Seit Jahren protestieren säkulare Aktivisten in Deutschland gegen die staatlich verordnete Stille an christlichen Feiertagen, indem sie am Karfreitag den Film "Das Leben des Brian" zeigen, dessen öffentliche Vorführung an diesem Tag eigentlich verboten ist. Bei der diesjährigen Brian-Aufführung der gbs-Regionalgruppe Unterfranken in Würzburg wird es nun erstmals ein ganz besonderes Rahmenprogramm geben: Christen haben eine Anti-Brian-Gebets-Mahnwache vor dem Veranstaltungsort angekündigt.
Als der Film "Das Leben des Brian" der britischen Comedy-Truppe Monty Python 1979 in die Kinos kam, brachte er die Gemüter religiöser Sittenwächter zum Kochen. Man versuchte, den vorgeblich blasphemischen Film verbieten zu lassen und protestierte vor Kinos. Dass sich heute, mehr als vier Jahrzehnte später, religiöse Eiferer bemüßigt fühlen, noch immer gegen die Aufführung des Films zu demonstrieren, grenzt eigentlich schon fast an ein Wunder. Doch dieses ganz spezielle Osterwunder wird in diesem Jahr wohl tatsächlich wahr werden: Am morgigen Karfreitag in Würzburg.
Nachdem die Regionalgruppe der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) Unterfranken angekündigt hatte, dass sie am Karfreitag um 20:15 Uhr in der Posthalle Würzburg "Das Leben des Brian" zeigen und anschließend ab 22 Uhr eine "Heidenspaßparty" feiern würde, rief dies einen in der Stadt einschlägig bekannten Christen auf den Plan.
Martin Dobat, Betreiber der obskuren Webseite cafe-milchladen.de, auf der fundamentalistisch-christliche Inhalte dargeboten werden, rief angesichts der bevorstehenden vermeintlich gotteslästerlichen Veranstaltung zur "Mahnwache zur Ehre Gottes" auf:
"'Heidenspaßparty' – Für die Kirchen ist dieser Tag nur noch Tradition, da braucht es auch keine 'stillen Tage' mehr. An das Sühneopfer Jesu glauben die Kirchen auch größtenteils nicht mehr – also viel 'heiße Luft'. Was jedoch viel dramatischer ist, dass diese Veranstaltung den allmächtigen Gott lästert, der seinen Sohn für die Menschen in die Welt gesandt hat, um sie zu retten. Auch der Film 'Das Leben des Brian', veralbert und lästert Gott. So wollen 'Heiden' ihren Spaß haben, den Tod Jesu veralbern und damit wissen sie nicht, was sie tun – denn Gott lässt sich nicht spotten. 'Irret euch nicht! Gott lässt sich nicht spotten. Denn was der Mensch sät, das wird er auch ernten' (Gal. 6,7). Aber auch die Stadt Würzburg erkennt den Ernst der Situation nicht, weil sie diese Veranstaltung wohlwollend genehmigen und prüfen will. Um so bedauerlicher, dass selbst die 'Botschafter' an Jesu Statt in Würzburg schweigen! Eine gefährliche Party!"
Die gbs-Regionalgruppe Unterfranken nahm die Ankündigung mit Humor und erklärte auf ihrer Facebook-Seite: "Stolz verkünden wir, dass wir unsere Veranstaltung am Karfreitag weiter aufwerten konnten. Viele GBS-Regionalgruppen zeigen an diesem Tag 'Das Leben des Brian'. Aber wir sind die einzige Film-Vorführung in Deutschland mit eigener Gebetsmahnwache."
