Sieben Prozent der katholischen Priester in Australien sollen sich zwischen 1950 und 2010 des Kindesmissbrauchs schuldig gemacht haben. Das besagt ein gestern vorgestellter Zwischenbericht der Nationalen Missbrauchs-Kommission Australiens.
Seit dem Jahr 2013 untersucht die Royal Commission into Institutional Responses to Child Sexual Abuse Anschuldigungen wegen sexuellem und körperlichem Kindesmissbrauch in australischen Institutionen wie Schulen, Sportvereinen oder religiösen Organisationen. Insbesondere die katholische Kirche erwies sich bei den Untersuchungen der Kommission als höchst anfällig für Kindesmissbrauch.
In einem Zwischenbericht der Royal Commission, der am Montag vorgestellt wurde, erklärte Gail Furness, Leiterin des Anwaltsteams der Kommission, dass 60% aller angezeigten Missbrauchsfälle in religiösen Organisationen stattgefunden haben – hiervon fast zwei Drittel in der katholischen Kirche. Für 10 religiöse Orden führt die Royal Commission sogar detailierte Zahlen auf. Bei einem davon, den katholischen St John of God Brothers, wurden ganze 40% der Ordensmitglieder des sexuellen Missbrauchs beschuldigt, bei drei weiteren Orden waren es rund 20% der Ordensmitglieder.
Laut den Ermittlungen der Royal Commission haben wahrscheinlich 7% aller katholischen Priester in Australien zwischen 1950 und 2010 Kinder missbraucht. Das Durchschnittsalter missbrauchter Mädchen lag bei 10,5 Jahren, das missbrauchter Jungen bei 11,5 Jahren. Im Durchschnitt wurde ein Missbrauch erst 33 Jahre, nachdem er stattfand, gemeldet.
Francis Sullivan, Beauftragter der katholischen Kirche für die Ermittlungen der Royal Commission, betonte, dass diese Zahlen ein massives Versagen der Kirche beim Schutz von Kindern aufzeigten. "Als Katholiken neigen wir unsere Köpfe vor Scham", sagte er vor der Kommission.
Allerdings gab es in den vergangen Jahren nicht gerade wenige Stimmen, die der katholischen Kirche in Australien vorwarfen, die Missbrauchsfälle in der eigenen Insitution vertuscht zu haben. Insbesondere Kurienkardinal George Pell war wegen seines Umgangs mit den Missbrauchsfällen immer wieder in die Kritik geraten. Pell war lange der ranghöchste katholische Würdenträger Australiens. Von 1996-2001 war er Erzbischof von Melbourne, von 2001-2014 Erzbischof von Sydney. Seit 2014 ist er Präfekt des vatikanischen Wirtschaftssekretariats. Missbrauchsopfer hatten ihm vorgeworfen, er habe ihre Fälle vertuscht, was Pell jedoch zurückwies.
Als Kardinal Pell im Februar letzten Jahres von der Royal Commission befragt wurde, räumte ein, er habe, als er damals erstmals von dem Vorwurf hörte, dass Priester Kinder sexuell missbrauchten, "stark dazu tendiert", die Version der Priester zu glauben. Keine rein persönliche Tendenz, wie Pell weiter ausführte, da die Kirche insgesamt eine Neigung gehabt habe, Kindern, die sich über Priester beschwerten, nicht zu glauben. Laut der britischen Zeitung The Guardian sagte Pell wörtlich: "Zu dieser Zeit gab es eher den Instinkt, die Institution, die Gemeinschaft der Kirche, vor Schande zu bewahren."
12 Kommentare
Kommentare
Konrad Schiemert am Permanenter Link
Stellen wir uns einen Verein vor in dem 7% der Mitglieder Kinder missbrauchen. Dann stellen wir uns vor, wie die Öffentlichkeit reagieren würde, wenn dieser Missbrauch bekannt wird.
Hartmut Alt am Permanenter Link
Hallo Herr Schiemert , die Dunkelziffer ist bei diesen Delikten sehr , weil aus Scham
oder wegen Traumatisierung geschwiegen wird . Vermutlich kann man die aufgedeckten
Hartmut Alt
Limburgerhof
Konrad Schiemert am Permanenter Link
Wenn man daran denkt, dass die RKK wahrscheinlich überall auf der Welt die gleiche oder ähnliche Missbrauchsquote hat, dann wäre die Schießung des Vereins RKK eine effektive Lösung.
Klaus Bernd am Permanenter Link
"Im Durchschnitt wurde ein Missbrauch erst 33 Jahre, nachdem er stattfand, gemeldet." D.h.
Selbst bei ihren fadenscheinigen Rechtfertigungen lassen die Edelkleriker jede Logik vermissen:
"Keine rein persönliche Tendenz, wie Pell weiter ausführte, da die Kirche insgesamt eine Neigung gehabt habe, Kindern, die sich über Priester beschwerten, nicht zu glauben. Laut der britischen Zeitung The Guardian sagte Pell wörtlich: "Zu dieser Zeit gab es eher den Instinkt, die Institution, die Gemeinschaft der Kirche, vor Schande zu bewahren."
