BOCHUM. (hpd) Für die Aufführung des Films "Das Leben des Brian" am Karfreitag wurde die säkulare Initiative "Religionsfrei im Revier" im vergangenen Jahr zu einem Bußgeld verurteilt. Nun hat die Initiative Verfassungsbeschwerde gegen das Feiertagsgesetz NRW beim Bundesverfassungsgericht eingereicht.
Seit 2013 zeigt die Bochumer Initiative Religionsfrei im Revier am Karfreitag den Film "Das Leben des Brian", dessen öffentliche Aufführung an sogenannten stillen Feiertagen nicht erlaubt ist. Das Feiertagsgesetz NRW verbietet am Karfreitag "alle nicht öffentlichen unterhaltenden Veranstaltungen außerhalb von Wohnungen bis zum nächsten Tag 6 Uhr". An diesem Tag dürfen mehr als 750 Filme nicht einmal in geschlossener Gesellschaft gezeigt werden, aber auch Gartenpartys, Umzüge oder Schachturniere sind verboten.
Ziel der karfreitäglichen Brian-Aufführungen der Initiative Religionsfrei im Revier ist es, auf diese vielen Menschen unbekannte Regelung hinzuweisen und gleichzeitig darüber aufzuklären, in wie vielen anderen Bereichen in Deutschland noch immer gegen die vom Grundgesetz gebotene Trennung von Staat und Kirche verstoßen wird.
Für die Filmvorführung am Karfreitag 2014 wurde gegen Martin Budich, den Verantwortlichen der Initiative Religionsfrei im Revier, ein Bußgeld verhängt. Budich klagte gegen das Bußgeld in der Hoffnung zu verlieren und nach Durchschreiten des Instanzenweges das Feiertagsgesetz NRW selbst auf den Prüfstand stellen lassen zu können.
Sein Wunsch erfüllte sich. Das Amtsgericht Bochum verurteilte Budich im Dezember 2015 zur Zahlung eines Bußgelds von 100 Euro. Nach der Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch das OLG Hamm Ende Mai 2016 war der ordentliche Rechtsweg erschöpft und der Weg zum Bundesverfassungsgericht eröffnet, der nun beschritten wurde.
Ziel der Verfassungsbeschwerde ist es, das Feiertagsgesetz NRW und seine Regelungen zu den stillen Feiertagen vom Bundesverfassungsgericht auf seine Vereinbarkeit mit der Verfassung überprüfen zu lassen, in der Hoffnung dass, so Religionsfrei im Revier, "diese staatliche Bevormundung mit kirchlichen Normen beendet wird".
15 Kommentare
Kommentare
J. Meyer am Permanenter Link
Viel Glück!
Jochen Lengerke am Permanenter Link
Die Entscheidung des Bundesverfassunggerichtes sollte eigentlich keine Glückssache sein. Es ist nach Rechtslage zu urteilen - bei sich widersprechenden Normen im Sinne des höherwertigen Rechtsgutes.
Stefan am Permanenter Link
Rein rechtlich ist die Sache offensichtlich.
Ulf am Permanenter Link
Ja, dies wird man brauchen...
Grüße
F.R.W. am Permanenter Link
Wenn ich in dem PDF-File nichts überlesen habe, so zielt die Begründung der Klage wieder einmal viel zu kurz.
Konzentriert man sich in der Klagebegründung auf den Schutz der Freiheit von Religion, läßt man sich wieder auf die Abwägung minderheitlicher Schutzbedürfnisse ein, so daß alles erneut auf richterliche Bauchgefühlentscheidungen hinausläuft, wieviel Einschränkung den Opfern zuzumuten ist. Warum wird aber nicht objektiv und prominent herausgearbeitet, welchen praktischen Zweck dieser radikale Schutz radikaler Christen überhaupt verfolgt, und ob dieser Zweck in dieser Extremform überhaupt legitim ist?
Man schaue sich einfach einmal an, welchen Unterschied das Verbot nicht-gebotsmäßiger Veranstaltungen in ausreichend schall- und lichtisolierten Räumen hervorbringt: OHNE dieses Extremverbot würden die zu schützenden Christen physisch in ihrer Religionsausübung nicht beeinträchtigt, da alle unmittelbar öffentlichen Bereiche trotzdem ruhig blieben. MIT dem Extremverbot sind die Christen physisch immer noch genauso ungestört, dürfen aber IN DEM BEWUSSTSEIN leben, daß auf dem Gebiet des Landes NRW sich alle Menschen an die radikal-christlichen Regeln halten. Die Nichtchristen werden also physisch beeinträchtigt (durch Einschränkung ihrer physischen Handlungsfreiheit), um den Christen nichts weiter als DAS GEFÜHL zu geben, die Gebote ihrer Religion würden auch Religionsfremde binden. Das ist an sich schon perfide aufgrund von zwei Dingen: der eindeutigen Nichtverhältnismäßigkeit der abzuwägenden Interessen (Bewußtsein über Vorgänge <-> physische Tat), und der offenkundigen Unterwanderung der Gewährung der Freiheit von Religion.