Als höfliche Säkulare dankten sie selbstverständlich auch dem Veranstalter der Mahnwache:
"Sehr geehrter Herr Dobat,
herzlichen Dank für die kostenlose Werbung auf Ihrer Seite 'cafe-milchladen.de' für unsere Vorführung des Films 'Das Leben des Brian'. Nachdem Sie so freundlich auf unsere Veranstaltung aufmerksam gemacht haben, wollen auch wir Ihr launiges Satireprojekt unterstützen. Daher haben wir unsere Bewerbung angepasst: 'Update – Deutschlands einzige Filmvorführung mit christlicher Gebetsmahnwache (17-22 Uhr)'. Die Bilddatei dazu haben wir Ihnen im Anhang zur Verfügung gestellt. Gerne dürfen Sie sie nutzen, um unsere 'gemeinsame' Veranstaltung noch bekannter zu machen. Für die bisher schon wunderprächtige Kooperation danken wir Ihnen herzlich! Wir bitten aber darum, unsere Besucherinnen und Besucher nicht zu bedrängen und auf antisemitische Hetzpropaganda (vgl. https://www.wuerzburgerleben.de/2013/08/09/der-holocaust-als-strafe-fuer...) zu verzichten. In beiden Fällen müssten wir Ihre Veranstaltung polizeilich melden. Sollten Sie sich daran halten, wünschen wir Ihnen für Ihre Wahnmache* viel Erfolg.
Mit ironischen Grüßen, Ihre GBS Unterfranken
*Sollten wir irgendwo die Wechstaben verbuchselt haben, bitten wir um Entschuldigung."
In einer Presseaussendung wies die gbs Unterfranken darauf hin, dass sich die Gebetsmahnwache ausdrücklich gegen den Film richte und nicht gegen die Party. Entsprechend ende die Mahnwache um 22 Uhr, wenn die Party beginne. Auch die mahnenden Christen hätten im Anschluss an ihre Gebete also noch reichlich Gelegenheit, Heidenspaß zu haben …
9 Kommentare
Kommentare
Udo Endruscheit am Permanenter Link
Zitat Dobat:
"An das Sühneopfer Jesu glauben die Kirchen auch größtenteils nicht mehr – also viel 'heiße Luft'. Was jedoch viel dramatischer ist, dass diese Veranstaltung den allmächtigen Gott lästert, der seinen Sohn für die Menschen in die Welt gesandt hat, um sie zu retten."
Finde nur ich das selbstwidersprüchlich? Wenn Herr Dobat den Glaubensverfall derart bei den Kirchen verortet, müsste er doch vor denen Begetswahnmachen abhalten und nicht bei der Filmvorführung, die doch eigentlich nach seiner Erkenntnis nur ein sekundärer Effekt dessen ist, dass die Kirchen selbst von der Auferstehungsbotschaft Abstand genommen haben. Was dann doch wohl die größere Gotteslästerung ist? Sicher ist Herr Dobat dann auch längst nicht mehr Mitglied einer der Großkirchen ...
Wolfgang am Permanenter Link
Mittlerweile ist das Leben des Brian im Theater Hildesheim angekommen, was war das für ein mühsamer Weg! Gottseidank!!
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Wenn dieser "Gott" doch allmächtig ist, warum kommt er dann nicht und verbietet persönlich derartige Veranstaltungen, warum muss dies von Menschen gemacht werden,
nur in den Köpfen der Profitöre des Glaubens? denkt doch mal darüber nach liebe Gläubige und lasst die Menschen, welche nicht an ein erachtet Wesen glauben wollen in Ruhe.
Roland Weber am Permanenter Link
Das „Gotteslästerliche“ ist nur, dass in dem Film mehr realistische Ansätze zu sehen sind, als in zig Filmschinken aus der Glaubensecke:
1. Tatsächlich fühlten sich im Judentum stets viele als Propheten berufen, den richtigen jüdischen Glauben zu verkünden.
2. Die Römer oder gar ein Pilatus hätten sich nie als Vollstrecker jüdischer Religionsstreitigkeiten missbrauchen lassen. Was ein Jesus nach den Texten sagte, war durchaus – und eben von den Autoren auch genau so gewollt – ganz im römischen Sinne (Steuern zahlen; Gehormsam gegen Obrigkeit)
3. Niemals wurde in der römischen Geschichte über einem Gekreuzigten eine Tafel mit der Inschrift seines „Verbrechens“ angebracht – das aus mehreren Gründen nicht (Anzahl; Aufwand; Abschreckung ohne Vorwurf noch bedrohlicher; etc.)