Frage: Wie sollte Schande über die Kirche kommen, wenn an den Beschwerden der Kinder nichts dran war, was man doch sicher mit der gebotenen Glaubesngewissheit annahm ?
mgs am Permanenter Link
Nun ja, im Grunde ist katholische Kirche Kindesmissbrauch an sich. Insofern wurden 100 Prozent aller Kinder sexuell missbraucht: Ihnen wurde die Lust schon ausgetrieben bevor sie überhaupt bis drei zählen konnten.
Norbert Schönecker am Permanenter Link
Wir feiern die leibliche Liebe zwischen Mann und Frau mit einem Sakrament. Das ist das Gegenteil von lustfeindlich.
Also: Weder in der Theorie noch in der Praxis habe ich die Kirche als lustfeindlich in Erinnerung.
Die tatsächlich beschämenden Missbrauchsfälle haben m.E. viel mehr mit Machtmissbrauch als mit Lust zu tun. Das entspricht auch dem Stand der Forschung: Sexueller Missbrauch, sei es in der Familie oder in Institutionen, ist seltener auf echte Pädophilie zurückzuführen als auf zwanghafte Machtausübung.
Jede Untersuchung zu Missbrauch - sei es in der Kirche oder sonstwo - ist zum Schutz der Kinder aufzudecken. Ebenso aufzudecken sind die schäbigen Betrugsversuche der Trittbrettfahrer, die Missbrauch erfinden, um an Geld zu kommen. Sie ziehen das Schicksal der echten Opfer in den Schmutz.
H. Boemer am Permanenter Link
Von wegen nicht lustfeindlich!
Norbert Schönecker am Permanenter Link
Lust sollte nicht nur auf den Sexualakt reduziert werden. Zur Lust gehören auch Musik, Essen, Tanzen, Feiern - jede lustvolle sinnliche Wahrnehmung.
Der Kommentar von mgs, auf den ich geantwortet habe, bezog sich ausdrücklich auf Kinder, denen "die Lust schon ausgetrieben (wurde) bevor sie überhaupt bis drei zählen konnten". Da hat er wohl kaum die Lust am Sexualakt gemeint. Diese weitere Bedeutung von "Lust" habe auch ich verwendet.
Gerade die Katholische Kirche hat das Feiern und die sinnliche Wahrnehmung stets sehr geschätzt. Gesang, bildende Kunst, Prozessionen, Feiern aller Art - all das gehört zum Lustempfinden.
Wenn Sie einen katholischen Kindergarten besuchen, werden Sie feststellen, dass auch dort genauso lustvoll mit den Kindern gearbeitet wird wie in jedem anderen vernünftigen Kindergarten. Mit viel Freude an altersgerechter körperlicher Betätigung.
Ihre Behauptung "wenn er zur Zeugung von Nachkommen, und nur dazu, ohne Lustempfindung durchgeführt wird" ist schlicht und einfach falsch.
Zur Richtigstellung: aus dem aktuell gültigen Katechismus der Katholischen Kirche:
2362: "Die Geschlechtlichkeit ist eine Quelle der Freude und Lust."
"Der Schöpfer selbst ... hat es so eingerichtet, daß die Gatten bei dieser [Zeugungs]funktion Lust und Befriedigung des Leibes und des Geistes erleben. Somit begehen die Gatten nichts Böses, wenn sie diese Lust anstreben und sie genießen." (zitiert aus: Pius XII., Ansprache vom 29. Oktober 1951. Ja: 1951! Also nicht erst seit Kurzem!)
Hans Trutnau am Permanenter Link
Schön die religiöse Indoktrination ist Vergewaltigung.
Kay Krause am Permanenter Link
Ein wahres Wort gelassen ausgesprochen, Herr Trutnau!
Hartmut Alt am Permanenter Link
Da bin ich gerade mal froh , dass es noch mehr Menschen gibt , die so denken .
Hartmut Alt
Limburgerhof
Wolfgang am Permanenter Link
Bitte nicht nur nach Australien schauen, auch bei uns gibt es genügend Fälle von Kindesmissbrauch durch Priester. Es wurde immer wieder gedeckt, so und so.
wollte, das der Priester "so komisch gefummelt" hat, gab es eine Ohrfeige:"So etwas sagt man von einem Priester nicht"! und diese Ungerechtigkeit haben "Kinder" bis in höhere Lebensalter mit herum geschleppt und darunter gelitten, bis sie an die Öffentlichkeit traten. Was machte die Kirche? Schweigen und sich in Entrüstung zelebrieren. Und da wundern sich die Kirchen, das immer mehr Mitglieder diesem Sumpf den Rücken kehren. Das wundersame aber kommt durch den Staat, der die Kirchen höher finanziell unterstützt und ausgleicht. Ausgleichende Gerechtigkeit christlicher Art.