Fälle bei Katholiken und Protestanten

Kirchliche Missbrauchsaufarbeitung in den USA

Die katholische Kirche muss in den USA die bisher größte Entschädigungssumme an Missbrauchsopfer zahlen. Auch bei den Protestanten nimmt die Aufklärung ähnlicher Fälle endlich Fahrt auf.

In den USA kam es zu etlichen Fällen des Missbrauchs und das nicht nur bei den Katholiken. Auch die größte protestantische Kirche des Landes ringt mit sich und der Aufklärung der Gräueltaten in den eigenen Reihen.

Die katholische Kirche in den USA muss die bisher höchste Geldstrafe ihrer Geschichte an die Missbrauchsopfer in der Diözese Camden zahlen. Die US-Gemeinde hat sich mit ihren über 300 geschädigten Klägern nun auf einen Vergleich in Höhe von 87,5 Millionen Dollar geeinigt. Damit handelt es sich um die höchste je festgesetzte Zahlung an Missbrauchsopfer in den USA. Sie liegt sogar rund 2,5 Millionen US-Dollar über dem Vergleich der Erzdiözese Boston aus dem Jahr 2003, wo das Rechercheteam "Spotlight" im Boston Globe erstmals Missbrauch in der katholischen Kirche aufgedeckt hatte.

Laut der Anwälte der Kläger könne jedes Opfer mit einer Entschädigung von 290.000 Dollar rechnen – eine Summe, von der Betroffene in Deutschland nur träumen können. Das Geld soll aus einem Treuhandfond geschöpft werden, welcher nach der noch ausstehenden gerichtlichen Bestätigung über vier Jahre lang die Schadensforderungen tilgen soll. Die Diözese und andere katholische Einrichtungen hätten für die Kosten des Fonds aufzukommen, heißt es.

Möglich gemacht wurde die derart hohe Entschädigungssumme dadurch, dass der Bundesstaat New Jersey vor zwei Jahren die Verjährungsfrist für zivilrechtliche Ansprüche erweitert hatte. Dadurch war es Missbrauchsopfern seitdem möglich, bis zu ihrem 55. Lebensjahr Klage einzulegen und ebenfalls mindestens bis zu sieben Jahre nach der Erkenntnis über den Schaden durch Missbrauch. Aufgrund der auf diese Weise plötzlich gestiegenen großen Zahl an rechtskräftigen Klagefällen musste die Diözese Camden schließlich Konkurs anmelden.

Missbrauch auch bei den Protestanten

Doch nicht nur in den katholischen Gemeinden der USA wurden Opfer missbraucht und belästigt. Noch steckt die Aufklärung etwa in der Southern Baptist Convention in den Kinderschuhen. Dort sind die Opfer von einem Vergleich oder einem Rechtsspruch noch weit entfernt. Die Southern Baptist Convention (SBC) ist die größte Protestantische Gemeinde der USA mit geschätzt 14 Millionen Mitgliedern verteilt auf 47.000 baptistische Gemeinden.

Unabhängige Recherchen haben gezeigt, dass führende Geistliche Vorwürfe der sexuellen Misshandlung nicht ernst nahmen und sogar versucht haben sollen, Opfer einzuschüchtern. Außerdem sollen sich die Verantwortlichen über mittlerweile zwei Jahrzehnte geweigert haben, Reformen umzusetzen.

Seit 2007 haben sich bereits hunderte Opfer gemeldet, wobei immer noch von einer deutlich höheren Dunkelziffer ausgegangen wird. Das "Executive Committee" der SBC hatte lange mit sich gerungen, bevor es das Privatunternehmen "Guidepost Solutions LLC" mit der Aufklärung der Missbrauchsfälle beauftragte. Insgesamt wurden seitdem über 330 Menschen interviewt, 22 davon sollen Täter gewesen sein. Außerdem wurden mehr als 5 Terrabyte an Daten durchsucht, darunter auch etliche Emailverläufe zwischen dem "Executive Committee" und den Opfern.

Dabei kamen Fälle wie dieser ans Tageslicht: Einem Opfer, das sich aufgrund einer Vergewaltigung bei der SBC gemeldet hatte, wurde lediglich mitgeteilt, dass die unmittelbare Kirchengemeinde des Opfers autonom sei und man nur für es beten könne.

Weitere Opfer berichteten von Anfeindungen aus ihren Gemeinden, nachdem sie mit ihren Vorwürfen an die Öffentlichkeit getreten waren. Eine Schwangere wurde dazu gedrängt, nicht den Gemeindepfarrer als ihren Vergewaltiger und Vater ihres Kindes zu benennen, um Unheil von der Kirche abzuwenden. Stattdessen wurde sie aufgefordert Buße zu tun, um sich von der Sünde des vorehelichen Geschlechtsverkehrs reinzuwaschen.

Mittlerweile gibt die Southern Baptist Convention ihr Mitwissen und die Vertuschungsversuche zu und will weitere Aufklärung leisten. Daher ist es möglich, dass nun noch mehr Fälle ans Licht kommen.

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