BERLIN. (hpd) Selbst Mitglieder des HVD waren überrascht. Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft hat den Welthumanistentag als Feiertag anerkannt. Damit können Eltern ihre Kinder am Welthumanistentag, dem 21. Juni, vom Unterricht befreien.
In etwas umständlichem Amtsdeutsch gab der Senat mit einer Pressemitteilung bekannt: "Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft hat den Welthumanistentag entsprechend der Regelungen für religiöse Feiertage in die neue Ausführungsvorschrift (AV) Schulbesuchspflicht aufgenommen und gibt ab kommenden Schuljahr humanistischen Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, sich zur Pflege ihrer Feierkultur auf Antrag beurlauben zu lassen."
Werner Schultz vom Humanistischen Verband Deutschland (HVD-BB) sagte dazu gegenüber dem hpd: "Wir freuen uns über die Entscheidung und werden am 21. Juni, dem Welthumanistentag, Themen im Bereich der Kinder- und Menschenrechte bieten und wünschen uns, dass daraus eine besondere Bildungserfahrung entsteht." Die Pläne des HVD dafür sind längst gemacht und werden jetzt verfeinert.
Noch vor eineinhalb Jahren war die entsprechende Klage einer Mutter vom Verwaltungsgericht abschlägig beschieden worden. Doch schon damals wurde bekannt, dass sich der Humanistische Verband Deutschland (HVD) mit der Schulbehörde in Verbindung setzen wird, um über eine Berücksichtigung des Welthumanistentages in der AV Schulpflicht zu verhandeln.
Die Bewertung des Welthumanistentags als weltanschaulicher Feiertag wurde nach SPIEGEL-Informationen vom HVD Berlin-Brandenburg beantragt.
Die Freistellung betrifft vorerst nur Schüler, deren Eltern dem HVD angehören; allein die Teilnahme am Unterrichtsfach "Humanistische Lebenskunde" genügt dafür nicht. "Schülerinnen und Schüler werden nun auf Antrag von der Schulleiterin oder dem Schulleiter für den Welthumanistentag beurlaubt. Der Tag gilt, wie die freien Tage aus religiösen Gründen, als unterrichtsfreier Tag und nicht als Fehltag. Die Beurlaubung setzt die Zugehörigkeit zu einer Weltanschauungsgesellschaft voraus."
Bildungssenatorin Sandra Scheeres sagte dazu: "Der Welthumanistentag soll humanistischen Schülerinnen und Schülern die Gelegenheit geben, über den Zusammenhalt und das Miteinander in unserer Gesellschaft nachzudenken und ihre Feierkultur zu pflegen."
So ist Berlin Vorreiter: als erstes Bundesland wird eine Gleichstellung von Weltanschauungen und Religionen, zumindest, soweit es die Feiertagskultur betrifft, von einer Landesregierung festgelegt. Eine Forderung, die bereits seit einiger Zeit auch in der Politik gefordert wird.
Die Internationale Humanistische und Ethische Union (IHEU) hatte 1986 den Feiertag erstmals ausgerufen, "um das Bewusstsein für die Bedeutung von humanistischen Ideen und Überzeugungen zu verbessern." Rund 5 Millionen Menschen sollen diesen Tag seitdem feiern.
3 Kommentare
Kommentare
Frank Spade am Permanenter Link
Dass ich dass noch erleben durfte!
Wolfgang am Permanenter Link
Das wird sich in anderen Bundesländern noch fortsetzen, zuletzt Bayern, wetten dass????
valtental am Permanenter Link
"Die Senatsverwaltung ... hat den Welthumanistentag entsprechend der Regelungen für religiöse Feiertage in die neue Ausführungsvorschrift... aufgenommen..."
Dann müsste aber irgendwie auch noch diese Ausführungsvorschrift umbenannt oder ergänzt werden, wenn Humanisten jetzt nicht als Religiöse gelten sollen.
Manchen mag dies als Erfolg langwierigen Streitens erscheinen, und es ist zweifellos auch einer. Mich befällt aber immer wieder ein Unbehagen, wenn trotz Schulpflicht Kinder infolge von Gruppeninteressen der Erwachsenen(!) Separierung kennenlernen. Gewiß, die Gesellschaft ist vielfältig, und indiv. Feiertage Ausdruck dessen, aber eben Ausdruck der Erwachsenenwelt und nicht die der Kinder. Ich sehe das Kopieren dieser religiösen Praxis durch säkulare Verbände eher skeptisch, weil es Gesellschaft schon im Kindesalter fragmentiert. M.E. sollte der neutrale Staat die Schulpflicht nicht weltanschaulichen oder religiösen Gruppeninteressen unterordnen. Wenn es schulfrei gibt, dann für alle Kinder im Rahmen gesamtgesellschaftlicher Feiertage, die entsprechend ausgewogen (oder neutral) gestaltet werden sollten. Was darüber hinausgeht ist Privatsache und entbindet nicht vom Schulbesuch.