4. Es wurde auch kaum an einem sauber zugeschnittenen Kreuz gekreuzigt, sondern der obere Teil wurde auf einen Stamm mit dem Gekreuzigten eingehängt. (Kreuzschleppen entfällt; allenfalls der Querbalken wurde getragen)
5. Wer da hing, hing nackt! - Deshalb ist auch eine Frauengruppe unter dem Kreuz sehr unglaubhaft (Johannes!)
6. In der Regel kreuzigte man in Gruppen! Auch das sehr realistisch (wenn man mal von den Wortbeiträgen und sonstigem Klamauk im Film absieht). Auch ein angeblicher Jesus hatte zwei Leidensgenossen neben sich. Wer waren denn diese? Und warum hingen da keine Jünger, wie es bei Unruhestiftern samt erkennbarem Anhang doch so üblich gewesen wäre?
7. Wer da hing durfte auch nicht beerdigt werden – auch das gehörte zur Strafe.
8. Schon gar nicht wurde genagelt! (Eisen viel zu kostbar!)
Und das sieht man bei Brian eben realistisch: Es genügte, einfach Seile um die ausgestreckten Arme zu winkeln um den Kandidaten zu fixieren.
9. Es dauerte in der Regel deutlich mehr als drei oder sechs Stunden bis der Gekreuzigte starb. Dann auch nicht an Blutverlust, sondern durch Ersticken.
10. Durch die Handflächen geschlagene Nägel halten nicht das Gewicht eines Normalgewichtigen. Sie würden ausreißen.
11. Mit theologisch-atheistischem Ernst: Ein Überzeugungstäter, der im Prozess schweigt, überzeugt wohl kaum! - Aber die Geschichte musste und konnte nur so gelöst werden!
Das alles macht es für einen Kenner der Evangelien so amüsant/unterhaltsam, diesen Film anzuschauen. Der kleine Seitenhieb mit dem römischen Vater hat auch etwas Amüsantes, da viele Forscher hier eine reale historische Spur sehen.
Aufs Ganze gesehen: Ein antiquierter Streit um Propagandistisch-Literarisches, und nicht um Historisches oder gar Wahres – weder im Film noch in der Vorlage!
Stefan Dewald am Permanenter Link
WOW! Sogar eine Doppelveranstaltung zusammen mit einer Betorgie.
Rene Goeckel am Permanenter Link
Tanzverbot unter Strafandrohung ist im Prinzip das gleiche wie ein Kopftuchgebot unter Strafandrohung für Frauen. Beides entspringt einem dunklen Geist.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Ja, richtig, entspringt dem selben Geist und der selben Unterdrückungsmasche wie in allen Religionen.
Lila Farfalla am Permanenter Link
"Wahnmache" - Made my day :-)
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Kommt da noch ein Update, wie "erfolgreich" die Wahnmache war? Bekam der liebe Herr Dobat einen Orden von seinem himmlischen Vater oder ließ er sich auf sein Ableben vertrösten?
Oder traut er sich nicht, hinzusehen, wenn der Junge aus der Nachbarkrippe sein Evangelium als das entlarvt, wenn es ist: eine im Kern alberne, aber politisch gewollte Verwechslungskomödie.
An Karfreitag erblickte ich übrigens ein echtes Osterwunder. In grollenden Wolken erschien ein himmlischer Zauber, ein farbiges Flackern, welches mir verriet, dass Gott daselbst gerade "Das Leben des Brain" schaute. In 8K, die Kopfhörer über seinen Lauschern, einen Caffé Americano in der Hand, die Füße schön hochgelegt...