Die staatliche Finanzierung des Politischen Islam

Opake Mittel

An dieser Stelle wird davon abgesehen, eine Zahl zur Summe der Steuergelder zu nennen, die für die Durchführung der Islamkonferenz und in Projektförderungen verausgabt und eingeplant worden sind. Diese Ansätze sind Prüfern über den Haushalt (Einzelplan 06) in der erforderlichen Detailtiefe zugänglich. Auch sie geben jedoch nicht das angemessene Bild wieder. In verschachtelter Weise umfasst die über die Islamkonferenz begleitete Förderung andere Einzelpläne, deren Umsetzung aus öffentlichen Quellen nicht nachvollziehbar ist. Insbesondere scheint das Programm "Demokratie leben!" Relevanz zu haben.

Abgeordnete und zivilgesellschaftliche Organisationen haben im Ringen um die Offenlegung der staatlichen Förderung von Islamic Relief die Erfahrung gemacht, dass die Regierungsstellen bei ihren Auskünften – um es positiv auszudrücken – über die Höhe der Fördersumme durcheinander kommen oder vergessen, dass es überhaupt eine Förderung gab. Verschiedene Antworten der Regierung standen im offenen Widerspruch zueinander. Aktuell sind Steuertransfers der letzten Jahre an Islamic Relief von über 16 Millionen Euro bekannt. Erst das Zusammenspiel mit dem Bundesrechnungshof brachte (teilweise) etwas Licht ins Dunkel der Finanzen. Hierzu gehört auch, das Geflecht an Dachverbänden, Mitgliedsvereinen, Moscheegemeinden, Wirtschaftsbetrieben und begünstigen Personen zu durchdringen. Allein schon deshalb wäre die Einrichtung einer "Dokumentationsstelle Politischer Islam" in Deutschland hilfreich.

Um welche Summen geht es noch? Die Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) kündigte an, dass in den nächsten Jahren die Imamausbildung mit 44 Millionen Euro gefördert werden soll. Ein zentraler Mittelempfänger ist ein privater Verein in Osnabrück. Bei dem staatsfinanzierten Islamkolleg Deutschland e. V. ist einer der Trägervereine der Zentralrat der Muslime mit seinen verfassungsfeindlichen Mitgliedsorganisationen, dessen Vorsitzender Aiman Mazyek ein klares Bekenntnis zu den individuellen Menschenrechten (anstelle eines ZMD-"Kernbestandes" unter Scharia-Vorbehalt) scheut und für den die Unterordnung von Rechtsnormen aus Koran, Sunna und den Scharia-Regelungen unter das Grundgesetz sehr schwierig und bislang unmöglich ist.

Im Ergebnis: während im Haushalt des BMI bestimmte Planungssummen noch nachvollzogen werden können, sind die Mittel und Wege, mit denen der Staat die Ziele des Politischen Islam von ZMD, DITIB, Ahmadiyya bis hin zum Islamischen Zentrum Hamburgs (IZH) und anderen Organisationen fördert, zu vielfältig und verschlungen. Es gibt diverse Ansatzpunkte für die Rechnungshöfe in den Haushaltsplänen der Bundes- und Landesressorts sowie der Kommunen.

Exekutive Schleichwege der Islamfinanzierung des Staatssekretärs

Warum betreibt die Regierung das Ganze? Unter dem früheren Innenminister und heutigen Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble (CDU) wurde die Islamkonferenz aufgegleist, um analog zum Staat-Kirche-Verhältnis die Moscheegemeinden den christlichen Kirchen gleichzustellen und ihnen das überkommene Staatskirchenrecht angedeihen zu lassen. So soll auf die Bildung von staatskirchenförmigen Islamkörperschaften hingewirkt werden. Hier wie dort geht es um staatliche Kooperation, rechtliche Sonderstellung und Steuergelder. Als kundigen Beobachter bewegte Abdel-Samad diese Interessenübereinkunft der Regierung und der Kirchen zu der Aussage, dass Regierung und Kirchen dafür verantwortlich seien, dass das "Erdoğan-Modell auch in Deutschland Schule machen kann".

