evangelischen Pastor

Der Hassprediger von Bremen

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Der "Nackte Luther" 2018 auf dem Marktplatz in Bremen. Tritt Olaf Latzel als Hassprediger in die Fußstapfen des Reformators?
Der "Nackte Luther" 2018 in Bremen

Er soll Homosexuelle als "Verbrecher" bezeichnet haben, nun wird gegen Pastor Olaf Latzel wegen des Verdachts der Volksverhetzung ermittelt. Sollten seine Äußerungen als strafrechtlich relevant eingestuft werden, steht ein kirchliches Disziplinarverfahren schon in den Startlöchern. Seine Gemeinde und seine Anhänger verteidigen den Geistlichen, während sich ein breites Bündnis anderer evangelischer Kirchen gegen ihn stellt. Es ist nicht das erste Mal, dass er mit umstrittenen Aussagen für Schlagzeilen sorgt.

Der "Nackte Luther" war 2018 schon Gast in Bremen, wo er die Einführung des Reformationstages als Feiertag jedoch nicht verhindern konnte. Eine dortige evangelische Kirche hat aber auch einen modernen Hassprediger: Pastor Olaf Latzel von der fundamentalistischen St. Martini-Gemeinde. Er hatte sich im Rahmen eines Eheseminars mit dem Titel "Biblische Fahrschule zur Ehe" im Herbst abwertend gegenüber Homosexuellen geäußert: "Überall laufen diese Verbrecher rum vom Christopher Street Day", soll er gesagt und gelebte Homosexualität gemäß der Bibel als "todeswürdiges Verbrechen" bezeichnet haben. Außerdem soll er vom Einfluss der "teuflischen Homo-Lobby" auf Kirche und Gesellschaft gesprochen haben. Der "ganze Gender-Dreck" sei "zutiefst teuflisch und satanisch".

In einer Erklärung hatte Latzel sich Ende April entschuldigt und sich damit verteidigt, dass er falsch verstanden worden sei. Er habe "militante Aggressoren, die uns als Gemeinde in den letzten Jahren immer wieder angegriffen und gotteslästerlich diffamiert haben" gemeint. Als Beispiel dafür gab er an, dass seine Kirche immer wieder mit Sprüchen wie "God is gay" beschmiert würde. Er sei jedoch selbstverständlich nicht der Ansicht, dass alle Homosexuellen Verbrecher seien. "Homosexuell empfindende Glaubensgeschwister" seien auch Teil seiner Gemeinde. Der Geistliche beklagte "Ausgrenzung und Diffamierung" durch Kirche, Politik und Medien ihm gegenüber.

Die Bremische Evangelische Kirche hatte sich Ende April "entschieden von den abwertenden Äußerungen" distanziert: "Der Kirchenausschuss verurteilt auf das Schärfste die Äußerungen, in denen Menschen herabgesetzt, beleidigt und in ihrer Würde verletzt werden. Als Kirchenleitung stehen wir klar an der Seite homosexuell lebender Menschen", heißt es in einer Presseerklärung. Die Präsidentin des Gremiums, Edda Bosse, ergänzte, man habe bereits in der Vergangenheit Äußerungen von Pastor Latzel erlebt, "die bis an die Grenze des Erträglichen gingen"; "diese Grenze ist jetzt überschritten."

Vergangene Woche hat der Kirchenausschuss nun ein Disziplinarverfahren gegen Latzel eingeleitet, wie der Weser Kurier berichtete, die Staatsanwaltschaft ermittelt derweil auf Initiative von Rat & Tat – Zentrum für queeres Leben wegen des Verdachts der Volksverhetzung. Auch der Bremer Vorstand des Christopher Street Day hatte einen Strafantrag gestellt. Die Kirche will abwarten, ob die Aussagen als Straftat eingestuft werden, so lange ist das kirchliche Verfahren ausgesetzt. Es wird nur fortgeführt, sollten sich Olaf Latzels Äußerungen als strafrechtlich relevant herausstellen, denn nur bei Dienstvergehen kommt ein solches dienstrechtliches Verfahren in Betracht.

Unterstützer haben währenddessen eine Online-Petition für den umstrittenen Geistlichen und gegen eine mögliche Suspendierung gestartet, die mittlerweile fast 16.800 Menschen unterschrieben haben. Auf der anderen Seite hat sich aus Gemeinden und Einrichtungen der Bremischen Evangelischen Kirche ein "Bündnis für Demokratie, Respekt und Verständigung" gebildet, das sich von Latzels Auslassungen distanziert und "den Schaden [beklagt], den seine Äußerungen für das friedliche Zusammenleben im demokratischen Gemeinwesen anrichten".

Der Vorstand der St. Martini-Gemeinde wehrte sich in einer Stellungnahme ebenfalls gegen das Disziplinarverfahren. Sie steht hinter den Positionen ihres Pastors und bedauert die der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), denn: "Die Ablehnung gelebter Homosexualität im Alten wie im Neuen Testament wird mit einer Eindeutigkeit vorgetragen, die eigentlich jede Diskussion darüber überflüssig erscheinen lässt. (…) Über tausende von Jahren wurde die biblische Beurteilung der Homosexualität nicht infrage gestellt, weder vom alttestamentlichen Gottesvolk noch von der neutestamentlichen Gemeinde." Die Position der Gemeinde in Fragen der gleichgeschlechtlichen Sexualität sei "mit Blick auf die weltweite Christenheit keine Minderheitsposition". Lediglich große Teile der westeuropäischen Kirche hätten sich "in einem Prozess geistlicher Auflösung von den noch vor zwanzig Jahren geltenden Glaubensgrundlagen abgewandt". "Wenn nun Pastor Latzel in einem Eheseminar die biblische Beurteilung zur Homosexualität darstellt und mit seinen Worten die relevanten Bibeltexte wiedergibt, dann hat dies nichts mit Herabwürdigung von homosexuell empfindenden Menschen oder gar Hetze gegen sie zu tun", kann man dort lesen. Später ist dann auch noch von der "gottlosen Genderideologie" die Rede.

Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD), der darüber hinaus Senator für Angelegenheiten der Religionsgemeinschaften ist, fand klare Worte zu dem Vorwurf gegen den Geistlichen: "Für Hetze gegen Schwule und Lesben fehlt mir jedes Verständnis und ich verurteile sie ganz entschieden. Da bin ich mir übrigens mit den allermeisten Mitgliedern der Bremischen Evangelischen Kirche sehr einig", zitiert ihn Buten un Binnen. Ob die Grenze der Religionsfreiheit überschritten werde, müsse durch die Strafverfolgungsbehörden geklärt werden.

Es ist nicht das erste Mal, dass Olaf Latzel negativ auffällt: 2008 hatte er einer Pastorin Kanzel und Talar verweigert, 2015 hatte er mit fanatischen Äußerungen gegen Andersgläubige gehetzt, als er von der "Reinigung von fremden Göttern" und gemeinsamen Gottesdiensten verschiedener Glaubensrichtungen als Sünde sprach. Damals wurde das Verfahren mit Verweis auf die Religions- und Meinungsfreiheit eingestellt.

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