Die nächste Fleischdebatte ist da

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Politiker haben sich mal wieder auf ein vermintes Gebiet vorgewagt: Die Einschränkung des Fleischkonsums. Diesmal ist die Idee, Fleisch nicht mehr wie bisher mit sieben, sondern künftig mit 19 Prozent Mehrwertsteuer zu versehen. Seitdem wird das Thema eifrig diskutiert, inklusive der ein oder anderen Überraschung und einem konstruktiven Alternativvorschlag.

Es gibt Themen, da kann man sicher sein, dass jede kleine Meldung eine riesige, landesweite Debatte nach sich ziehen wird. Ganz oben in dieser Liga spielt der Fleischkonsum. Letzte Woche machte der Vorschlag aus den Reihen von SPD und Grünen die Runde, Fleisch statt wie bisher mit sieben, künftig mit 19 Prozent Mehrwertsteuer zu versehen – und Teile der Christdemokraten stehen dem sogar aufgeschlossen gegenüber. Das würde Steak und Co. teurer machen und soll damit die Bürger animieren, weniger davon zu kaufen, was die Nachfrage senken und damit im Idealfall zu weniger industriellen Verhältnissen in der Fleischproduktion führen würde. Die Mehreinnahmen sollen zweckgebunden für mehr Tierschutz investiert werden.

Schnell wurde aus der Mehrwertsteueranpassung die "Fleischsteuer", obwohl es lediglich darum ging, die ermäßigte Variante, die für Produkte der Grundversorgung gilt, beim Fleisch nicht mehr anzuwenden. Was gar nicht mal so abwegig ist, wenn man bedenkt, dass auch Hafermilch, Strom, Damen-Hygieneprodukte und Babynahrung mit 19 Prozent veranschlagt werden, Schnittblumen, Brennholz und Gemälde aber unter den ermäßigten Satz fallen. Eine Logik ist hier nicht erkennbar, obwohl seit Jahren Anpassungen gefordert werden.

Im Kontext der Maßnahmen gegen den Klimawandel erscheint es zudem naheliegend, einerseits den Mehrwertsteuersatz auf Bahnfahrten zu senken, wie es Ende Juli Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gefordert und damit auf einen Vorschlag der Grünen reagiert hatte, und andererseits den auf Fleisch zu erhöhen, dessen Herstellung sich besonders schädlich auf das Klima auswirkt. In diese Richtung wurden auch schon andere Forderungen gestellt: Ein verminderter Mehrwertsteuersatz für Haushaltsgeräte der höchsten Energieeffizienzklasse zum Beispiel oder deren Reparatur statt Neukauf.

Dass der Bauernverband von einer 19-Prozent-Besteuerung nicht begeistert ist, dürfte niemanden überraschen. Ebensowenig, dass Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) lieber über die Verantwortung der Verbraucher spricht und sich ansonsten in uneindeutige Worthülsen hüllt. Interessanterweise ist aber auch der Deutsche Tierschutzbund dagegen, da "bestimmte Verbrauchergruppen (...) zu sehr abgestraft" würden, berichtet die Welt. Und da ist er sich ausgerechnet mit dem Bundesverband der Deutschen Fleischwarenindustrie einig, der ebenfalls davor warnte, dass weniger wohlhabende Bürger durch die Mehrwertsteueranhebung belastet würden.

Achim Spiller, Agrarökonom und Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, schätzt die Summe, die nötig wäre, um die Haltungsbedingungen von Nutztieren spürbar zu verbessern, auf fünf Milliarden Euro. Zwar könnte die erhöhte Mehrwertsteuer genau diese Einnahmen generieren, allerdings wäre nicht garantiert, dass das Geld auch für das Tierwohl eingesetzt wird. Thomas Schröder, Präsident des Tierschutzbundes, schlug eine Alternative vor: Nämlich die Einführung einer (tatsächlichen) Fleischabgabe, die sich nach den Haltungsbedingungen der Tiere richten soll – je schlechter sie sind, desto höher die Abgabe. Hier könne man auch eine zweckgebundene Nutzung sicherstellen – beispielsweise, dass die Mehreinnahmen dazu verwendet werden, die Ställe auszubauen, was bei einer Steuer nicht der Fall wäre.

Und es kommt noch ein weiterer Aspekt dazu, den der Spiegel zu bedenken gibt: Teurere Produkte würden im Preis stärker ansteigen als billigere. Ergo würden diejenigen, die sich durch den Kauf von Bio-Produkten für bessere Haltungsbedingungen einsetzen wollen, bestraft, was ein falsches Signal wäre.