Der Vatikan und die Corona-Impfung

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Engelsburg mit Engelsbrücke im Vatikan
Engelsburg mit Engelsbrücke

Manchmal möchte man einigen Katholiken empfehlen, sich Ex-Papst Benedikt und seinen Nachfolger Franziskus zum Vorbild zu nehmen. Zum Beispiel, wenn es um die Impfung gegen Covid-19 geht. Während die beiden Oberhirten den Pieks bereits erhalten haben, lehnen manche ihrer Schäfchen die Impfung ab, weil der Impfstoff Zellen von abgetriebenen Föten enthalten soll.

Die Behauptung ist nicht neu. Bereits vor der Corona-Krise, 2019, machte eine Seite namens "gesundmagazin.eu" damit Stimmung gegen Impfungen. Zu einem differenzierteren Schluss kam die Journalistin Joana Splieth, die sich für das Recherchenetzwerk Correctiv mit dem Thema beschäftigt hat. Demnach enthalten Impfstoffe keine Zellen von abgetriebenen Föten. Richtig ist, dass bei der Impfstoffherstellung sogenannte Zelllinien verwendet werden, die ursprünglich von abgetriebenen Föten aus den 1960er Jahren stammen. Zelllinien sind Zellen einer bestimmten Gewebeart, die sich im Labor über lange Zeit weiter züchten lassen. Sie liefern die Wirtszellen, in denen WissenschaftlerInnen Viren züchten und erforschen.

Correctiv zitiert hierzu das Paul-Ehrlich-Institut (Bundesinstitut für Impfstoffe und biomdizinische Arzneimittel): "Es gibt tatsächlich einige Virus-Impfstoffe, bei denen für die Vermehrung der Viren Zell Linien (!) aus fötalen Zellen verwendet werden. Der Begriff 'Zell Linie' bedeutet, dass diese Linie einmalig angelegt wurde und seitdem kontinuierlich vermehrt und eingefroren wird. Es ist also nicht so, dass immer wieder neue Föten benötigt werden, um Impfstoffe produzieren zu können."

So wurde für die Entwicklung des Vakzins von AstraZeneca unter anderem die Zelllinie HEK-293 verwendet. Sie hat ihren Ursprung in den Nierenzellen eines Mädchens, das in den 1970er Jahren abgetrieben wurde.

Für die katholische Kirche eröffnet sich damit ein ethisches Dilemma. Einerseits bezeichnet der Vatikan die Impfung gegen Covid-19 als "moralische Pflicht", weil sie andere Menschen schützt, und verkündete Anfang Februar sogar die Impfpflicht für alle 5.000 Bediensteten des Kirchenstaats. Wer sich widersetzt, kann den Job verlieren. Der amtierende Papst Franziskus und sein Vorgänger Benedikt haben die Impfung bereits erhalten, Franziskus sogar schon die zweite Dosis.

Andererseits tut sich die katholische Kirche schon seit langem schwer, Medikamente oder Impfstoffe gutzuheißen, die mit Hilfe von fötalen Zelllinien gewonnen wurden, nachzulesen etwa hier. Im Dezember hatte die Vatikanische Glaubenskongregation, eine Zentralbehörde der katholischen Kirche, die Corona-Impfung als "moralisch akzeptabel" für Katholiken bezeichnet. Die Impfung zu erhalten, bedeute "keine formelle Beteiligung an Abtreibung", versichern die Glaubenshüter ihren Schäfchen. Es "können alle Impfstoffe genutzt werden, die als medizinisch sicher und wirksam anerkannt sind".

Dennoch wäre es verfehlt, diese Verlautbarung als Anzeichen für eine veränderte Haltung des Vatikans zum Schwangerschaftsabbruch zu sehen. Die Autoren wollen ihr Zugeständnis weder als "auch nur indirekte Legitimierung von Abtreibung" noch als moralische Billigung einer Verwendung von Zelllinien abgetriebener Föten verstanden wissen. Die Erlaubnis gelte nur, solange keine "ethisch einwandfreien" Impfstoffe zur Verfügung stünden.

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