Rede zum 10-jährigen Jubiläum des hpd am 26.10.2016

Eine Stimme für den säkularen Humanismus

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Mit einer kleinen Festveranstaltung wurde gestern das 10-jährige Jubiläum des Humanistischen Pressedienstes begangen. Der hpd dokumentiert hier die Rede des Präsidenten des Trägervereins.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Freundinnen, liebe Freunde,

der Humanistische Pressedienst wird nur einmal 10 Jahre alt. Und deshalb ist es mir eine besondere Freude, Sie anlässlich dieses Jubiläums hier herzlich begrüßen zu dürfen. Insbesondere freue ich mich, dass Herbert Steffen und Michael Schmidt-Salomon , Gründungsmitglieder des hpd, gekommen sind.

Wer, weil ein Festprogramm es so vorsieht, eine Rede hält, kommt meist nicht mit leeren Händen. Zumindest erwartet man von ihm ein zum Anlass passendes Zitat. Bei der Suche danach bin ich ein bisschen erschrocken, als ich auf folgenden Ausspruch des französischen Dichters Joseph Roux stieß. Es lautet wie folgt:“Ein gutes Zitat ist wie ein Diamant am Finger eines geistreichen Menschen und ein Pflasterstein in der Hand eines Narren.“ Sie werden verstehen, dass ich an diesem Abend nicht mit Pflastersteinen werfen wollte.

Die Vergangenheit, verehrte Gäste, ist sicher, weil sie nicht mehr geändert werden kann. Aber sicher wissen wir von der Vergangenheit oft genau so wenig wie von der Zukunft. Deshalb sei mir ein Blick zurück auf die Historie des hpd gestattet.

Am 20. Oktober 2006 wurde auf einer Pressekonferenz im Roten Rathaus der Humanistische Pressedienst offiziell der Öffentlichkeit vorgestellt. Carsten Frerk, der erste hpd-Chefredakteur, erklärte damals, der hpd wolle dem säkularen Humanismus in Deutschland eine Stimme geben. Mit dem hpd werde eine zentrale mediale Anlaufstelle für die Öffentlichkeit geschaffen, die aus erster Hand über humanistische Positionen und Aktivitäten informiert. Heute, zehn Jahre später, können wir voller Stolz sagen: Mit dem hpd wurde ein Meilenstein in der Geschichte des säkularen Humanismus in Deutschland geschaffen.

Mit der Gründung des Pressedienstes gingen die beteiligten Akteure – neben der Giordano-Bruno-Stiftung und dem Humanistischen Verband Deutschlands einige Einzelpersonen – ein nicht unerhebliches Wagnis ein. Und das aus zwei Gründen.

Rund 25 Millionen Menschen in Deutschland, knapp ein Drittel der Bevölkerung, gehören keiner Religionsgemeinschaft an. Die große Mehrheit von ihnen ist nicht religiös und teilt eine humanistische Lebensauffassung. Gesellschaftlich ist diese Gruppe weitgehend anerkannt. Laut einer aktuellen repräsentativen Umfrage im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes vom November 2015 denkt die überwiegende Mehrheit der Deutschen sehr positiv (31%) oder eher positiv (57%) über die Konfessionsfreien. Nur etwa jeder zehnte hat ein negatives Bild. Das gilt selbst für die Teilgruppe der Mitglieder der beiden christlichen Kirchen, die zu 84% eine eher positive oder sehr positive Einstellung haben. Diese bejahende Zustimmung kann allerdings nicht darüber hinweg täuschen, dass es an der politischen Anerkennung und Einbeziehung dieses Teils der Bevölkerung weitgehend fehlt. Tatsächlich sind vor allem die christliche Religion und die traditionellen Kirchen stark privilegiert. Die Liste der Diskriminierungen und Benachteiligungen der nichtreligiösen Menschen reicht von der Dominanz kirchlicher Trägerschaften bei den Kitas über die Privilegierung christlicher Verkündigungssendungen in den öffentlich-rechtlichen Medien bis zur Ablehnung humanistischer Berater in der Bundeswehr.

Die Frage stand 2006 im Raum: Wie kann man angesichts dieser gesellschaftlichen und politischen Realität der schweigenden Mehrheit der Konfessionsfreien eine Stimme geben? Und mit einem weiteren Problem mussten sich die Gründer des Humanistischen Pressedienstes auseinandersetzten, nämlich wie die unterschiedlichen Positionen und die diversen Informationskanäle der säkularen Organisationen in einer neuartigen Plattform zu berücksichtigen sind, gleichen doch die Vereine, Verbände und Stiftungen einer zerklüfteten Landschaft. Der hpd sollte journalistischer Aufklärer sein, der da hin geht, wo es weh tut. Er sollte unabhängig , gemeinnützig und investigativ sein, der Gesellschaft verpflichtet, nicht einzelnen Interessen. Und Geldgeber sollten unter keinen Umständen Einfluss auf redaktionelle Inhalte, Recherchen oder jedwede andere Entscheidungen der Redaktion und ihrer Autoren haben.

