Kirchliches Vermögen – soll sich der Staat da raushalten?

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Man könnte sagen: Soll die Kirche mit ihrem Geld doch machen, was sie will. Aber die Einnahmen der Kirchen stammen ja nicht nur aus Mitteln der Kirchensteuer. Sondern es geht auch um Geld, das die öffentliche Hand und damit jeder Steuerzahler aufbringt.

Eigentlich sind sich die Parteien im nordrhein-westfälischen Landtag im Grundsatz einig: Wie die Kirchen ihr Vermögen verwalten, ist ihre Sache. Es gelte schließlich das Prinzip der Trennung von Staat und Kirche und das kirchliche Selbstbestimmungsrecht nach Artikel 140 Grundgesetz in Verbindung mit Artikel 137 der Weimarer Reichsverfassung. Darum soll auch ein mittlerweile 100 Jahre altes Landesgesetz über die Verwaltung des katholischen Kirchenvermögens aufgehoben werden, um die Sache danach ganz in die Hände der Bistümer zu legen, die ein innerkirchliches Gesetz erlassen, in dem sie ihre Vermögensverwaltung und deren Organisation regeln.

Und doch ruckelt es. Kritiker warnen davor, staatliche Kontrollmöglichkeiten aufzugeben. Kontrollen bei Finanzfragen, die angesichts hoher Vermögenswerte der Kirchen durchaus große Auswirkungen haben können. Das noch geltende 100 Jahre alte staatliche Gesetz regelt zum Beispiel, dass der Kirchenvorstand (bestehend aus Pfarrer und gewählten Mitgliedern) das Vermögen der Kirchengemeinde verwaltet. Und wenn es Streit gibt, kann das Oberverwaltungsgericht angerufen werden. Doch weltliche Instanzen hätten nichts mehr zu melden, wenn die Materie ganz in die Hände der Kirchen gelegt würde.

So heißt es denn auch warnend in einer Online-Petition unter der Überschrift "Machtmissbrauch über Finanzen der Kirchengemeinden in NRW verhindern":

"Die Macht der Bistumsspitzen wird durch das neue Gesetz noch größer. Zum Beispiel können sie flexibler als bisher die Um- und Neugestaltung von Kirchengemeinden vornehmen. Es fehlt ein unabhängiges Gremium, dass diese große Macht kontrolliert. …Es fehlt außerdem die Möglichkeit des Rechtsweges über Verwaltungsgerichte…Die Abgeordneten im Landtag NRW dürfen dieses Gesetz nicht zulassen. Das Gesetz soll auch den rechtlichen Rahmen bilden für Entscheidungen über kirchliche KiTas, Krankenhäuser, Pflegeheime etc, also soziale Einrichtungen, die für alle Bürger wichtig sind, nicht nur für Kirchenmitglieder. Es kann nicht sein, dass Entscheidungen darüber ohne eine unabhängige Kontrolle bestimmt werden und allein in der Hand von kaum mehr als einem Dutzend hochrangiger Priester liegt, also der Führungsspitzen der fünf Bistümer in NRW. Mit dem Gesetz in dieser Form droht ein weiterer Missbrauch von Macht, und zwar Macht über das Geld der Gläubigen. Die Kirche lernt nicht aus den Skandalen."

Das spielt an auf das verschwenderische Finanzgebaren des einstigen Bischofs von Limburg, Franz-Peter Tebartz-van-Elst, der vor mehr als zehn Jahren mit dem Neubau des Bischofshauses samt prunkvoller Ausstattung für viel Unmut gesorgt hatte. Der einst von den Medien als "Protzbischof" titulierte Mann wurde aus der Schusslinie genommen und arbeitet mittlerweile hinter den dicken Mauern des Vatikan.

Macht doch mit eurem Geld, was ihr wollt?

