Norwegen hat seine erste humanistische Militärseelsorgerin

"Säkulare haben doch gar keine Seele"

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In diesem Zeichen sollst du siegen: Transportables Altargeschirr eines Marinepfarrers (1940).
In diesem Zeichen sollst du siegen.

In Norwegen ist jetzt ein traditionsreiches kirchliches Monopol gebrochen worden: In Galauniform wurde vor wenigen Tagen die erste humanistische Militärseelsorgerin ins Amt eingeführt. Dennoch entspricht die weltanschauliche Zusammensetzung des Seelsorgerkorps noch lange nicht der Lebenswirklichkeit der Soldaten.

Noch nicht ganz zu Ende diskutiert ist ja die Frage, ob ein Humanist Mitglied einer militärischen Vereinigung sein kann oder sollte. Die christlichen Kirchen haben da, wie man weiß, durch alle Zeiten hindurch eher weniger Skrupel gehabt. Sie haben im organisierten Töten von Menschen immer auch eine Chance gesehen, ihre Priester in Lohn und Brot zu bringen: Es gab viel zu beten vor den Schlachten, es gab viele Traumata zu betreuen, eine Unmenge von Gottes Liebe und Gerechtigkeit rhetorisch zu verklappen unter den vorerst Überlebenden. In vielen Ländern haben die Kirchen sich ein sehr einkömmliches Monopol in der Soldatenbetreuung erbetet, in Frankreich und Österreich etwa ist der Seelsorger auch Offizier, in Deutschland Bundesbeamter auf Zeit, seine biblisch geschulten Erkenntnisse werden also vom Steuerzahler getragen.

Und wie es so oft ist, wenn Gott mitmischt: Die Soldaten hat man stets eher weniger befragt, von wem sie sich trösten und beraten lassen wollen. Monopole, hat man sie erst mal einreißen lassen, sind schwierig wieder loszuwerden. Außer in kleineren, geistig beweglichen Ländern wie etwa den Niederlanden. Dort ist man tatsächlich auf die naheliegende Idee gekommen, die Seelsorge aufzuschlüsseln nach den Bedürfnissen der zu Betreuenden. Nach einer Befragung der Soldaten gibt es dort jetzt immerhin 38 humanistische Seelsorger, je gut 50 Katholiken und Protestanten, sowie eine Handvoll Hindus, Juden, Muslime und Buddhisten.

Dass im dritten Jahrtausend zumindest ein bisschen Bewegung in der Sache ist, haben aktuell die Humanisten in Norwegen gefeiert: Erstmals hat eine von ihnen als Militärseelsorgerin ihren Dienst angetreten. Mit Humanistenmännchen am Revers ließ Ida Helene Henriksen sich gebührend feiern. Ihrem Jobantritt voraus ging eine zweijährige Erkundung des Militärseelsorgerkorps durch eine Beauftragte des norwegischen Humanistenverbands, Norunn Kosberg. In ihrem Abschlussbericht, der jetzt in Teilen an die Öffentlichkeit drang, hat sie einmal mehr energisch kritisiert, wie weit die Jobvergabe in der Militärseelsorge an den Geistern der zu Betreuenden vorbeigeht: In Norwegen werden die Stellen nach Mitgliedszahlen der jeweiligen Kirchen und Weltanschauungsorganisationen vergeben – obwohl nur jedes zweite Mitglied der norwegischen Kirche sich als "Christ" ansieht. Jeder siebte Norweger gehört überhaupt keiner weltanschaulichen Gemeinschaft an - und findet daher im Verteilungsschlüssel der Militärseelsorge auch gar nicht erst statt.

Glaubt man den Soldaten selbst, so sind die Norweger längst in der aufgeklärten Moderne angekommen: Ungefähr ein Viertel beschreibt sich in einer Umfrage als gläubig. Der große Rest empfindet sich als gar nicht oder nur sehr wenig religiös. Ob diese vielen hoffnungsvollen jungen Menschen, wenn man sie ihren Nichtglauben auch im Heer leben ließe, nun von der ewigen Verdammnis bedroht wären?

Norunn Kosberg jedenfalls hat viel erlebt in ihrer Zeit mit den Betmonopolisten. Von Priestern wurde sie etwa gefragt: "Was sollen die Säkularen mit Seelsorge - sie haben doch keine Seele?" Woran sich hier nun ein anregender philosophischer Exkurs anschließen könnte. Was denn "Seele" wohl bedeutet, und was ihre Bedürfnisse sind. Wir verzichten darauf, da wir im Hintergrund immer noch am Nachdenken sind: Haben Humanisten etwas im Militärdienst zu suchen? Oder sollten sie da doch mehr Vorbehalte haben als das organisierte Christentum in den letzten Jahrhunderten.