Ende Mai hatte ein Gesetzesentwurf, der eine Strafzahlung für unverheiratete Menschen über 18 Jahre vorsah, in der pakistanischen Provinz Sindh für zahlreiche Proteste gesorgt. Menschenrechtsorganisationen befürchteten Zwangsverheiratungen junger Menschen, um die Strafzahlung von 500 pakistanischen Rupien zu umgehen. Am Mittwoch lehnte das Provinzparlament den Vorschlag ab.
Am 26. Mai hatte Syed Abdul Rasheed von Jamaat-e-Islami, die Muttahida Majlis-e-Amal, einer Allianz islamischer Parteien, angehört, einen Entwurf eines neuen Ehegesetzes für die pakistanische Provinz Sindh vorgelegt. Der "Sindh compulsory marriage act 2021" (Sindh-Ehepflichtgesetz 2021) sollte sich an der religiösen Gesetzgebung der Scharia orientieren und Eltern von unverheirateten jungen Erwachsenen über 18 auferlegen, sich bei den Bezirksbehörden zu melden und dort zu erklären, warum noch keine Verheiratung erfolgte. Ohne Erklärung oder bei nicht akzeptierter Erklärung hätten den Eltern 500 Rupien Strafe (etwa 2,60 Euro) pro Kind gedroht.
Syed Abdul Rasheed sah in seinem Gesetzesentwurf einen Beitrag zur Verbesserung des Wohlbefindens der Gesellschaft, zur Verringerung sexueller Gewalt gegen Kinder, zur Minderung unmoralischer Aktivitäten und Kriminalität. Für ihn war klar, dass die steigende Zahl von sexuellen Übergriffen auf Kinder und Jugendliche daran liege, dass Eltern ihre Kinder nicht rechtzeitig verheirateten.
Anders sahen diesen Gesetzesvorschlag Menschenrechtsorganisationen, katholische Geistliche, zahlreiche Privatpersonen und zum Glück auch die anderen Parteien. Sie erkannten in dem Gesetzesentwurf ein Druckmittel gegenüber Eltern, die Hoffnungen und Träume für ihre Kinder – besonders ihre Töchter – aufzugeben, und diese statt in Bildungseinrichtungen zu schicken schon mit unter 18 zu verheiraten, um Erklärungen und Strafzahlungen zu entgehen. Auch sahen sie sexueller Ausbeutung junger Menschen mit solch einem Gesetz Vorschub geleistet, weil ältere Männer so Druck auf Familien ausüben könnten, um besonders junge Mädchen heiraten zu können.
Am vergangenen Mittwoch wurde der Gesetzesentwurf abgelehnt. Minister Mukesh Kumar Chawla wird mit den Worten "Wir können solch ein Gesetz in der Provinz nicht erlauben" zitiert.