Ich denke, das Wagnis von 2006 einzugehen, hat sich gelohnt. Der Humanistische Pressedienst hat sich mittlerweile zum wichtigsten Informationsmedium des säkularen Spektrums in der Bundesrepublik, in Österreich und der Schweiz entwickelt. Ein paar Zahlen aus den Jahresstatistik können dies verdeutlichen: Zählte der hpd nach seinem Start im Jahr 2007 gut 500.000 Besucher, jährlich, so stieg die Zahl in 2015 auf fast 1 Million User. Die Anzahl der Nutzer ist gegenüber dem Vorjahr bereits am Ende des 3. Quartals 2016 überschritten worden. Lag die Zahl der Seitenaufrufe 2015 bei 2,3 Millionen, so waren es Ende September 2016 schon fast 1,9 Millionen. Die Reichweite des hpd, verehrte Gäste, hat enorm zugenommen. So hat die Facebook-Seite des hpd aktuell 10.428 Fans. Einige Artikel erreichen bei Facebook mehr als 100.000 Leser. Auch bei Twitter hat sich die Zahl der Follower auf über 3.000 erhöht. Mit einem gewissen Stolz kann der Humanistische Pressedienst registrieren, dass er von der Bildzeitung über die Zeit bis hin zur Katholischen Nachrichtenagentur zitiert wird. Vor vier Wochen nahm Jan Böhmermann den hpd-Artikel über die Abschaffung des Religionsunterrichts in Luxemburg zum Anlass, darüber bei Twitter zu schreiben. Dieser Tweet und seine Reaktionen führten an diesem und dem Folgetag zu einem massiven Anstieg auf über 40.000 Seitenaufrufe beim hpd. Genug der Zahlen, machen doch Stärke und Glaubwürdigkeit des hpd zuvorderst die rund 35 Autorinnen und Autoren des Online-Portals aus, die monatlich über 80 Artikel liefern.

Natürlich ging der hpd im ersten Jahrzehnt auch Pfade, die unvorhergesehen und steinig waren; es gab Talsohlen und Krisen. Heftigen Streit gab es beispielsweise im März 2008, als die hpd-Redaktion den Anti-Islam-Film "Fitna" des niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders verlinkte. Kritisiert wurde, dass der Film die Grenze der freien Meinungsäußerung überschreite und zu Hass anstifte. Aus den Fehlern der Vergangenheit wurden die richtigen Konsequenzen hinsichtlich inhaltlicher Klarheit und dialogischer Ausrichtung gezogen.

Was macht, verehrte Damen und Herren, die Identität, das Unverwechselbare, das Charakteristische des hpd aus? Das Logo? Die Größe und Farbe des Schriftzuges? Der Aufbau der Website? Die Einrichtung der Redaktionsräume? Das alles und noch mancherlei andere Äußerlichkeiten gehören dazu, das ist wohl wahr. Aber wenn dergleichen schon alles wäre, dann hätten wir es nur mit einer trendigen Modeerscheinung zu tun. Das Wichtigste in Konzeption und Gestaltung des hpd sind seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Darunter verstehe ich die Redakteure, die Autoren, Korrespondenten und Fotografen, die IT-Techniker und die ehrenamtlich tätigen Vereinsmitglieder. Sie alle prägen eine Kultur des Arbeitens und der Kooperation. Das ist nur möglich, weil alle Beteiligten für die gemeinsame Sache eines Journalismus, der einen Aufklärungs-Auftrag hat, einstehen und die Ziele des hpd mit verwirklichen. Ihnen allen gebührt am heutigen Tag mein herzlicher Dank.

Dass nicht alles Gold war, was glänzte, und Gold ist, was vielleicht noch glänzt, wem wäre das entgangen!? Doch das ändert nichts daran, dass die Idee für dieses Projekt nicht schlecht war. Mehr noch: Ich halte es für den entscheidenden Schritt, weil Konfessionsfreie, Humanisten und Atheisten ein unabhängiges, systemrelevantes Informationsmedium in einer immer komplexeren Welt benötigen.

