Kunst kommt von Probieren

Kakadus fertigen sich Werkzeuge

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Goffin-Kakadu fertig sich Werkzeuge aus Pappe an - Phase 1
Goffin-Kakadu fertig sich Werkzeuge aus Pappe an

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Goffin-Kakadu fertig sich Werkzeuge aus Pappe an - Phase 2
Goffin-Kakadu fertig sich Werkzeuge aus Pappe an

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Goffin-Kakadu fertig sich Werkzeuge aus Pappe an und angelt erfolgreich nach einer Nuss
Goffin-Kakadu fertig sich Werkzeuge aus Pappe an

Goffin-Kakadus können nicht nur Werkzeuge benutzen, um an einen Leckerbissen heranzukommen. Sie können sie sich auch selbst herstellen. Dazu setzen sie nicht Instinkt ein, schauen es auch nicht voneinander ab, sondern entwickeln wahren Erfindergeist. Das fand man am Veterinärmedizinischen Institut Wien heraus. Parallelversuche wurden in der Universität Oxford gemacht.

Figaro war Alice M.I. Auersperg schon mehrmals damit aufgefallen, dass er von einem Stück Lärchenholz einen Splitter abspaltete, um anschließend damit nach Futter zu angeln. Schließlich begannen sie und ihre Kollegen erst ihn, dann drei weiteren Artgenossen systematischer Tests zu unterziehen. Figaro absolvierte sie bravourös.

Nicht nur aus dem Holz biss er sich die passenden Instrumente heraus, um damit durch in Loch nach einer Cashew-Nuss in einem Glaskasten zu angeln, die richtig angestupst dann an der unteren Leiste herauskullerte. Auch Zweige biss er sich zurecht, indem er Blätter und störende Nebenzweige entfernte.

In ein Stück Pappkarton stanzte er mit dem Schnabel zunächst am Rand eine Reihe Löcher, wie um ein Schnittmuster anzufertigen, um anschließend von Loch zu Loch einen genau passenden Streifen herauszutrennen. Dazu musste er einen Plan, ein Bild von dem, was er herstellen wollte, im Kopf haben. Bei einem Stück Bienenwachs erkannte er nach ein paar Schnabelhieben schnell, dass damit nichts anzufangen war.

Von seinen Artgenossen Kiwi, Pipin und Doolittle erwies sich nur einer, Doolittle, als fast so erfolgreich. Den anderen gerieten die Werkzeuge öfter zu kurz beziehungsweise die Vögel fanden nicht viel Spaß an den Versuchen. Pipin und Kiwi wussten mit dem Karton gar nichts anzufangen, Pipin auch nicht mit dem Lärchenholz. Bei den Erfolgreichen stieg die Einsatzbereitschaft und das Geschick im Laufe der Versuchsreihe dagegen umso mehr.

Goffin-Kakadus bauen keine Nester, sie brüten in Baumhöhlen, die sie auch nicht auspolstern. So kann das Potential, sich Holzspäne oder Äste zweckdienlich zurecht zu schneidern, weder instinktiv noch von den Artgenossen abgeguckt sein. Die Fähigkeit, sich Pappe zurecht zu rupfen, hat man in Gefangenschaft bisher lediglich gelegentlich bei Turteltauben beobachtet. Allein Neukaledonische Krähen sind bekannt dafür, dass sie sich aus Blattspreiten einer bestimmten Pflanzenart „Pinzetten“ basteln, um mit ihnen in Baumrinden nach Maden zu fischen, und dafür diese Blattspreiten regelrecht aus den Blättern heraussägen. Diese Fertigkeit wird freilich vererbt.

Der jetzt bei den Kakadus beobachtete kreative Umgang mit verschiedenen Materialien zur Werkzeugherstellung kann dagegen nur auf den je unterschiedlich stark ausfallenden Erfindergeist der einzelnen geflügelten Tüftler beruhen - was man sonst nur Primaten zutraute. Dabei bewiesen diese Kakadus das Materialgefühl eines echten Künstlers.