US-Senat schützt "Ehe für alle"

Vergangene Woche bestätigte der Senat den Respect for Marriage Act. In den letzten Wochen der Demokratischen Mehrheit im US-Parlament kommen die Abgeordneten damit dem Supreme Court zuvor, der jüngst andeutete, die Verfassungsmäßigkeit der bisherigen Rechtsprechung zu bezweifeln. Das Gesetz passierte den Senat mit den Stimmen zwölf Republikanischer Abgeordneter, 37 stimmten dagegen.

Biden: "Liebe ist Liebe"

Nach der höchst umstrittenen Entscheidung des Supreme Court (SCOTUS), Roe v. Wade zu kippen und die Abtreibungsgesetzgebung zurück an die einzelnen Bundesstaaten zu schicken (der hpd berichtete), hatte Verfassungsrichter Clarence Thomas angekündigt, auch den Meilenstein von einem Präzedenzfall Obergefell v. Hodges neu bewerten zu wollen. In diesem Fall urteilte der SCOTUS 2015, dass alle 50 Bundesstaaten gleichgeschlechtliche Ehen zulassen müssen. Zahlreiche Bundesstaaten haben die lokalen Verbote gleichgeschlechtlicher Ehen allerdings nie aufgehoben und diese Gesetze würden wieder in Kraft treten, sollte der SCOTUS sein früheres Urteil revidieren.

Thomas' Kollege Samuel Alito schlug bereits 2020 ähnliche Töne an. In einer Rede vor der erzkonservativen Federalist Society monierte der Verfassungsrichter, es sei "Bigotterie", dass man eine Ehe "heutzutage nicht mehr als Bündnis zwischen Mann und Frau bezeichnen darf". Der Respect for Marriage Act kommt somit in einer Zeit großer rechtlicher Unsicherheit für geschlechtlich und sexuell diverse Menschen gerade noch rechtzeitig.

Weitreichende Ausnahmen für religiöse Organisationen

Die durch Obergefell etablierte Regelung wird seit jeher von republikanischen Staaten kritisiert, die monieren, dass Menschen und Unternehmen dadurch dazu gezwungen werden könnten, gegen ihren Glauben zu handeln – beispielsweise, Hochzeitstorten für homosexuelle Paare zu backen. Der Respect for Marriage Act löst dieses "Problem", indem das Gesetz die Bundesstaaten lediglich verpflichtet, sämtliche in anderen Bundesstaaten legal geschlossenen Hochzeiten anzuerkennen.

Mit der Verabschiedung des Respect for Marriage Act wird der seit 1996 gültige Defense of Marriage Act ad acta gelegt. Eine Ehe ist damit auf Bundesebene nicht mehr als Bündnis eines Mannes und einer Frau definiert, sondern als Bündnis zweier Menschen unabhängig von Geschlecht und Ethnie. Die neue Regelung enthält außerdem eine Ausnahmeregelung für nichtkommerzielle religiöse Organisationen. Diese können nicht dazu verpflichtet werden, an "der Ehefeier oder formellen Vollziehung der Eheschließung" mitzuwirken.

Mehrheit sieht gleichgeschlechtliche Ehe als positiv für die USA

Breite Unterstützung hat die Gesetzgebung auch in der US-amerikanischen Bevölkerung. Einer jüngst vom Meinungsfoschungsinstitut Pew Research Center durchgeführten Umfrage zufolge, empfinden 61 Prozent aller US-Bürger*innen gleichgeschlechtliche Ehen als "positiven" Einfluss auf die Gesellschaft. Etwas mehr als ein Drittel sieht darin sogar einen "sehr positiven" Einfluss.

Besonders gut wird die gleichgeschlechtliche Ehe von Menschen bewertet, die der Demokratischen Partei zugeneigt sind: 80 Prozent sind sich sicher, dass die Gesellschaft sich dadurch zum Besseren entwickelt. Anhänger*innen der Republikanischen Partei sind gespalten: Konservative finden die gleichgeschlechtliche Ehe überwiegend schlecht, Liberale überwiegend gut.

Ein ähnliches Schisma zeigt sich in der Religionszugehörigkeit. Weiße evangelikale Protestant*innen (White evangelical Protestants) sind mit 71 Prozent die einzige religiöse Gruppe, die gleichgeschlechtliche Ehen überwiegend als negativ bewertet. Katholische und nicht evangelikale Menschen befürworten die Idee mehrheitlich. Menschen, die gar keiner Religion angehören, stehen dem Konzept der gleichgeschlechtlichen Ehe insgesamt am Positivsten gegenüber: Mehr als 80 Prozent begrüßen die Tatsache, dass Homosexuelle offiziell heiraten dürfen.

Das Umfrageinstitut Gallup errechnet sogar eine noch etwas höhere, generelle Zustimmungsrate, nämlich 71 Prozent. Damit hat sich in den Vereinigten Staaten in den letzten 20 Jahren extrem viel getan. Noch 2004 waren die Vorzeichen umgekehrt, knapp zwei Drittel der Bevölkerung standen der gleichgeschlechtlichen Ehe ablehnend gegenüber, nur etwa ein Drittel hatte eine positive Meinung. Mit der nun verabschiedeten Neuregelung bildet der Kongress also zweifelsohne eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung ab und entfaltet in keinerlei Hinsicht eine steuernde Wirkung – auch, wenn das der Großteil der Republikanischen Partei und ihrer reaktionären Basis noch immer nicht wahrhaben will.

Unterstützen Sie uns bei Steady!