In einer Studie untersuchte das US-amerikanische Meinungsforschungsinstitut Pew Research Center den Zusammenhang zwischen Religionszugehörigkeit und Schulbildung. Die weltweite Studie ergab signifikante Bildungsunterschiede bei den Angehörigen unterschiedlicher Religionen.
Das Pew Research Center griff für seine im Dezember veröffentlichte Studie auf Volkszählungs- und Umfragedaten des Jahres 2010 aus 151 Ländern zurück. Untersucht wurden die Daten auf den Umfang der Schulbildung bei Christen, Juden, Muslimen, Buddhisten, Hindus sowie bei Nicht-Religiösen. Erfasst wurden ferner das Geschlecht, die geografische Herkunft, sowie die Zugehörigkeit zu den drei Generationenkategorien "alt" (55- bis 74-Jährige), "mittel" (35- bis 54-Jährige) und "jung" (25- bis 34-Jährige).
Die Studie ergab, dass von den untersuchten religiösen Gruppen Juden den höchsten Bildungsgrad haben, während Muslime und Hindus das Schlusslicht bilden. Während Juden weltweit durchschnittlich eine Schulbildung von 13 Jahren genossen haben, sind es bei Christen und Nicht-Religiösen 9 Jahre, bei Buddhisten 8 Jahre und bei Muslimen und Hindus 6 Jahre.
Die Pew Research Studie weist darauf hin, dass das unterschiedliche Bildungsniveau auch auf die geographische Verteilung der religiösen Gruppen zurückzuführen ist. Während ein Großteil der Juden in den USA und Israel lebten, also Ländern mit hohem Wirtschafts- und Bildungsniveau, lebte ein Großteil der Muslime und vor allem der Hindus in Entwicklungsländern, wo der Zugang zu Bildung nicht selbstverständlich sei.
Nichtsdestotrotz weist der Bildungsgrad unterschiedlicher religiöser Gruppen signifikante Unterschiede auf. Während weltweit durchschnittlich 19% aller Erwachsenen überhaupt keine Schulbildung haben – insgesamt rund 680 Millionen Menschen – trifft dies auf 41% der Hindus und 36% der Muslime zu.
Auch hinsichtlich des unterschiedlichen Bildungsgrades von Männern und Frauen unterscheiden sich die Religionsgemeinschaften. Diese Kluft zwischen den Geschlechtern ist besonders hoch bei jenen Religionen, deren Mitglieder insgesamt schlechter gebildet sind. So können muslimische Frauen weltweit durchschnittlich eine Schulzeit von 4,9 Jahren vorweisen, muslimische Männer dagegen 6,4 Jahre. Noch dramatischer ist der Unterschied bei Hindus. Hindu-Frauen sind durchschnittlich 4,2 Jahre zur Schule gegangen, Hindu-Männer dagegen 6,9 Jahre.
Über keinerlei Schulbildung verfügten 2010 weltweit 23% aller Frauen und 14% aller Männer, die 25 Jahre oder älter waren. Bei den Hindus haben weltweit durchschnittlich 53% der Frauen und 29% der Männer nie eine Schule besucht. Bei den Muslimen sind es 43% der Frauen und 30% der Männer.
Insgesamt verzeichnet die Pew Research Studie einen deutlichen Trend zur Verbesserung der Schulbildung – besonders bei den religiösen Gruppen, die aktuell das Schlusslicht bilden. Beispielsweise haben junge Hindus (25- bis 34-Jährige) mit 7,1 Jahren fast eine doppelt so lange Zeit in der Schule verbracht wie Hindus der alten Generation (55- 74-Jährige). Ähnliche Fortschritte gab es bei den jungen Muslimen. Sie verbrachten im Durchschnitt drei Jahre länger in der Schule als Muslime der alten Generation.
Mit dem Gesamtanstieg der Bildung verkleinert sich auch die Geschlechterkluft im Bildungsniveau. Während in der alten Generation der Hindus 72% der Frauen und 41% der Männer keinerlei Schulbildung erhalten haben, sind es bei der jungen Generation 38% der Frauen und 20% der Männer – was einer Verringerung der Geschlechterkluft von 31 Prozentpunkten auf 18 Prozentpunkte entspricht. Bei den Muslimen hat sich im selben Zeitraum die Geschlechterkluft von 21 auf 10 Prozentpunkte verkleinert: 33% der jungen muslimischen Frauen haben derzeit keinerlei Schulbildung, dagegen nur 23% der Männer.
