Skeptiker 2/2024 erschienen

Zweifelhafte Verfahren in Medizin und Traumatherapie

Mit zweifelhaften Verfahren in Medizin und Traumatherapie, dem Hexenglauben in Afrika und erstaunlichen Wahrnehmungstäuschungen befassen sich die Beiträge der jetzt erschienenen Ausgabe des Skeptiker 2/2024.

In der jetzt erschienene Ausgabe 2/2024 des Skeptiker – Zeitschrift für Wissenschaft und kritisches Denken widmet sich Udo Endruscheit einem ausführlichen Beitrag einer zweifelhaften medizinischen Methode, die dennoch auf den ersten Blick vertrauenswürdig wirkt: Die Neuraltherapie taucht im Angebotsspektrum von Ärzten auf und wird teilweise von Krankenkassen bezahlt, etwa bei Schmerzerkrankungen. Man spritzt dabei ein lokales Betäubungsmittel zur Behandlung von ganz unterschiedlichen Beschwerden – wobei die Injektion in der Regel nicht an der Stelle der Beschwerden erfolgt. Über den angeblichen Wirkmechanismus besteht Unklarheit: Einige vermuten eine pharmakologische Wirkung des Anästhetikums, andere glauben, dass die Behandlung auf das vegetative Nervensystem einwirkt. Indes ist die Studienlage zur Wirksamkeit dürftig und das Verhältnis von Nutzen und Risiko äußerst ungünstig, wie Endruscheit ausführlich darlegt. Insbesondere eine bestimmte Form der Neuraltherapie, die "Erweiterte Segmenttherapie" birgt potenzielle Gefahren für Patienten. Dort wird das Betäubungsmittel mit einer langen Kanüle nahe an einem wichtigen Teil des Nervensystems, dem sympathischen Grenzstrang, injiziert, wobei es zu drastischen Komplikationen kommen kann. Wie sich die Methode trotz alldem über die Zeit dennoch im Medizinbetrieb verankert hat, auch das wird in Endruscheits Artikel diskutiert. Letztlich plädiert der Autor dafür, eine klare Grenze zu ziehen zwischen wissenschaftlicher Medizin und unbelegten, unplausiblen Verfahren, vor allem, wenn sie Risiken mit sich bringen. Die Neuraltherapie ist hierfür ein Beispiel.

In die Welt der Wahrnehmungstäuschungen führt ein weiterer Beitrag im Heft, verfasst vom Psychologen Prof. Dr. Wolfgang Hell. Anhand von vielen Bildbeispielen zeigt er, wie uns das Zusammenspiel von Auge und Gehirn scheinbar paranormale Erscheinungen erleben lässt. So nehmen wir unter bestimmten Beobachtungsbedingungen einen hellen Kranz um eine Gestalt herum wahr. Religiöse Gläubige können sie als Heiligenschein deuten, Esoteriker sprechen von einer Aura; die wissenschaftliche Beschäftigung mit solchen Phänomenen verrät viel darüber, wie unser Wahrnehmungssystem funktioniert.

Weitere Artikel im Heft widmen sich der GWUP-Jahreskonferenz "SkepKon 2024", der Vortragsreihe "Aktionstage gegen geistige Brandstiftung" in Gießen und Wetzlar sowie dem Schwurbel-Podcast "CROPfm". Zudem stellt der Religionswissenschaftler und Menschenrechtler Leo Igwe die Initiative "Advocacy For Alleged Witches" vor, die sich für Opfer des Hexenglaubens in Afrika einsetzt.

Gleichzeitig mit dem neuen Heft hat die GWUP eine umfangreiche Informationsbroschüre zur Verschwörungstheorie "Rituelle Gewalt" und "Mind Control" (RG-MC) herausgegeben. Ein Auszug ist in der Magazin-Rubrik des neuen Heftes abgedruckt. Darin umreißt der Autor Dr. Kai Funkschmidt die Historie und die charakteristischen Merkmale dieser Vorstellung, die insbesondere von einigen Psychotherapeuten vertreten wird. Ihren Patientinnen suggerieren sie, dass ihre Probleme auf angebliche traumatisierende Erlebnisse zurückgehen, die jedoch in Wahrheit nie stattgefunden haben. Demnach seien die Betroffenen Opfer von "ritueller Gewalt"; durch psychische Manipulation hätten die Täter sie in mehrere Persönlichkeiten aufgespalten, die nichts voneinander wüssten. So soll erklärt werden, dass die Betroffenen über keinerlei Erinnerung an die angeblichen, teils bizarren Übergriffe verfügen. Erst die Therapie habe all dies aufgedeckt, heißt es seitens der Therapeuten. Doch die eigentlichen Probleme der Betroffenen bleiben unbearbeitet, hinzu kommt die stetige Angst vor Verfolgung durch die angeblich übermächtigen Täterkreise. Laut Funkschmidt seien deshalb seriöse Untersuchungen und Forschung im Kreis der RG-MC-basierten Therapien vonnöten. Die Gesundheitsbehörden ruft er auf, im Interesse des Patientenwohls einen genaueren Blick auf die Therapieformen zu werfen, die im Kontext der RG-MC-Theorie praktiziert werden.
Die Broschüre kann hier kostenlos heruntergeladen werden.

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