Die staatliche Finanzierung des Politischen Islam

"Die Islamkonferenz ist für mich ein Fall für den Bundesrechnungshof!", forderte jüngst Hamed Abdel-Samad. Dieser wichtige Anstoß sollte Gehör finden. Der hpd bietet eine Analyse der Islamkonferenz und der Steuergeldtransfers an den Politischen Islam. Am Ende stehen sechs Fragen an die Regierung, die von externen Finanzkontrolleuren aufgegriffen werden sollten.

Ja, lieber Herr Innenminister …

Als Hamed Abdel-Samad am 10. November Abschied von der Islamkonferenz der Bundesregierung nahm, schrieb er in einem von hpd bis BILD verbreiteten Facebook-Eintrag:

"Der Staat biedert sich an die Vertreter des politischen Islam in dieser Konferenz an und ignoriert alle Warnungen und Vorschläge der kritischen Stimmen. … Ja, lieber Herr Innenminister, ich mache auch die Islamkonferenz für die politische Aufwertung von DITIB und dem Zentralrat der Muslime verantwortlich, und somit mitverantwortlich für den Aufbau von Erdoğan-Kult und für die Stärkung des politischen Islam! Und ich halte die Unterstützung dieser Vereine nicht nur für eine Veruntreuung von Staatsgeldern, sondern auch für eine Gefahr für die Innere Sicherheit."

Abdel-Samad, seines Zeichens weltweit bekannter Aufklärer zum Islam, lehnt weitere Teilnahmen an der Deutschen Islamkonferenz ab, weil er nicht mehr als "Feigenblatt" dienen wollte, mit dem die deutsche Regierung ihren Pakt mit dem Politischen Islam verdecken könnte. Ihm sei klargeworden, dass die Islamverbände nur Geld vom Staat wollten, und dass der Staat nicht einmal wisse, was er von den Islamverbänden wolle. Das wirft einen interessanten Punkt auf: wenn Behörden keine klar definierten Ziele beim Ausgeben von Steuergeldern haben, steht die Frage der Wirtschaftlichkeit und der Finanzkontrolle des Regierungshandelns im Raum. Wenig später schrieb der prominente Islamkritiker Abdel-Samad: "Die Islamkonferenz ist für mich ein Fall für den Bundesrechnungshof!"

Die Rolle der Rechnungshöfe

Nach Einschwenken der Leitung des Innenministeriums und der Regierungsfraktionen (CDU/CSU und SPD) auf Kernforderungen der Vertreter des Politischen Islam bleiben dem Staat nur noch wenige Kontrollorgane außer der Justiz, die für Korrektur sorgen könnten. Hamed Abdel-Samad liefert dazu einen wichtigen Gedankenanstoß. Zwar hat der Bundesrechnungshof keine politischen Entscheidungen zu beurteilen. Aber er kann den wirtschaftlichen und bestmöglichen Einsatz der Haushaltsmittel prüfen und Transparenz schaffen: über Ziele, eingesetzte Mittel und Ergebnisse. In der Regierungsantwort "So verteidigt sich Seehofers Haus gegen Kritik von Abdel-Samad" bestätigte das Innenministerium seine Kritik geradezu, macht seitdem aber ungerührt weiter. Wo immer Steuergelder in Maßnahmen des Staates fließen, ist es Aufgabe des Bundesrechnungshofes und der Landesrechnungshöfe, Kontrolle auszuüben, die Einhaltung von Wirtschaftlichkeitsvorgaben zu prüfen und darüber zu berichten.

Wie im hpd zur Notwendigkeit einer Rechnungshof-Prüfung der milliardenschweren Kirchensubventionen ausgeführt wurde, kann der Rechnungshof laut seiner Prüfungsordnung sogar Gesetzesänderungen empfehlen, wenn er über Erkenntnisse verfügt, dass bestehende Gesetze zu vom Gesetzgeber nicht gewünschten Auswirkungen führen oder führen können. Er kann Empfehlungen geben, wenn Ziele wirtschaftlicher erfüllt werden können oder bereits erfüllt sind. Analog dazu sind die Landesrechnungshöfe auf Länderebene in der Pflicht. Die staatliche Finanzierung von geistlichem und sonstigem Personal für Moscheegemeinden sind genauso im Mandat der Rechnungshöfe erfasst wie auch Steuervergünstigungen und jegliche Transfereinkommen aus öffentlichen Haushalten, zum Beispiel Finanzhilfen und zweckgebundene sowie zweckungebundene Zahlungen.

