Österreichische Pastafari vor dem Bundesverwaltungsgericht

"Über kurz oder lang werden wir die Anerkennung bekommen"

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Führerschein mit Nudelsieb – ein Muss für den obersten österreichischen Pastafari Philip Sager
Philip Sager

Seit 2014 kämpft die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters in Österreich um das Recht, staatlich eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaft zu werden. Seit Januar 2018 wird vor dem österreichischen Bundesverwaltungsgericht über dieses Anliegen der Spaghettimonster-Anhänger – kurz: Pastafari – verhandelt. Für morgen wird das Urteil erwartet. hpd-Redakteurin Daniela Wakonigg sprach mit Philip Sager, dem Oberhaupt der österreichischen Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters, über das Verfahren.

hpd: Herr Sager, ... oder ziehen Sie es vor, mit "Oberster Maccherone" angesprochen zu werden ... nicht, dass ich hier ungewollt
irgendwelche religiösen Gefühle verletze ...?

Philip Sager: Da bin ich ganz unkompliziert, Frau Wakonigg. Am liebsten wäre mirs, Sie nennen mich Philip.

Oberster Maccherone Philip, die österreichische Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters führt derzeit vor dem
Bundesverwaltungsgericht in Wien einen Rechtsstreit. Worum geht es da?

Vor mittlerweile 4 Jahren haben wir um die Anerkennung als religiöse Bekenntnisgemeinschaft beim Kultusamt angesucht. Was eigentlich nur ein Formalakt hätte sein sollen, entpuppte sich als unendliche Geschichte, in der wir zum Spielball der Behörden wurden. Deshalb haben wir Beschwerde eingelegt und die wird in dieser Verhandlung behandelt, weil sich für unseren Antrag keiner zuständig fühlt.

Welche Privilegien würde eine solche Anerkennung mit sich bringen und warum wollen Sie diese Privilegien haben?

Eine Bekenntnisgemeinschaft zu werden, gesteht der Staat jedem zu, der die Formalkritieren erfüllt. Wie etwa die Gründung eines Vereins oder die Eheschließung. Jeder, der die Voraussetzungen erfüllt, kann das beantragen. Leider möchte der Staat uns das wohl verwehren, anders ist das Vorgehen der letzten 4 Jahre nicht zu erklären. Die Privilegien sind simpel, man ist dadurch dann zum Beispiel eine Rechtspersönlichkeit, d.h. erst dann kann die Gemeinschaft Räume anmieten, ein Konto eröffnen etc. Und man kann sich auf den Blasphemieparagraphen berufen, sollte jemand die eigenen religiösen Gefühle verletzen.

Normalerweise ist diese Anerkennung als Bekenntnisgemeinschaft ja per Antrag beim Amt zu bekommen. Wie kommt es also, dass die Sache vor dem Bundesverwaltungsgericht gelandet ist?

Genau – eigentlich ist das nur ein Formalakt beim Kultusamt. In unserem Fall leider nicht. Wir haben wirklich viel Geduld bewiesen, aber als dann die zuständigen Stellen angefangen haben, sich als nicht zuständig zu sehen, Bescheide vorzeitig zu erstellen und die dann wieder als verfassungswidrig aufzuheben, da haben wir dann Beschwerde beim Bundesverfassungsgerichtshof eingebracht. Dort wurde dann entschieden, ja, das Bundesverwaltungsgericht ist doch zuständig. Und deshalb wurden wir dann zur Verhandlung geladen, inklusive 20 Zeugen aus den Reihen unserer Mitglieder.

Anfangs sah es ja tatsächlich danach aus, dass der Richter den Mitgliedern Ihrer Kirche sehr intensiv auf den Zahn fühlen will. Von der geplanten Befragung von 300 Zeugen war die Rede. Aber inzwischen scheint das Gericht einen juristisch interessanten Weg gefunden zu haben, die Zahl der Zeugen zu reduzieren ...