Daß Menschen zwecks des Superioritätsgefühls einer religiösen Elite Handlungen begehen oder unterlassen sollen, ist aber noch nicht alles. Der besondere Unsinn liegt darin, daß das vom Gesetz bezweckte Gefühl einer Superiorität (oder im einfachsten Fall zumindest einer emotional übersteigerten Ungestörtheit) sich allerdings auf die Landfläche von NRW beschränkt. Wenn die radikalen Christen mal genau hinfühlen, werden sie feststellen, daß NRW nur 0,00007% der Erdoberfläche einnimmt, so daß sich die Friedens-, Macht- und sonstigen Gefühle der nordrheinwestfälischen Christen auf die restlichen 99,99993% der Erde leider nicht erstrecken können. Daß die Erzeugung eines 0,00007-prozentigen Gefühls andere nicht davon abhalten sollte, im stillen Kämmerlein alltäglichen Dingen nachzugehen, muß selbst dem fundamentalistischsten Richter klar sein.
Klaus Bernd am Permanenter Link
Viel Geduld !
Bin sicher dass der Termin für die Verhandlung auf wundersame Weise
immer wieder nach hinten verschoben wird.
Erinnert man sich auch noch an die irre Verfahrensweise ?
Stefan am Permanenter Link
Kann man die Aktion als Normalsterblicher irgendwie Unterstuetzen?
S
Martin Mair am Permanenter Link
Und wenn der Bundesverfassungsgerichtshof nicht Recht gibt, dann unbedingt auch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anrufen!
Ich jedenfall teile am Karfreitag schon geradezu traditionellerweise den Abschlusssong "Take a look on the bright side of life" auf meinem facebook-Profil. Jetzt erst recht! ;-)
Hans Trutnau am Permanenter Link
Vollste Breitseite gegen solche Anachronismen!
Bin gespannt auf die BVerfG-Reaktion.
Mir schwant eher Übles; hoffe aber, dass ich mich irre!
Kay Krause am Permanenter Link
Leider ist es so, dass Aufklärung häufig von entsprechenden Gruppierungen als Angriff empfunden wird, dass man beleidigt ist und sofort zum Gegenangriff übergeht.
dass mittlerweile über 30% der deutschen Bevölkerung mit Kirche nichts mehr am Hut hat? Dass diese Leute keine Lobby haben, dass sie alle öffentlichen kirchlichen Zeremonien, einschließlich des Glockengeläutes Sonntag früh um 6:00Uhr über sich ergehen lassen müssen? Dass Ihnen die staatlich finanzierten kirchlichen Programme in Radio und TV ungefragt in's Haus gesendet werden? Der religiös gepägte Kritiker dieser Zeilen wird zu recht sagen: "Wo ist das Problem? Radio und TV kannst du doch abschalten. Kein Mensch zwingt dich, dir das anzuhören!"
Richtig! Wie die Werbung, die schalte ich auch ab. Aber Frage: Wie kann ich "Kirche" abschalten? Wie kann ich Kirche aus dem öffentlich finanzierten Leben entfernen? Wie kann ich Kirche davon überzeugen, dass meine atheistischen Steuergelder "Teufelsgelder" sind, gottlose Gelder, die Kirche auf keinen Fall annehmen sollte?! Warum bin ich kein Missionar geworden? Und nun: auf zum Gegenangriff, "christliche" Freunde, Nachbarn und Mitbürger eines freiheitlich demokratisch geprägten Staates. Haut drauf! Verteidigt Eure Pfründe, die noch aus der Nazi-Zeit stammen. Halleluja!
Mark Fraser am Permanenter Link
Hi Kay,
"häufig", aber nicht immer. Ich bin Christ, aber gegen das Feiertagsgesetz. Kann die kirchliche Argumentation nicht nachvollziehen. Und der Staat sollte diese merkwürdige Bevorzugung beenden.
Gruß
Mark
Karlo Freitag am Permanenter Link
Wünsche der Initiative viel Erfolg, wobei vor dem BVG wohl gilt: dabei sein ist alles. Das ersetzt keine Gesetzesinitiativen, kann ihnen aber behilflich sein.
Assunta Tammelleo am Permanenter Link
Guten Morgen!
Na, da rührt sich was. Der bfg mÜnchen legte 2007 Widerspruch gegen die Entscheidung des dortigen Kreisverwaltungsreferates ein, die angekündigte "Heidenspaß"-Party am Karfreitag unter Androhung des höchstmöglichsten Bußgeldes von 10.000,00 € zu verbieten. Die Party hat zwar nicht stattgefunden, doch uns stand damit - und das war ja auch der Plan - der Weg durch die Instanzen offen. Der Rechtsweg ging über die bayerischen Gerichte. Aktuell liegt das Verfahren seit vier Jahren (!) vor dem Bundesverfassungsgericht. Es soll in diesem Jahr endlich entschieden werden nach letzter Auskunft. Wer Fragen dazu hat wende sich bitte direkt an den bfg mÜnchen bzw. an die RA-Kanzlei Wächtler und Kollegen. Der zuständige RA ist Hubert Heinhold, im Nebenberuf auch Vorstand bei "Pro Asyl".
Schönen Tag noch...
Assunta Tammelleo
David am Permanenter Link
ich habe eine Frage an den HPD. Wie wird man denn Gläubiger. Man wird hineingeboren und warum kommen diese Leute so schwer davon los.
gibt es dazu ein Buch oder text, am besten von Horst Herrmann. so aus soziologischer Sicht und auch psychologischer.
Gruß David
Unechter Pole am Permanenter Link
Die Lage ist traurigerweise ziemlich klar. Leider gibt es Art. 4 Abs. 2 GG und Art. 140 GG in Verbindung mit dem Art. 139 WRV.