Abdel-Samad hatte bereits früher vorgeschlagen, dass nach über zehn Jahren Islamkonferenz eine Zwischenbilanz gezogen und geschaut werden sollte, "wo Fördergeld ausgegeben wurde und was uns das gebracht hat." Das Ergebnis: "Alle meine Vorschläge in der Islamkonferenz wurden nicht berücksichtigt."

Die Islamkonferenz war seit ihrer Bildung immer mal wieder Thema im Bundestag. Aber sie wurde nie von den Angehörigen der jeweiligen Regierungsfraktionen auf den Prüfstand gestellt, und es wurde nie eine unabhängige Untersuchung angestrengt. Es gibt gleichwohl Stimmen in allen Parteien von der CDU über die SPD bis zu den Grünen wie auch in der Zivilgesellschaft vom Zentralrat der Ex-Muslime über die Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände in Deutschland bis zu Terre des Femmes, die zwar Kritik an diesem Kooperationsformat und der Steuergeldvergabe äußern und vor dem Politischen Islam warnen, der Exekutiven aber nicht Einhalt gebieten können. Die Achse Kanzleramt-Innenministerium steht und strahlt negativ auf andere Ressorts und Landesregierungen aus. Kritische Wortmeldungen von Regierungspolitikern erfolgen eher im außerparlamentarischen Raum. So gaben der bayerische Justizminister a. D. Winfried Bausback (CSU) und der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Carsten Linnemann erst letztes Jahr ein solides Buch gegen den Politischen Islam heraus, und stellten es als Programm zur Verteidigung der Freiheit vor. Bislang ohne erkennbare Folgen auf den Regierungskurs.

Angesichts der von Hamed Abdel-Samad und vielen anderen festgestellten Intransparenz und Beratungsresistenz der Spitze des Innenministeriums, von weiten Teilen der Bundesregierung und Landesregierungen in Sachen Politischer Islam, gehört der Rechnungshof zu den Staatsorganen, von denen noch ein klarer Blick und verantwortungsvolles Handeln erwartet werden kann. Als unabhängiges Organ der staatlichen Finanzkontrolle ist er nur dem Gesetz unterworfen, kein anderes Staatsorgan kann ihn mit einer Prüfung beauftragen oder abhalten. Soweit ersichtlich, sind weder der Bundesrechnungshof noch Landesrechnungshöfe aktiv geworden. Was sollten die Prüfer anschauen? Eine Prüfung externer Finanzkontrolleure setzt bei den Zielen an.

Definierte Ziele? Wirtschaftliche Umsetzung?

Als Ziel der seit dem Jahr 2006 bestehenden "Deutschen Islam Konferenz" (DIK) gibt die Bundesregierung an, dass der "dauerhafte und regelmäßige gesamtstaatliche Dialog mit Muslimen" erreicht werden solle. Es würde darum gehen, "einen in Deutschland verorteten Islam zu befördern"; ferner, den "gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken – auch vor dem Hintergrund, dass das muslimische Leben durch die Zuwanderung der letzten Jahre vielfältiger geworden ist und sich im Zusammenleben von Nicht-Muslimen und Muslimen ebenso wie dem von Muslimen" Herausforderungen stellten.

Bildet die Islamkonferenz diesen Hintergrund eines vielfältigeren muslimischen Lebens ab? Von der mangelnden Berücksichtigung muslimischer Stimmen jenseits des Funktionärs-Islams wird noch zu sprechen sein. An dieser Stelle mag der Hinweis ausreichen, dass im aktuellen Zustand der Islamkonferenz vermutlich kaum etwas ferner läge, als dass Vielfältigkeit im Sinne einer "Oriental Diversity" (Amed Sherwan) oder eines auch von den beteiligten Islamverbänden anerkannten gleichberechtigten Zusammenlebens von Frauen und Männern oder von Islamgläubigen und Apostaten thematisiert würde. Ebenso wenig werden die innermuslimische Vielfältigkeit der Muslime homosexueller Ausrichtung und andere Punkte der Diversität angemessen auf der Islamkonferenz gewürdigt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel behauptete im November 2020 bei einem Austausch mit EU-Partnern, dass "Deutschland bei dem Thema Terrorismusbekämpfung den Kontakt zu islamischen Organisationen suche, zum Beispiel in der Islamkonferenz".