Staatssekretär Markus Kerber ist seit 2006 – mit mehrjähriger Unterbrechung – im Bundesinnenministerium zuständig für die Islamkonferenz. In seiner ministeriellen Personendarstellung schreibt er: "Konzeption und Leitung der Deutschen Islamkonferenz". Welchen Kurs verfolgt er und auf welchen Wegen? In der Islamischen Zeitung kann man ein Interview des Staatssekretärs von Anfang 2020 lesen. Darin äußert er sich zu den "Impulsen" der Islamkonferenz in den Bereichen Religionspolitik, Integrations- und Gesellschaftspolitik. Im Wesentlichen geht es aber um Geld. So analysiert er, dass die Einführung einer "Moscheesteuer" für die Stärkung des Verbands-Islam in Deutschland nicht viel bringen würde, "so lange die Verbände so wenig eingetragene Mitglieder" hätten. Folgert er daraus, dass der Staat diese Religionsverbände nicht 
politisch künstlich aufpäppeln und nicht als islamkörperschaftliche 
Scheinriesen aufwerten wird? Keineswegs. Man könne zwar als Staat die Moscheegemeinden bei der Bezahlung ihres Personals "nicht direkt unterstützen", so der Staatsekretär. Denkbar sei es jedoch, "dass wir zum Beispiel bei der Integrationsarbeit unter die Arme greifen und so mehr Mittel für die Bezahlung des Personals bleibt." Kann der Leser der Islamischen Zeitung dies anders verstehen als eine mit Augenzwinkern vorgetragene Bereitschaft des Regierungsmitglieds zur Quersubventionierung von Moscheepersonal und Imamen über "Integrationsarbeit"?

Integrationsarbeit, die nach dem Ansinnen des Staatsekretärs derart üppig über Moscheegemeinden und Islamverbände ausgeschüttet wird, und vom Staat derart wenig im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit kontrolliert wird, dass mit den Überschüssen die Gehälter von Imamen oder anderem Moscheepersonal bezahlt werden können. Daraus folgt: der Applaus der Islamfunktionäre ist dem Staatssekretär und seinem Innenminister sicher auch in Zukunft gewiss, aber der Steuerzahler hat das Nachsehen und die Rechnungshöfe mögen sich auch das vom Staatssekretär in diesem Zusammenhang erwähnte Programm "Moscheen für Integration – Öffnung, Vernetzung, Kooperation" mal genauer anschauen.

Bedarfsanalyse?

Welchen Bedarf will der Staat bei der Imamausbildung überhaupt decken? Von der Geschäftsstelle der Islamkonferenz, die im dem Innenministerium zugehörigen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) angesiedelt ist, wurde am 10. November 2020 eine "Bestandserhebung zur Ausbildung religiösen Personals islamischer Gemeinden" veröffentlicht. Das Dokument bietet: Viel Text, wenig Zahlen und eine oberflächliche Bedarfsanalyse. Diese "Bedarfsanalyse" liest sich so:

"Der ZMD teilt ferner mit, dass in den meisten Moscheen ein Imam in Vollzeit fest angestellt ist; in mehreren Dutzend Moscheen trifft dies sogar auf mehr als einen Imam zu. Ein anderer Teil der Moscheen beschäftigt Imame in Teilzeit oder aber ehrenamtlich. Zudem leiten in einigen Moscheen Laien die Gebete an und predigen. Zukünftig wird laut Einschätzung des ZMD ein großer Bedarf an Neueinstellungen vorhanden sein."

Der größte Betreiber von Moscheegemeinden in Deutschland, DITIB, ist außen vor und will erklärtermaßen nur die von ihm ausgebildeten, "eigenen" Imame in den Moscheen einsetzen. Hierfür hat der Verband eine eigene Imamausbildungsstätte in Dahlem (Eifel, NRW) eingerichtet. Über die Zuwendungen an den Islamkolleg e.V. erreicht der Staat also beispielsweise nicht diejenigen DITIB-Moscheen, in denen Kinder in Rollenspielen den Märtyrertod einüben. Dennoch ist DITIB als Partner weiterhin am Tisch der Regierung, während die Regierung liberale Stimmen verliert.