Nun könnte man sagen: Soll die Kirche mit ihrem Geld doch machen, was sie will. Aber die Einnahmen der Kirchen stammen ja nicht nur aus Mitteln der (mit staatlicher Hilfe eingezogenen) Kirchensteuer. Sondern es geht auch um Geld, das die öffentliche Hand und damit jeder Steuerzahler aufbringt – egal, ob gläubig oder nicht: Fördermittel und Zuschüsse der öffentlichen Hand, die leidigen Staatsleistungen und auch die sogenannten negativen Staatsleistungen, die ja auch das Vermögen der Kirchen mehren: die Befreiung von diversen Steuern und Gebühren. Auch sind die Kirchen Körperschaften des öffentlichen Rechts. All dies spricht durchaus dagegen, dass der Staat einfach wegguckt und sagt: Macht doch mit eurem Geld, was ihr wollt.

Günter Winands, ein früherer Staatssekretär in der nordrhein-westfälischen Landesregierung, warnt den NRW-Landtag, das bisher geltende Gesetz wegen Eingriffs in das kirchliche Selbstbestimmungsrecht für verfassungswidrig und damit nichtig zu erklären. In einer Stellungnahme für das Düsseldorfer Parlament nimmt Winands zwar auch Bezug darauf, dass andere Bundesländer entsprechende Aufhebungsgesetze mit Blick auf das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen längst vollzogen haben.

Er betont jedoch mit Blick auf den Rückzug des NRW-Gesetzgebers: "Der vorliegende Gesetzentwurf enthält – anders als etwa das Aufhebungsgesetz in Hessen – keine Bestimmung über die Verankerung eines staatlichen Prüfungsrechts, ob die katholischen Kirchengemeinden nach den künftigen kirchlichen Vermögensverwaltungsgesetzen als Körperschaften des öffentlichen Rechts eine hinreichende ordnungsgemäße Vertretung aufweisen. Diese Prüfungsnotwendigkeit folgt aus dem Gebot der Rechtssicherheit als wesentliches Element des in Art 20 Abs. 3 GG verankerten und damit eine zulässige Schranke des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts darstellenden Rechtsstaatsprinzips."

Winands weiter: "Die Verabschiedung des Aufhebungsgesetzes kann deshalb erst erfolgen, wenn eine geänderte Mitwirkungsvereinbarung und ein dieses Änderungsabkommen bestätigender Gesetzentwurf verabschiedet wird, der zeitgleich mit dem Aufhebungsgesetz in Kraft tritt. Ohne die zeitgleiche gesetzliche Verankerung eines staatlichen Prüfungsrechts ist das Aufhebungsgesetz wegen Verstoßes gegen das Rechtsstaatsprinzip verfassungswidrig."

In der Sitzung des Hauptausschusses des nordrhein-westfälischen Landtags kam auch zum Vorschein, dass die Politik der katholischen Kirche generell nicht so recht über den Weg traut. So sagte laut Ausschussprotokoll der SPD-Abgeordnete Sven Wolf unter Bezug auf "kritische Stimmen von Gläubigen aus Köln", die Politik dürfe bei ihrer Auseinandersetzung mit dem Thema Vermögensverwaltungsgesetz die im kirchlichen beziehungsweise gesellschaftlichen Raum derzeit geführten Diskussionen nicht totschweigen. Es gehe dabei auch um den für viele Katholiken nur schwer zu ertragenden massiven Streit im Erzbistum Köln und das Hauptproblem in Gestalt des Erzbischofs Rainer Maria Woelki. Dieser agiere autokratisch, halte sich nicht an Regeln und genieße unter den Gläubigen kein Vertrauen mehr, wie der damalige SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Kutschaty in einem Beitrag in der Rheinischen Post vom 21. Februar 2022 auf den Punkt gebracht habe. Aktuell versuche Kardinal Woelki, das Konkordat mit der von ihm vorangetriebenen Kölner Hochschule für Katholische Theologie auszuhebeln – dies stelle einen Vertragsbruch dar.„“

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