Wird die Bekämpfung islamistischen Terrors jedoch über die Islamkonferenz überhaupt verfolgt? Sind es nicht gerade die dort versammelten Vertreter des Politischen Islam, die alle Register der Öffentlichkeitsarbeit ziehen, um angesichts der erfolgreichen Rekrutierungswellen des Islamischen Staates mit hunderten Kombattant*innen aus Deutschland oder nach islamistischen Terrorattacken wie 2020 zuletzt in Paris, Nizza und Dresden Zusammenhänge zum Islam weit von sich zu weisen? Sind sie es nicht, die sogar ihren Einfluss auf den Unterricht an öffentlichen Schulen gegen pädagogisches Anschauungsmaterial wie Mohammed-Karikaturen geltend machen? Die sich als Opfer positionieren, um die weitere Einschränkung von Grundrechten der Gesamtgesellschaft wie der Meinungsfreiheit zu fordern, um ihre Agenda durchzusetzen? Wird das von Merkel angesprochene Thema des Terrorismus – oder grundlegender: Gewaltursachen – nicht gerade deshalb auf der Islamkonferenz ausgespart, um die Vertreter des Politischen Islams zu beschwichtigen, wie Kritiker immer wieder betonen? Wäre Terrorismusbekämpfung ein Ziel, das über die Islamkonferenz überhaupt sinnvoll erreicht werden kann? Oder anders gefragt: Welche Lösungen könnten auf der Islamkonferenz vereinbart und umgesetzt werden, für die es nicht andere, passendere Formate und Werkzeuge gibt?

Es war der CDU-Innenminister Thomas de Maizière, der die Themen "Extremismus und Sicherheit" 2014 von der Tagesordnung genommen hatte, "um die festgefahrenen Gespräche wieder zu beleben". Durch wen waren die Gespräche festgefahren? Nicht durch die Regierung oder liberale Muslime, sondern durch die Vertreter des Politischen Islam. So sperrten sich damals unter anderem deren Vertreter wie Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD), und forderten, dass der "Extremismusvorbehalt" enden müsse. Es war aber erst der CSU-Innenminister Horst Seehofer, unter dem die Regierung dann unter dem Eindruck von Rassismus-Debatten weitgehend auf die Forderungen des Politischen Islam eingeschwenkt ist und nun dessen Strukturen mit Steuergeldern verfestigt und ausbaut.

Das Innenministerium nennt ferner das Ziel, die Abhängigkeiten der islamischen Gemeinden vom Ausland zu reduzieren und einen "in Deutschland verorteten Islam zu befördern". Dieses Ziel ließe sich mit kostengünstigeren Alternativen erreichen. Vermutlich lässt es sich sogar nur mit Alternativen erreichen. Wie integriert man den großen Anteil der fünf Millionen Menschen in Deutschland, die einen Migrationshintergrund aus islamischen Mehrheitsgesellschaften haben, jedoch nicht durch die Islamverbände vertreten sind und nicht deren Moscheen aufsuchen? "Muslime sollten nicht über den Islam integriert werden, sondern über Arbeit, Kultur, Freiheit, die Begeisterung für die Aufklärung und für die Werte der deutschen Gesellschaft", sagt Abdel-Samad. Diese klare Aussage liegt ganz auf dem Stand der Integrationsforschung, aber nicht auf der Linie der Islamkonferenz des Jahres 2020.

Zugewanderte freiheitlich orientierte Menschen, konkret: Apostaten, wie sie sich in neuen Bewegungen wie der Säkularen Flüchtlingshilfe zusammenschließen, könnten dahingegen mit vergleichsweise sehr geringem Mitteleinsatz in den staatlichen Dialog mit Islamverbänden und Imamen eingebunden werden. Sie haben erstklassige Kenntnisse des real existierenden Islamismus in den Ländern, aus denen sie vor Islamisten fliehen mussten. Sie sind authentische Mahner vor den menschen- und freiheitsfeindlichen Strömungen in der islamischen Welt von Pakistan über Iran, Saudi-Arabien, Türkei und Ägypten bis Mauretanien. Sie können mithelfen, dass diese Strömungen nicht auch in Deutschland Schule machen.

Die Deutsch-Türkin Necla Kelek, die früher mit anderen Säkularen Mitglied der Islamkonferenz war, schreibt in der Emma, dass die aktuelle Änderung darin bestehe, die Imamausbildung nun vom Steuerzahler bezahlen zu lassen. Es würde nicht hinterfragt, ob diese Förderung dem Grundsatz der "Neutralität des Staates" in religiösen Angelegenheiten entspricht. Es wäre zudem für den Steuerzahler kostengünstiger gewesen, "wenn die Regierung sich auf Kontrolle beschränkt oder Voraussetzungen formuliert hätte, die ein Geistlicher erfüllen muss, wenn er in einer Moschee in Deutschland predigen will". Das sind durchaus relevante Punkte für den Prüfungskatalog der externen staatlichen Finanzkontrolle.