Die liberale Imamin Seyran Ateş, die sich offenbar als einzige in Deutschland traut, auch LGBT-Muslim*innen in ihrer Ibn-Rushd-Goethe-Moschee Religionsfreiheit und Schutz zu gewähren, durfte im November offenbar auf Druck der Islamkonferenz-Lobbyisten nicht sprechen. Ateş wurde in einem symbolischen Akt, der die Bundesregierung eigentlich zur Einkehr und zum Umdenken bewegen müsste, zeitgleich zur Islamkonferenz von der französischen Botschafterin in Berlin empfangen. Derlei symbolische Akte werden in der Diplomatie durchgeführt, um in schwierigen Situationen die Zivilgesellschaft zu stärken und Zeichen gegen die Gastregierung zu setzen. Warum setzt der Staat nicht auf die Integrationsleistung von Ateş' Moschee? Was der Staat dem Islamkolleg Deutschland e.V., der DITIB e.V. und dem ZMD e.V. an Kooperation und Finanzierung gewährt, darf der Staat anderen eingetragenen Vereinen oder Organisationen wie der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee gGmbH nicht vorenthalten. Letztere Einrichtung wurde in der Bedarfsanalyse des Innenministeriums zwischen den Darstellungen von DITIB und ZMD noch nicht einmal genannt.

Der liberale Universitätsprofessor Mouhanad Khorchide (Autor des Buches "Scharia – der missverstandene Gott. Der Weg zu einer modernen islamischen Ethik") durfte auf der Islamkonferenz noch reden. Dringend erforderliche Themen wurden jedoch ausgespart. So hätte er als Leiter des wissenschaftlichen Beirats der österreichischen Dokumentationsstelle Politischer Islam in der Runde der Deutschen Islamkonferenz gutes Gehör und einhellige Unterstützung finden müssen, warum eine solche Stelle auch in Deutschland wichtig wäre.

Der Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände, Ali Ertan Toprak, warnt seit längerem in aller Deutlichkeit davor, dass der Politische Islam unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit agiere und die Umformung des Rechtsstaats in einen islamischen Staat anstrebe. Der Politische Islam bereite den Boden für den extremistischen Dschihadismus.

Khorchide erklärte kürzlich in einem auch für Laien verständlichen Artikel in Die Presse, dass es sich bei dem Begriff "Politischer Islam" um einen Fachbegriff handele (der daher mit einem großen "P" geschrieben werden sollte). In aller Klarheit betonte er: Der Politische Islam richtet sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung (FDGO) und gegen die Gültigkeit der Menschenrechte. Die Aufklärung zum Politischen Islam und Maßnahmen gegen diese Herrschaftsideologie haben nichts mit Rassismus zu tun und – entgegen landläufiger Behauptungen – spricht der Begriff des Politischen Islam keinem Muslim das legitime Recht zu politisch-gesellschaftlichem Engagement ab.

Stattdessen wird heute unter Beteiligung maßgeblicher Politiker schon allein der Begriff "Politischer Islam" von den wortführenden Islamverbänden und ihren politischen Partnern verwässert, aufgelöst und diskreditiert. Und nicht nur das: auch Rassismus wird in die Abwehr der Islamkritik eingewoben. Es war der Innenminister, der im März 2020 in der eigenen Pressemitteilung zur Einrichtung eines ministeriellen Expertenkreises die Differenzierung von Islamfeindlichkeit (Ideologie) und Muslimfeindlichkeit (Menschen) vertauschte und damit auflöste – ganz im Sinne der Islamisten.

Über Begriffe wie "Islamophobie", "antimuslimischer Rassismus" und der Gleichsetzung von Islamkritik mit Muslimfeindlichkeit hat der Politische Islam heutzutage wesentlichen Einfluss auf die öffentliche Debattenführung. Über Staatsverträge und Gremienmitgliedschaften hat er erstrangigen Zugriff auf Förderprogramme und den Transfer von Steuergeldern. In der Willensbildung der wichtigsten Parteien und in der Bundesregierung und einigen Landesregierungen ist die Rolle seiner Vertreter akzeptiert.

Es wäre eine Bedarfsanalyse der Bundesregierung wert, wie groß der Bedarf zur Aufklärung zum Politischen Islam ist und wie diesen verfassungsfeindlichen Bestrebungen strategisch begegnet werden kann.

Rechnungshof kann Regierungsverantwortung fördern, aber nicht einfordern

Der Rechnungshof kann Missstände nicht selbst beheben. Entscheidend ist die Reaktion der geprüften Behörde auf die Hinweise der Finanzkontrolleure und die Transparenz gegenüber Parlament und Öffentlichkeit. Die Regierung steht in der Verantwortung.

