"Ark Encounter" hat zu wenig Besucher

Leerstand in Noahs Arche

In den USA hat die nachgebaute Noah-Arche des Kreationisten Ken Ham weit weniger Besucher als prophezeit. Jetzt werden, mit Gottes Hilfe, die Zahlen zurechtgebogen.

Kreationismus und Mathematik, immer wieder zwei Welten, die zueinander passen wie Ballon und Nadel: Bringt man beide zusammen, so gibt es einen Knall. Übrig bleibt die harte Nadel der Zahlenlogik, die Heißluft im Ballon verpufft, seine Reste hängen in feuchten Fetzen. Etwa fragt man sich ja schon lange, wie lange Noah gebraucht haben mag, um sein Riesenschiff im Alleingang zusammenzuzimmern, was wohl im Vergleich zum Beladevorgang immer noch ein Kinderspiel war. Geschätzte 8,7 Millionen Tierarten gibt es auf der Welt, und es bleibt rätselhaft, wie Noah wohl an Pinguine gekommen ist, und wie diverse Arten überleben konnten, die an die klimatischen Bedingungen des Mittelmeerraums nicht angepasst sind. In der Hitze des Sommers haben wir gerade einmal durchgerechnet und flotte 10 Minuten pro Tierart veranschlagt: Ausfindig machen, einfangen, zur Arche bringen, zuladen. Allein schon dafür hätte Noah 165 Jahre gebraucht, und dabei wäre die Futterfrage immer noch schreiend ungeklärt. Nun gut.

Wenn Zahlen nicht dein Freund sind, wenn der rein logische Umgang mit ihnen für dich eine Bedrohung darstellt, kannst du dich immer noch mit kleinen gedanklichen Zauberkunststückchen und mit Rhetorik über sie hinwegretten: Als etwa Kreationist Ken Ham, der Mann mit dem Kapitänsbart, seinen Archen-Nachbau "Ark Encounter" plante und sich dafür vom Staat Kentucky tüchtig protegieren ließ, da war die Mathematik noch sein Freund. Denn noch standen sie ja auch in den Wolken, die Besucherzahlen der vielleicht größten begehbaren Holz-Installation aller Zeiten. Seit der Eröffnung im letzten Jahr allerdings prasseln nun die Zahlen als harte Fakten nieder auf Ken Ham.

Hatte er zunächst bis zu 2 Millionen Besucher jährlich in Aussicht gestellt, mindestens aber 1,4 Millionen, so schraubte er die Erwartungen kontinuierlich zurück. Realistischen Einschätzungen zufolge dürfte er froh sein, wenn er nach dem ersten Jahr des Betriebs auf eine Million Besucher kommt, die dort also für 40 Dollar Eintritt das Holz anfassen, einen Streichelzoo besuchen, Fotos machen und sich keinen Moment fragen, wie Noah auch nur einen einzigen der wirklich klobigen Holzbalken überhaupt bewegen konnte, aus denen der Archennachbau besteht.

Aber geschenkt. Denn wenn die Fantasielosigkeit der Zahlen sie zu ärgern beginnt, laufen die Kreationisten erst so richtig zur Hochform auf. Hams ursprüngliche Zahlen, die Boomverheißung, hat er sich von seinem Buddy Britt Beemer ("Ich habe mehr als 12 Millionen Amerikaner interviewt.") anfertigen lassen. Der hat nun auch die Begründung geliefert, warum die Realität seiner Prophezeiung von der schnöden Realität der Ticketverkäufe abweicht:

Die Eröffnung des Großholzes fand ja letztes Jahr im Sommer statt, und zwar am 7.7., eine Zahlenkombination, die gut klang und sich irgendwie weihevoll aus der Bibel ableiten ließ. Britt hat nun das Problem erklärt, das sich aus diesem Termin ergab: Da man im Sommer eröffnet habe, seien alle Familienurlaube bereits geplant gewesen, alle Busse gebucht! Zu ärgerlich aber auch! Dass Gott da nicht ein kleines Warnsignal gesendet hat: "Ho, sagt euren Leuten, dass sie beruhigt auch im April einen Trip für den Sommer buchen können, selbst wenn die Arche erst im Juli fertig ist!"

Es hätte eigentlich kein Problem sein dürfen, mit dieser Offenbarung Kreationisten in hellen Scharen nach Kentucky zu locken. Die sind doch sonst auch voller Vertrauen, sie hätten sicher an die Fertigstellung des verheißenen Themenboots geglaubt, und dass ein Bus kommen werde, sie dorthin zu verfrachten. Vielleicht hätten sie unterwegs sogar ein paar Pinguine aus nahen Zoos mitbringen können, dann wäre auch, was die Tieranlieferung zur Arche angeht, ein mächtiges Exempel statuiert.