Islamunterricht an bayerischen Schulen beschlossen

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Muslimische Schülerinnnen und Schüler sollen in Bayern ab dem Herbst einen islamischen Religionsunterricht besuchen können. Damit gesellt sich im Freistaat ein weiteres Wahlpflichtfach zu den beiden christlichen Konfessionslehren und dem Fach Ethik. Über die Lehrpläne entscheidet jedoch der Staat.

An Schulen in Bayern soll islamischer Religionsunterricht künftig als Wahlfach unterrichtet werden. Das bayerische Kabinett überführte am Dienstag bei einem Konferenzbeschluss den bisherigen landesweiten Modellversuch in ein reguläres Schulfach zur islamischen Religionslehre.

An etwa 350 Schulen im Freistaat soll ab dem nächsten Schuljahr islamischer Religionsunterricht als Wahlpflichtfach eingeführt werden. Für Menschen muslimischen Glaubens soll es nach den Sommerferien möglich sein, alternativ zur christlichen Religionslehre sowie dem Fach Ethik islamischen Religionsunterricht zu besuchen. Bereits in den Modellversuchen erreichte die alternative zum Fach Ethik circa 16.000 muslimische Schüler. Dies stellt etwa ein Zehntel der in Bayern schulpflichtigen Muslime dar.

Die bayerische Integrationsbeauftragte Gudrun Brendel-Fischer (CSU) bezeichnete die Entscheidung für das Wahlpflichtfach als wichtigen Baustein der Integration und des friedlichen Miteinanders. Für die Integrationsbeauftragte stellt dieses neue Angebot ein wichtiges Signal an die muslimische Bevölkerung dar.

Im Unterschied zu den bereits vorhandenen konfessionellen Formen des Religionsunterrichts sollen über die Lehrinhalte nicht wie bei den christlichen Unterrichtsformen die jeweiligen Kirchen bestimmen, sondern der Staat. Dies ist der Fall, da es in Deutschland keinen einheitlichen Ansprechpartner gibt, welcher für alle Muslime sprechen könnte. Die bisher 100 Lehrkräfte, die für den islamischen Religionsunterricht ausgebildet worden sind, sind daher beim Freistaat angestellt.

Die Lehrkräfte für das Fach islamische Religionslehre sind angewiesen "im Geiste der Werteordnung des Grundgesetzes und der Bayerischen Verfassung" ihren Unterricht abzuhalten. Man erhofft sich dadurch unter anderem, fundamentalistischen Interpretationsweisen des Glaubens entgegenwirken zu können. Tatsächlich sollen den Schülern neben den Inhalten des Islams auch Werte wie die Religionsfreiheit vermittelt werden. Bei der Entwicklung des Lehrplans und seiner Inhalte soll auf die Kompetenz des wissenschaftlichen Beirats des Departments Islamisch-Religiöse Studien der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg zurückgegriffen worden sein.

Den bayerischen Grünen geht die nun geplante Umsetzung des islamischen Religionsunterrichtes jedoch nicht weit genug. Sie kritisieren, dass Islamverbänden keine Mitsprache bei der Lehrplanerstellung zukommt. Ihre bildungs- und religionspolitische Sprecherin Gabriele Triebel fordert daher einen echten islamischen Religionsunterricht nach dem Vorbild der christlichen Konfessionen (siehe Antrag im Anhang). Die Grünen streben die Einrichtung einer Stiftung namens "Islamischer Schulrat in Bayern" an, deren zugrundeliegender Vertrag eine Absprache mit islamischen Verbänden anstrebt und dadurch deren Einfluss auf den Lehrplan sichern soll. Viele solcher Verbände stehen jedoch in starker Kritik, sei es aufgrund ihrer Verbindung zu ausländischen Regierungen, wie bei Ditib, oder der generelle Verdacht, nicht verfassungskonforme Weltanschauungen zu vertreten.

Einem säkularen Staat stünde ein gemeinschaftliches Schulfach "Ethik" deutlich besser zu Gesicht

Einerseits lässt sich dieses gut gemeinte Anliegen des islamischen Religionsunterrichtes durchaus nachvollziehen, sollte es gelingen, tatsächlich theologische Wissensvermittlung in Einklang mit der Verfassung und einer aufgeklärten Werteordnung zu bringen, andererseits werden die muslimisch geprägten Schüler:innen dadurch dem Fach Ethik abhandenkommen, in dem eine religiös-konfessionell unabhängige Wertebildung angestrebt werden soll.

Aus aufgeklärter humanistischer Sicht stellt sich mit der Thematik des Religionsunterrichts an Schulen allerdings noch eine völlig andere, übergeordnete Frage: Sollte in einem eigentlich säkularen Staatswesen religiös-sektiererisch Theologie unterrichtet werden? Die Debatte um den islamischen Religionsunterricht hätte auch dazu dienen können, die bisherigen Religionsunterrichtsformen zu überdenken. Wie sinnvoll ist es, von staatlicher Seite gefördert Schülerinnen und Schülern potentiell unterschiedliche Wertevorstellungen und Weltanschauungen zu vermitteln, je nachdem in welcher religiösen Gemeinschaft sie aufgewachsen sind? Die Idee, dass in Schulen ein für alle verpflichtendes Fach Ethik den konfessionsgebundenen Religionsunterricht ablösen könnte, scheint im Freistaat Bayern nur wenigen gekommen zu sein.

Dort hätte man gemeinsam über Werte und Weltanschauungen debattieren und auf neutrale Weise über die verschiedenen Religionen informiert werden können. Dass Muslime in Anbetracht der Tatsache des christlichen Religionsunterrichts ebenfalls ein ordentliches Unterrichtsfach für ihre Religionsgemeinschaft fordern, ist verständlich. Dadurch könnte jedoch die Spaltung einer Gesellschaft eher vorangetrieben werden, als dass man sie beseitigt und eine Integration ermöglicht, gerade wenn der Lehrplan von Vertretern der jeweiligen Weltanschauung ausgearbeitet wird. Einem säkularen Staat stünde ein gemeinschaftliches Schulfach "Ethik" jedenfalls deutlich besser zu Gesicht.

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