Ein Beispiel: Die Bundesregierung hat Islamic Relief in den letzten Jahren mit rund 16 Millionen Euro gefördert – obwohl die Bundesregierung, wie sie feststellte, die "Kenntnis" hatte, dass sowohl Islamic Relief Worldwide (IRW) als auch Islamic Relief Deutschland (IRD) über signifikante personelle Verbindungen zur Muslimbruderschaft verfügen. Der Bundesrechnungshof entschloss sich zu einer Prüfung, die Anfang 2020 abgeschlossen wurde. Sie wurde komplett zur Verschlusssache erklärt und die beteiligten Bundesressorts schweigen trotz Initiativen der Opposition im Bundestag und trotz Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz bis heute – aus Gründen des "Staatswohls".

Islamic Relief wurde seit Jahren vor allem von Politikern der Union, SPD und Grünen protegiert – bis hoch zur Person des heutigen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier. Heute ist die öffentliche Rechenschaftslegung der Regierung zu diesen Vorgängen offenkundig unerwünscht und wurde von der Exekutive weitgehend ausgehebelt. "Es ist ein Skandal, dass deutsche Steuergelder an Islamisten gehen", erklärte der FDP-Abgeordnete Oliver Luksic. Mehr als dieser Ausdruck der Empörung ist allerdings ohne Mitwirkung der Regierung nicht möglich.

Für den Erfolg der Arbeit des Rechnungshofes bedarf es bei einem Ausfall des regierungsamtlichen Spitzenpersonals und des Parlamentes im Sinne der Res Publica daher immer auch des gemeinsamen Resonanzraumes von Verwaltung, Parteienstaat und medialer Öffentlichkeit. Und letztlich der Änderung durch die souveränen Entscheidungen des Volkes. Der Resonanzraum kann gestärkt werden, indem vom Staat immer auch die liberalen Muslime und Ex-Muslime sichtbar und hörbar um ihre Meinung gebeten werden. Indem sie nicht als "Feigenblatt" missbraucht werden. Indem sich die Bundeskanzlerin und der Innenminister nach islamistischen Gewalttaten gegen die freiheitliche Ordnung nicht auf Pressefotos bei den Vertretern des Politischen Islams unterhaken, sondern bei denen, die angegriffen wurden. Indem der säkulare Staat zur Gewährleistung der Religionsfreiheit weitgehend indifferent zu religiösen Normen und Glaubensüberzeugungen steht und als neutraler "Schiedsrichter" die islamistische Gruppenidentitätsbildung nicht mitmacht und nicht mit Steuergeldern fördert. Indem die Begutachtung von Fördermaßnahmen auf den Gebieten der Anti-Terrorpolitik, Integrationspolitik und Bildungspolitik kenntnisreich, sachgerecht und zielbezogen erfolgt.

Für den Fragenkatalog des Rechnungshofes

Vergegenwärtigt man sich die Entwicklung der Islamkonferenz von 2006 bis 2020 – unter den verschiedenen Innenministern von Merkel I bis IV – so lässt sich pointiert feststellen: Die Bundesregierung hat ausgewählte Islamfunktionäre mit politischer Aufwertung und Steuergeld konditioniert und wurde im Gegenzug selber als Steigbügelhalter der Ziele des Politischen Islam konditioniert. Die Politischen Islamfunktionäre haben gelernt, dass es für sie am erfolgversprechendsten ist, sich als wesentlicher Teil des Problempotentials zu positionieren, zu dessen Lösung sie sich dann dem deutschen Staat gegen Entgelt anbieten.

Nicht nur bei der Förderung der Islamkonferenz, sondern auch bei der Förderung der Imamausbildung am Islamkolleg und vielen weiteren staatlichen Fördermaßnahmen sind die folgenden Fragen zu prüfen:

  1. Ist das Ziel hinreichend klar definiert?
  2. Ist das Ziel aus einer gesamtgesellschaftlichen Perspektive gerechtfertigt?
  3. Ist die Maßnahme effektiv, das heißt erreicht sie ihre Ziele?
  4. Ist die Maßnahme die geeignete Intervention zur Zielerreichung oder gibt es bessere Alternativen?
  5. Ist die Maßnahme effizient ausgestaltet?
  6. Welche Kosten sind damit verbunden?

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