Sehr hübsch. In Indien ist gerade irgendetwas Religiöses im Gange, und Religion heißt ja immer, dass man das Kind im Menschen rauslässt, auf dass es sich mal so richtig austoben kann. An den Ufern des Ganges wird alle menschliche Mühsal weggefeiert: Das da ist kein übelst bedenklicher Wasserlauf voller Gift und Mikroben mehr, sondern etwas "Heiliges", und somit sind auch alle kleinlichen Bedenken der irdischen Welt hinweggefegt, Hygiene etwa. Egal!
Hygiene ist etwas für die Kleingläubigen – sooo klein, wie Viren sind. Also rein da, alle Mann, Covid kann uns mal an die Füße fassen!
Es ist immer wieder toll, dass man mit religiösen Vorstellungen die schnöde physische Welt mit ihren Gesetzmäßigkeiten aushebeln darf. Wissenschaft? Iwo. Nachdenken? Arschbombe! So hopsen sie und duckern unter und manche haben sich priestermäßig bunt angezogen und machen einen auf erleuchtet, und wenn quengelige Epidemiologen das Ding als die Mutter aller Superspreader-Events ansehen, ommen wir das einfach mal weg – oder was immer an religiös motivierten Äußerungen in der dortigen Religion üblich sein mag. Unsichtbare Mächte toppen doch immer noch alles, wie in Indien so auch auf hiesiger Erde, die Götter entsorgen alle Sorgen: Wer an Covid-19 verreckt, muss nur an irgendein Nachleben glauben, oder an seine Rückkunft als Wiedergeburt noch mal auf derselben Erde, mit einer anderen Pandemie ... heißa, hoppsa! Sagt die Religion. Leben ist ja so überbewertet.
Und ich muss sagen, dass ich diese Einstellung vorbildlich finde. Denn selber gehöre ich auch einer Glaubensgemeinschaft an, die allem Irdischen weit entrückt ist: dem Kult der heiligen Hertha, benannt nach einer germanischen Erdgöttin, naja, oder eigentlich nach einem Ausflugsdampfer. Aber das hat die Göttin so gewollt! Der Kult der heiligen Hertha geht so, dass man sich alle zwei Wochen zu einer großen Versammlung zusammenfindet, hüpft und tanzt und singt – und sich freiwillig unermessliches Leid antut beim Blick auf die heilige Rasenfläche, auf der arme, überforderte Männer versuchen, mit einem Ball ein Netz zu treffen. Es ist eine kathartische Reinigung sondergleichen, jedes Mal wieder, und doch haben wir konzediert, wegen Covid keine Versammlung mehr bilden zu wollen, sondern den Hertha-Männern von ferne zuzusehen, auf dem heimischen Bildschirm.
Und nu? Nu soll das Virus ein paar von unseren Hertha-Männern befallen haben, und deswegen dürfen die nicht spielen.
Dabei haben wir keinen von diesen angeblichen Viren jemals gesehen! Der Torwart hatte neulich Schnupfen, na und? Sicher hat ihn ein Frisör angesteckt, dieser Sohn einer räudigen Hündin! Und deswegen sollen die Hertha-Männer nun eingesperrt werden, deswegen sollen wir auf unser Heiligstes verzichten, ganze zwei Wochen?
Ich sage mal so: Das Universum könnte aus den Fugen geraten. Mindestens. Kann das irgend jemand wollen? Politik, handle jetzt! Lass die Hertha spielen! Ommmmm!!!!
4 Kommentare
Kommentare
Klaus Bernd am Permanenter Link
„Leben ist ja so überbewertet.“
Gott ist der Liebhaber des Lebens und der Teufel ist der Ehemann.
Anne Robel am Permanenter Link
Schlimm, aber was hat das mit HERTHA zu tun? Fußball in dieser entarteten Form erinnert mich auch an Kinderbelustigung.....aber sinnfrei und überflüssig.......
Manfred Schleyer am Permanenter Link
Wer wird sich denn vor solchen Kleinigkeiten wie Viren ängstigen, wenn so etwas Großartiges wie Gott einen Badetag angeordnet hat.
Assia Harwazinski am Permanenter Link
Eben... und da hopsen dann Alle hinein, die außer Glauben nicht viel oder gar nichts (mehr) haben.