Die Schweizer Stimmbevölkerung lehnt die Initiative gegen Massentierhaltung ab. Das Initiativkomitee nimmt diesen Entscheid zur Kenntnis. Gleichzeitig stellen die Initiant:innen fest: Mit dieser Abstimmung wurde eine wichtige Chance verpasst, die Weichen für eine tierwürdige und zukunftsfähige Landwirtschaft zu stellen. Ein Systemwechsel hin zu einer standortangepassten, nachhaltigen Landwirtschaft ist in den nächsten 25 Jahren alternativlos. Eine Annahme der Initiative hätte die dringend nötigen Rahmenbedingungen für diesen Wandel geschaffen.
Leider ist es der Gegnerschaft der Initiative gelungen, die Bevölkerung mit einer millionenschweren Kampagne und dem Schüren von Ängsten von einem Nein zu überzeugen. Philipp Ryf, Co-Kampagnenleiter der Initiative, am vergangenen Sonntag: "Heute wurde eine große Chance für einen echten Systemwechsel verpasst. Das ist nicht nur für die Tiere tragisch, sondern für die gesamte Landwirtschaft, die sich mittelfristig sowieso von der Profitmaximierung auf Kosten von Tier, Mensch und Umwelt entfernen muss." Das Ergebnis der Abstimmung ist auch ein Resultat der zweifelhaften Strategie der Industrie, die sich mit Händen und Füßen gegen die Veröffentlichung von Aufnahmen aus Großbetrieben gewehrt hat. "Hätten die Menschen die ungeschönten Zustände in der industriellen Tierhaltung gesehen, hätte es ein anderes Resultat gegeben", ist sich Ryf sicher.
Fragwürdige Rolle von Bund und Gegnerschaft
Die Gegnerschaft wurde im Abstimmungskampf derart in Bedrängnis gebracht, dass sie es mit der Wahrheit nicht mehr so genau genommen hat: Die Initiative wurde gleichzeitig als unnötig und als extrem dargestellt. Es wurde sowohl vor Billigimporten gewarnt als auch vor leeren Regalen. Die Behauptung, dass bereits heute die Mehrheit der Tiere Zugang ins Freie habe, war besonders stoßend. Tatsächlich sind es gerade einmal zwölf Prozent. Eine fragwürdige Rolle spielte auch das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) beziehungsweise die Bundeskanzlei. Im Abstimmungsbüchlein wurden an mehreren Stellen problematische bis nachweislich falsche Zahlen genannt – nicht zuletzt der erwähnte "GVE-Schwindel", gemäß dem 78 Prozent der Schweizer Tiere Auslauf hätten. Für Philipp Ryf ein Skandal: "Diese Taktik der bewussten Irreführung der Stimmbevölkerung zeigt, dass die Gegnerschaft genau weiß, dass die Argumente nicht auf ihrer Seite sind."
Verantwortung nun bei Großverteilern und Politik
Die Politik steht nun umso mehr in der Pflicht. Der öffentliche Diskurs zur Initiative zeigt, dass es Zeit ist für eine progressive Agrarpolitik, die auch die Bedürfnisse der Tiere in der Landwirtschaft konsequent sicherstellt. Aktuell wird der Status quo zementiert und an den Problemen in den Schweizer Ställen vorbeipolitisiert. Philipp Ryf ist überzeugt: "Wir konnten mit unserer Kampagne einen längst überfälligen Dialog anstoßen und aufzeigen, dass die Zustände in der Schweizer Landwirtschaft von der Branche massiv verharmlost werden. Nun gilt es, den beschönigenden Behauptungen Taten folgen zu lassen. Damit Tiere den Himmel nicht nur am Tag ihrer Schlachtung sehen." Auch die Großverteiler müssen ihre Verantwortung endlich wahrnehmen. Trotz ihrer Schlüsselrolle im System schwiegen sie im Abstimmungskampf konsequent. Dabei könnten sie maßgeblich dazu beitragen, dass ihre Werbebilder tatsächlich Realität werden.