Obdachlose frieren und die Kirche bekommt Geschenke

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Das "Elfte Gebot" in Dortmund
Das "Elfte Gebot" in Dortmund

Die Dortmunder Obdachloseninitiativen rufen aktuell zu Schlafsackspenden auf, damit die Obdachlosen bei den kommenden Minustemperaturen im Winter der Kälte trotzen können. Die Stadt Dortmund hat im Gegenzug im Sommer mal eben 3,717 Millionen Euro für fünf Tage Evangelischen Kirchentag ausgegeben. Der Fraktionsvorsitzende der Linken und Piraten im Rat der Stadt Dortmund, Utz Kowalewski, nennt diese Ausgaben "unsäglich".

Dabei stellen die 3,717 Millionen Euro gar nicht mal alle Kosten dar, die die Stadt Dortmund hatte. Durch die völlig übertriebene Sperrung der Hauptverkehrsader der Innenstadt, des Ostwalls, für die Kirchentagsgottesdienste, die obendrein auch noch sehr schlecht besucht waren, wird es sehr starke Umsatzeinbrüche für den Innenstadteinzelhandel gegeben haben und somit natürlich auch deutlich weniger Gewerbesteuer für die Stadt. Selbst der Vorsitzende des Dortmunder Cityring, vor dessen Ladenlokal weit außerhalb des Ostwalls extra grüne Kirchentagsbänke standen, kommentierte auf Nachfrage, dass der Handel lediglich nur "zufrieden" gewesen sei. Was bei der Vollsperrung des Ostwalls wohl eine kleine Untertreibung gewesen sein dürfte.

Erstaunlich ist auch, dass das Pokemon-Go-Fest, welches wenige Woche nach dem Kirchentag in Dortmund stattfand, ganz ohne städtische Zuschüsse und Straßensperrungen mit 150.000 Besucher*innen mehrere 10.000 Menschen mehr angelockt hatte als der hochsubventionierte Kirchentag. Noch erstaunlicher ist es, dass die rund 162.000 evangelischen Menschen in Dortmund zum größten Teil wohl auch kein Interesse an dem Kirchentag ihrer Kirche hatten. Sonst wären ja nicht aus dem ganzen Bundesgebiet und dem Ausland nur 80.000 Dauergäste angereist. Übrigens 20.000 weniger als von den Kirchentagsbetreibern erwartet. Der Besucherandrang ist also mit dem eines guten Bundesligaspiels vergleichbar. Dabei ist die größte Bevölkerungsgruppe in Dortmund inzwischen sowieso die der religiös ungebundenen Menschen.

Als einen weiteren Skandal empfanden viele auch den Umstand, dass die Stadt Dortmund den Kirchentagsbetreibern Schulen und Turnhallen kostenlos für die Unterbringung der Kirchentagsbesucher zur Verfügung gestellt hatte und die Kirchentagsbetreiber sich die Schlafplätze aber von den Kirchentagsbesuchern haben bezahlen lassen. Auch die von Privatleuten kostenlos zur Verfügung gestellten Betten in Privathäusern haben sich die Kirchentagsbetreiber von den Kirchentagsbesuchern bezahlen lassen.

Das ganze vor dem Hintergrund, dass die Evangelische Kirche auch im Jahr 2018 wieder ein Rekordjahr bei der Einnahme von Kirchensteuern hatte: 5,790 Milliarden Euro.

Um sich die Millionenzuschüsse zu sichern, hatten die Kirchentagsbetreiber auch groß angekündigt, 111 Freikarten an die Kritiker der Millionensubventionen zu verteilen. Die Zahl 111 ist eine Reminiszenz an die Gruppe "Das 11. Gebot", welche stets sehr couragiert die Kirchentagssubventionen anprangert und fordert, dass die Kirchen ihre Kirchentage selbst bezahlen sollen. Von diesen 111 Karten wurde laut der Antwort auf eine Anfrage keine einzige an Kritiker*innen verteilt. "Es hat sich niemand gemeldet", hieß es lapidar. Dass könnte natürlich auch daran gelegen haben, dass die Kirchentagsbetreiber einem der größten humanistischen Verbände in Deutschland auf wiederholte Mailanfragen bezüglich des Kirchentages nicht einmal geantwortet hatte. So viel zum Thema Offenheit.

Für die 3,717 Millionen Euro hätte die Stadt Dortmund der Evangelischen Kirche auch das beliebte und nun von Schließung durch Verkauf bedrohte Seeferienheim auf Juist abkaufen können. Das Seeferienheim, in dem viele Urlaub machen konnten, die ihn sich sonst nicht leisten konnten, soll aktuell für 3,2 Millionen Euro an einen privaten Bauträger verkauft werden, der es in der jetzigen Form schließen wird.

Auch die prekären Beschäftigungsverhältnisse der kirchlichen Beschäftigten in Deutschland war auf dem Kirchentag kein Thema. (Siehe hier)