So wichtig es ist, auf 10 Jahre hpd zurückzublicken, so entscheidend ist doch für uns auch der Blick nach vorn, vielleicht nicht gleich auf die nächsten zehn Jahre, aber doch auf die nahe Zukunft. Wir alle wissen, dass die menschliche Gesellschaft vor enormen Bedrohungen und Herausforderungen steht. Gleichzeitig registrieren wir ein Anwachsen solcher politischen Entwicklungen, in denen sich religiöse, nationalistische und ethnische Identitätstypen herausbilden. Allzu oft sind dies Konsequenzen aus der Leere, die im politischen Leben durch die Abwesenheit demokratischer und weltanschaulicher Werte eines unzulänglichen Journalismus erzeugt werden. Selten war die Kritik an den Medien, Stichwort Hasskommentare und Lügenpresse-Vorwürfe, so laut wie dieser Tage. Den Medien fällt es schwer, ihrer Wächterfunktion nachzukommen.

Hier setzt der Humanistische Pressedienst als journalistischer Aufklärer an. Den gesellschaftlichen Wandel will er unter humanistischen Aspekten reflektieren und sein Wissen an die Leserschaft weitergeben. Dabei legt er seinen Fokus auf solche Themen, die eine Relevanz für die konkrete Lebensführung der Nutzerinnen und Nutzer hat. Der hpd recherchiert zu Machtmissbrauch und Benachteiligten in Politik, Kultur und Weltanschauung, berichtet zu Themen wie Humanismus, Menschenrechte, Bildung, Werte, Rechtsradikalismus und Islamismus. Der Humanistische Pressedienst hat einen Bildungsauftrag: Er erwirbt Wissen und gibt es weiter an interessierte Bürger.

Nun unterliegt auch der hpd dem digitalen Wandel. Die Zukunft des Online-Journalismus, davon bin ich überzeugt, bewegt sich zwischen Bloggen, Interaktion mit Leserinnen und Lesern, sozialen Medien und neuen Darstellungsformen. Die Aufgabe der Journalisten, Kritik und Kontrolle zu üben, wird nicht abnehmen, wohl weitgehend konstant bleiben. Das gilt auch für den hpd. Aber was lässt uns als Leser ansonsten auf die Internetseite des hpd gehen? Richtig, Themen, die uns als Säkulare interessieren, begeistern, inspirieren oder amüsieren. Der richtige Inhalt wirkt also wie ein Magnet – nämlich für die Zielgruppe, an die sich der Humanistische Pressedienst vorrangig wendet. Mit dem passenden und relevanten Content gelingt es, Beziehungen zu Leserinnen und Lesern aufzubauen und eine Marke zu etablieren.

Denn, wenn man einmal ehrlich ist: Digitale Medien sind heute längst keine reinen Leseseiten mehr. Vielmehr geht es um multimediale Angebote und Funktionen. Leser werden Nutzer – denn sie interagieren und sind nicht mehr nur passive Konsumenten, sondern auch aktive Sender von Informationen. Sie bloggen, sie kommentieren, sie machen Bürgerjournalismus. Das Individuum wird damit aktiver, selbstbestimmter.

Der hpd wird in Zukunft verstärkt die Aufgabe haben, seinen Konsumenten die humanistischen Grundlagen für ihre Entscheidungen zu liefern – und zwar in einer fast schon wissenschaftlichen Art und Weise. Die Redakteure des hpd bieten dann ihren Usern nicht mehr eine politische oder weltanschauliche Meinung an, sondern helfen, dass diese ihre eigenen Entscheidungen treffen können. Hier liegt ein wesentlicher Unterschied zu den Informationsquellen der säkularen Organisationen.

Aber es verändert sich noch mehr: Individuen wollen sich mit Gleichgesinnten zusammentun und so eigene politische und weltanschauliche Positionen entwickeln und Aktionen zu verabreden. Derart vernetzte Communitys strahlen eine starke Bindung aus und können sich sogar gegenüber den traditionellen Institutionen durchsetzen. Sofern der hpd seiner Leserschaft eine Rundum-Orientierung sowie Lebenshilfe und Nutzwert geben kann, wird seine Bedeutung wachsen.

Damit sich möglichst viele Menschen und Medien für seine Angebote interessieren, soll der journalistische Output in den kommenden Jahren gesteigert, Geschichten modern und multimedial erzählt werden. Veränderungen brauchen eine positive Vision. Um das zu erreichen, ist der hpd auf Ihre langfristige Unterstützung angewiesen. Seine Arbeit und Angebote werden bekanntlich ausschließlich aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden finanziert. Helfen Sie uns dabei. Gemeinsam machen wir in Zukunft einen Humanistischen Pressedienst möglich, der noch kantiger, mutiger, wahrnehmbarer, substanzieller und damit erfolgreicher wird.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.