In den anderen untersuchten religiösen Gruppen ist die Geschlechterkluft hinsichtlich des Bildungsniveaus inzwischen ganz verschwunden oder hat sich sogar ins Gegenteil verkehrt. Am stärksten ist dieser Trend bei den Juden zu beobachten. Während in der alten Generation 66% der jüdischen Männer und 59% der jüdischen Frauen einen Hochschulabschluss haben, sind es bei der jungen Generation nur 57% der jüdischen Männer und 69% der jüdischen Frauen – die darüber hinaus durchschnittlich rund ein Jahr länger in der Schule verbringen als ihre männlichen Generationsgenossen. Auch in der jungen Generation der Christen und Nicht-Religiösen überwiegt hinsichtlich der Hochschulabschlüsse inzwischen die Anzahl der Frauen in der jeweiligen Gruppe.
Ein weiterer Entwicklungstrend lässt sich bei Christen und Nicht-Religiösen beobachten. Mit 2,9 Schuljahren mehr als die alte Generation der Nicht-Religiösen hat die junge Generation der Nicht-Religiösen inzwischen die Gruppe der jungen Christen überholt. Junge Christen besuchen derzeit durchschnittlich 9,9 Jahre die Schule, junge Nicht-Religiöse hingegen 10,3 Jahre.
5 Kommentare
Kommentare
Lukas am Permanenter Link
Vielleicht liegt es ja doch daran, dass die Religionen in bestimmten Regionen verbreitet sind, die eben reich oder arm sind, wo eben das Bildungsniveau hoch oder niedrig ist.
Stefan Wagner am Permanenter Link
Das steht schon im Artikel: :)
Ilse Ermen am Permanenter Link
Das hat sehr viel mit dem Islam zu tun.
Das liegt daran, dass im Islam das "Wort Gottes" in einer Fremdsprache in auswendig zu lernenden Versen (bevorzugt mit Hilfe des Rohrstocks) eingebleut wird, ohne dass die Kinder lesen und schreiben lernen, das Christentum sich dagegen in derselben Absicht für die Variante "Übersetzung in die jeweilige Muttersprache mit Schulunterricht" entschieden hatte. Das Judentum ist wohl seit Jahrhunderten alphabetisierungsfreundlich, das hat nichts damit zu tun, ob die entsprechenden Gruppen in den USA leben oder anderswo.
Ilse Ermen am Permanenter Link
Warum ist ein Land arm oder reich? Auch das hat teilweise mit Religion zu tun! Warum ist Indien reicher als Pakistan oder Bangladesh, bei gleicher Startposition?
Ich empfehle Tilman Nagel "Angst vor Allah" zum Thema Verantwortung, Selbstbestimmung, selbstständiges Denken, freier Wille im Islam.
Oder Ibn Warraq "Warum ich kein Muslim bin". Oder Arbeiten von Siegfried Kohlhammer, Hartmut Krauss.
Fatima Mernissi fragt in "Islam und Demokratie", warum Marokko mit seinen Petromilliarden keine Schulen und Universitäten baut. Das Geld ist nämlich durchaus da, die Frage ist, wofür wird es ausgegeben, wie wird es verteilt? In Marokko hockt der Monarch da drauf, einer der reichsten der Welt, dessen Vermögen höher ist als das gesamte Bruttosozialprodukt seines Landes.
Wer sich für das Funktionieren von Koranschulen interessiert, mag auch von Hirsi Ali "Reformiert Euch" lesen oder zahlreiche Lebensberichte von Menschen, die durch die koranische Erziehung gegangen sind (z.B. Ibn Warraq, m.E. berichtet auch Hamed Abdel-Samad davon).
agender am Permanenter Link
Max Weber stammt aber aus einer Generation vor der Existenz von Verhütungsmitteln.
Der sog "demografische Wandel".
Wie die Staaten des "Realsozialismus" zeigten, hat deren Bevölkerungsentwicklung ihrer Gleichberechtigung, nicht den finanziellen Möglichkeiten entsprochen.