Sie sagen es – wir dachten, es wäre ein Verhandlungstag mit eben diesen 20 geladenen Zeugen. Aber gleich am Anfang hat uns der Richter erklärt, er wird 300 Mitglieder vorladen – das ist die notwendige Anzahl an Mitgliedern, um Bekenntnisgemeinschaft zu werden. Damit war klar – das wird ein langes Verfahren! Und jeder Tag vor Gericht kostet uns einige Tausend Euro. Das Bundesverwaltungsgericht hat einigen Zeugen, die sich telefonisch gemeldet haben, dann wohl etwas unvorteilhaft formuliert den Rat gegeben, man könne ja austreten, dann muss man der Ladung nicht Folge leisten (einer Ladung als Zeuge muss man Folge leisten, sonst droht eine empfindliche Geldstrafe und/oder eine Zwangsvorführung). Da waren wir natürlich empört und haben unsere Mitglieder sofort informiert, dass dies kein Grund für einen Austritt ist. Bei der nächsten Verhandlung haben wir das aber schnell mit dem Richter klären können, ab da wurde den Zeugen lediglich ihr Recht erklärt, eben austreten zu können, um nicht erscheinen zu müssen. Ja, ein paar Mitglieder sind ausgetreten – aber wir haben alle informiert, dass sie nach der Verhandlung jederzeit wieder eintreten können. Und allgemein haben wir einen großen Zulauf, wir sind in den 4 Jahren um über 50% gewachsen! Welche andere Kirche kann das von sich behaupten …

Haben Sie das Gefühl, dass Sie durch staatliche Organe anders behandelt werden als andere religiöse Vereinigungen? Falls ja, worauf führen Sie das zurück?

Absolut! Ich wüsste von keiner Zeugenbefragung von Mitgliedern auch nur einer einzigen anderen Glaubensgemeinschaft. Dort hat der Staat also nie den Glauben oder die Mitglieder in Frage gestellt – bei uns schon. Das ist sehr fragwürdig und traurig. Das Kultusamt hat uns ja leider nie die Frage beantwortet, woran es scheitert, und was wir ändern sollen, damit der Antrag in Ordnung ist. Auch jetzt vor Gericht nicht übrigens.

Jetzt mal Hand aufs Herz: Glauben Sie wirklich an die Existenz des Fliegenden Spaghettimonsters?

Selbstverständlich, das hat mich der Herr Richter vor Gericht auch gefragt. Die Frage haben ebenfalls alle geladenen Zeugen gestellt bekommen, die Antworten waren sich durchwegs sehr ähnlich. Und genaugenommen hat das Gericht das gar nicht zu bestimmen, wo kämen wir denn da hin, wenn der Staat/ein Gericht entscheiden darf, was ein "echter" Glaube ist und was nicht – Glaube ist eben nicht beweisbar, sonst wäre es ja Wissen. Und jeder Glaube ist erstmal gleich gut oder schlecht. Ich kann ja auch den Buddhisten nicht sagen, euer Glaube ist leider nicht anerkannt, weil der Staat/das Gericht glaubt nicht an eure Gottheit(en).

Wie geht es jetzt weiter mit dem Verfahren und wie schätzen Sie Ihre Chancen ein?

Am 27. Februar ist der vierte und vermutlich letzte Tag am Bundesverwaltungsgericht. Der Richter hat am Ende des letzten Verhandlungstages angekündigt, bald entscheidungsreif zu sein. Wir sind natürlich voller Hoffnung, dass er erkennt, dass wir alle Kriterien (mindestens 300 Mitglieder, den gemeinsamen Glauben sowie die Gemeinschaft) erfüllen. Aber selbst wenn er uns eines davon nicht zugesteht, zum Beispiel die Gemeinschaft (obwohl die im Gesetz nirgends definiert ist), ist das auch OK für uns. Dann arbeiten wir an diesem einen letzten Punkt, bringen den Antrag erneut ein und dann klappt das! Wir sind überzeugt, die Kriterien zur Zufriedenheit des Staates erfüllen zu können, über kurz oder lang werden wir die Anerkennung also bekommen. Und wenn man uns nicht fair behandelt, müssen wir uns eben an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wenden.