Seit anderthalb Jahrzehnten kämpfen Pastafaris – die Anhänger des Fliegenden Spaghettimonsters – darum, dass ihr Glaube staatlicherseits gleichberechtigt mit anderen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften behandelt wird. Pastafari Sebastian von Baudissin ist nun gelungen, was in Deutschland einige andere vor ihm vergeblich versuchten: Die Ausstellung eines Personalausweises, auf dem er mit religiöser Kopfbedeckung abgebildet ist.
hpd: Herr von Baudissin, Ihnen ist gelungen, was zuvor einige Anhänger und Anhängerinnen des Fliegenden Spaghettimonsters in Deutschland vergeblich versucht haben: Ihnen wurde ein Personalausweis ausgestellt, auf dessen Foto Sie mit einer religiösen Kopfbedeckung zu sehen sind – einem Bandana. Wie haben Sie das geschafft?
Sebastian von Baudissin: Schlussendlich hat es ausgereicht, dass ich ein Foto von mir, auf dem ich das Bandana trage, an die Mitarbeiterin gegeben habe. Sie hat es ohne Reaktion oder Nachfrage ausgeschnitten und auf das Formular geklebt. Und auch beim Abholen wurde mir der Personalausweis ohne Nachfrage ausgehändigt. Ich hatte mich auf viele Nachfragen vorbereitet, unter anderem Erfahrungsberichte aus der Rubrik "Das Wort zum Freitag" von der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters e. V. gelesen. Anscheinend ist die Stadtverwaltung Plön im Bereich des Einwohnermeldeamtes komplett offen für verschiedene religiöse Ansichten und Weltanschauungen.
Es war also weder ein besonderes Nudelopfer noch Pasta-Bestechung der Mitarbeiterin des Einwohnermeldeamts im Spiel?
Nein, da waren keine Opfer oder Bestechung im Spiel. Am Abend der Abholung von meinem neuen Personalausweis gab es dafür eine große Portion Nudeln und ein regionales Bier zur Feier.
Inwieweit handelt es sich bei Ihrem Bandana um eine religiöse Kopfbedeckung?
Einige Zeit, nachdem ich Mitglied in der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters geworden bin, habe ich unter anderem dieses Bandana bekommen. Zuerst lag es im Schrank, inzwischen trage ich es täglich. Und es ist für mich auch ein Ausdruck, dass ich an ES glaube. Ich wurde mehrmals schon angesprochen, ob ich Pirat geworden bin. Und schlussendlich habe ich so wenige Haare auf dem Kopf, dass ich einen Schutz gegen Sonne und Wind brauche. Und da ist das Bandana ein wirklich toller modischer Schutz, den man sowohl draußen als auch drinnen tragen kann.
Hand aufs Herz: Tragen Sie das wirklich immer?
Wenn es in der Wäsche ist, trage ich es gerade nicht. Auch nachts nehme ich es ab und wenn ich mit der Freiwilligen Feuerwehr in den Einsatz fahre, setze ich es nicht auf. Ich glaube nicht, dass es wirklich feuerfest ist und es ist mir dann doch zu wichtig, als es im Einsatz zu beschädigen. Auch beim Fahrradfahren trage ich das Bandana unter meinem Helm oder wenn ich meine Laufrunden mache.
Warum tragen Sie kein Nudelsieb wie andere Anhänger des Fliegenden Spaghettimonsters, beispielsweise in Österreich?
Im Evangelium steht eindeutig, dass die Bekleidung der Piraten ES glücklich macht. Und Nudelsiebe gehören nicht dazu. Ich finde Nudelsiebe auch äußerst unpraktisch im Alltag und als Helm beim Fahrradfahren ist es auch ungeeignet.
Wie haben Sie persönlich zum Glauben an das Fliegende Spaghettimonster gefunden?
Ich habe vor längerer Zeit vom Fliegenden Spaghettimonster gehört und mich darüber informiert. Ich fand die Herangehensweise von unserem Propheten Bobby Henderson 2005 gegen die Schulbehörde richtig. Trotzdem habe ich alles etwas belächelt, da ich auch an einen christlichen/evangelischen Gott geglaubt habe. Doch drei Gegebenheiten haben dazu geführt, dass ich meinen Glauben an einen Gott verloren habe. Nach einiger Zeit erinnerte ich mich dann an das Fliegende Spaghettimonster und habe mich auf den aktuellen Stand gebracht, was dieser Glaube bedeutet, wie er gelebt wird. Irgendwann kaufte ich mir dann das Evangelium als Grundlage des Glaubens. Das alles passte mit mir und meinen (Lebens-)Vorstellungen so gut zusammen, dass ich mich dazu entschieden habe, Kirchenmitglied zu werden, diesen Glauben anzunehmen und zu leben.
Ihre Frau teilt Ihren Glauben nicht, sie ist Zeugin Jehovas. Nun ist das Fliegende Spaghettimonster ja bekannt für seine Toleranz. Von anderen Gottheiten kann man das dagegen eher nicht behaupten. Wie lebt es sich in einer solchen doch sehr glaubensverschiedenen Ehe?
Es ist eine komplett verrückte und doch normale Ehe. Zwar haben wir bei dem Thema Glauben und Gesprächen darüber sehr unterschiedliche Ansichten, doch wie Sie schon sagen: ES ist dafür bekannt tolerant zu sein! Und meine Frau hat es inzwischen auch akzeptiert, dass ich an das Fliegende Spaghettimonster glaube. Und sehr wichtig, sie respektiert es. In ihrer Glaubensgemeinschaft wird sie eher dafür bemitleidet, dass ich "andersgläubig" bin und dann auch noch auf diese Art und Weise. Eine andere Zeugin Jehovas sagte auch einmal, dass wir Pastafarianer ein Teil der evangelischen Kirche seien, da wir ja ein Evangelium haben. Kein Scherz. Ich musste mir sehr auf die Zunge beißen, um nicht lauthals loszulachen, denn auch die Zeugen Jehovas haben Evangelien im Neuen Testament.
Inzwischen haben wir die entsprechenden Meinungen ausgetauscht, einen neuen Alltag mit den unterschiedlichen Glaubensansichten gefunden und lassen den jeweils anderen seinen Glauben ausleben. Meine Frau wollte auch in der Heckscheibe unseres gemeinsamen Autos Werbung für Bibelkurse usw. anbieten. Dem habe ich zugestimmt, wenn ich beispielsweise einen Aufkleber vom Fliegenden Spaghettimonster aufkleben dürfte oder selbst "Werbung" für ES machen könnte. Daraufhin hat meine Frau die Anfrage zurückgezogen. Meine Frau schreibt "Werbebriefe" an die Nachbarn mit unserer gemeinsamen Adresse als Absender. Im Gegenzug habe ich mir das Recht herausgenommen auf dem Steg am See eine Piratenflagge anzubringen. Es ist in vielen Bereichen eine gemeinsame Absprache sowie ein Geben und Nehmen.