Kommentar

Macht den Feminismus wieder groß!

04_still_loving_feminism.jpg

"Make Feminism Great Again" – so lautet der Slogan einer T-Shirt-Kampagne der Frauenzeitschrift EMMA. Eine überaus notwendige Forderung, findet die stellvertretende hpd-Chefredakteurin Daniela Wakonigg.

"Feminismus, Frauenrechte – wozu noch dieses ganze Theater, Frauen sind doch längst gleichberechtigt!" – Ein Spruch, der vor allem rund um den Internationalen Frauentag immer wieder zu hören ist. Die Antwort darauf lautet zu Recht, dass es trotz Gleichberechtigung an der realen Gleichstellung ganz schön hapert. Noch immer erhalten Frauen weniger Lohn als Männer für die gleiche Arbeit, noch immer leisten vor allem Frauen Erziehungsarbeit, noch immer gibt es in Führungsetagen mehr Männer als Frauen und noch immer werden vor allem Frauen Opfer von sexueller Belästigung und Gewalt – um nur einige der üblichen Probleme zu nennen, mit denen Frauen im Laufe ihrer Biografie zwangsläufig konfrontiert werden.

Das alles wäre allein schon Grund genug, Feminismus nicht in die Mottenkiste der Geschichte zu verbannen. Doch gerade in letzter Zeit gibt es weitere besorgniserregende Entwicklungen, die es geradezu notwendig machen, Feminismus zu neuer Größe aufleben zu lassen.

Wie sehr Frauenrechte wieder unter Beschuss sind, zeigt sich derzeit an einem zentralen Thema der Frauenrechtsbewegung: Dem Recht auf Abtreibung. Durch religiöse Hardliner weltweit wird in den vergangenen Jahren jegliche Möglichkeit des legalen Schwangerschaftsabbruchs immer häufiger in Frage gestellt. Auch in Deutschland blasen religiöse Abtreibungsgegner zum Sturm. Ihnen ist nicht genug, dass §218 StGB Abtreibungen grundsätzlich verbietet und nur unter bestimmten, Frauen bevormundenden Bedingungen, straffrei lässt. Abtreibungsgegner – und übrigens auch Abtreibungsgegnerinnen – demonstrieren vor Arztpraxen, in denen Abtreibungen vorgenommen werden, und nutzen neuerdings erfolgreich einen Paragrafen des Strafgesetzbuchs, der Öffentlichkeit und Gerichte bisher eher selten beschäftigt hat: §219a StGB, der besagt, dass ein Arzt oder eine Ärztin bereits dann verboten handelt, wenn zum Beispiel auf der eigenen Homepage öffentlich bekannt gemacht wird, dass er oder sie Abtreibungen vornimmt. Jüngst führte eine Anzeige nach §219a zum ersten Mal tatsächlich zu einer Verurteilung. Was das Abtreibungsrecht angeht, ist es also aktuell dringend nötig, wieder die lila Latzhose aus dem Schrank zu kramen, Abtreibungsgegnerinnen den Kampf anzusagen und Feminismus wieder groß zu machen.

Viel größer müssten die feministischen Bestrebungen hierzulande auch bei einem anderen Thema sein: Dem Einsatz für Frauenrechte in muslimischen Ländern und Gemeinschaften. Doch während hierzulande der Kampf um die Abtreibungsgesetzgebung gegen christlich-religiöse Hardliner in fast allen linken politischen Kreisen Rückhalt erfährt, geben sich dieselben Kreise höchst bedeckt, was die Parteinahme in punkto Frauenrechte gegen islamisch-religiöse Hardliner betrifft. Aus Angst eventuell für rassistisch gehalten zu werden, wird die Geringsetzung und Entrechtung der Frau im Islam durch die rosa Brille des Kulturrelativismus betrachtet. Für Frauen in muslimischen Ländern, die versuchen, sich aus der Unterdrückungssituation zu befreien, und denen bereits beim Abnehmen des zwangsweise verordneten Schleiers Gefängnisstrafen drohen, ein Schlag ins Gesicht. Ebenso übrigens für Frauen in Deutschland mit muslimischem Background, die versuchen, sich von ihrer Herkunfts-Community zu emanzipieren.

Was diesen Punkt betrifft, wäre es also auch unter Linken mehr als angebracht, den Feminismus größer zu schreiben. Wer sich gegen patriarchale Unterdrückungsstrukturen in der eigenen Kultur ausspricht, sollte für diese auch in anderen Kulturen nicht blind sein. Nicht weil es ums Prinzip geht, sondern weil es um Menschen geht, die unter diesen Strukturen leiden.