Die Journalistin Nina Horaczek und der Kommunikationsexperte Walter Ötsch arbeiten in ihrem Buch "Populismus für Anfänger. Anleitung zur Volksverführung" mit ironischem Unterton die Tricks der Populisten im öffentlichen Diskurs heraus. Dabei gelingt es ihnen anschaulich, anhand von vielen Beispielen die jeweiligen Manipulationsmechanismen und Tricks der Populisten im besten aufklärerischen Sinne herauszuarbeiten.
Warum ist Populismus erfolgreich? Über diese Frage wird angesichts der Ergebnisse einschlägiger Parteien bei Wahlen kontrovers diskutiert. Eine andere Frage lautet: Wie ist Populismus erfolgreich? Dabei geht es nicht um die Bedingungsfaktoren, sondern um die Methoden. Mit welchen Mitteln agitieren Populisten? Antworten auf diese Frage findet man in dem Buch "Populismus für Anfänger. Anleitung zur Volksverführung". Geschrieben haben es die Journalistin und Politikwissenschaftlerin Nina Horaczek und der Kommunikationsexperte und Ökonom Walter Ötsch. Der Titel irritiert ein wenig. Er klingt so wie eine Hilfestellung für Populisten. Genau so ist das Buch auch mit ironischem Unterton aufgebaut. Nicht immer halten die Autoren diese Perspektive durch, aber sie hat dafür ihren besonderen Reiz. Indem sie scheinbar den angesprochenen Agitatoren verschiedene Tipps geben, entlarven sie deren Manipulationen und Tricks. Gleichzeitig arbeiten Horaczek und Ötsch die Besonderheiten des Kommunikationsmittels "Populismus" heraus.
Gleich zu Beginn heißt es: "Dieses Buch fußt auf den Erfahrungen der letzten zwei Jahrzehnte. Es zeigt auf, mit welchen Tricks die Demagogen unserer Zeit arbeiten und welches Welt- und Menschenbild dahintersteht. In diesem Buch lernen Sie, selbst zum Superdemagogen zu werden und Spaß daran zu haben, die demagogischen Codes zu entschlüsseln" (S. 7). Dies geschieht anhand konkreter Beispiele, also Politikern von Erdogan und Gauland über Hofer und Le Pen, Orban und Petry bis zu Trump und Wilders. Deutlich wird dabei, dass die Genannten sich ideologisch unterscheiden mögen, kommunikativ aber ähnlich agieren. Nach einem Kurzportrait der Personen heißt es denn auch: "Die Politik von Rechtspopulisten beruht auf einem einzigen Grundgedanken, einem selbst gestrickten Bild der Gesellschaft. … Hier sind WIR und dort sind die ANDEREN". Entsprechend heißt das Muster: "Erfinden Sie eine Gesellschaft, die aus nur zwei Gruppen besteht: den WIR und den ANDEREN" (S. 13). Häufig sind die konstruierten "Elite" und "Volk".
Danach geht es um den Einsatz von Gefühlen, wollen die Demagogen doch Emotionen gegen Fakten stellen. Um hier erfolgreich sein zu können, bedarf es einer besonderen "Gefühls-" bzw. "Hasssprache", die auch "Gewaltphantasien" mit einschließt. Angesprochen wird auch die Notwendigkeit der Wiederholung. Je häufiger man eine Aussage vorträgt, desto häufiger wird sie von Gläubigen geglaubt. Damit ein Populist erfolgreich sein kann, muss er darüber hinaus eine organisatorische Struktur zur Unterstützung haben. Dass diese sektenähnlichen Charakter hat, wird von den Autoren als Notwendigkeit des gemeinten Politikverständnisses herausgearbeitet. Und dann geht es noch um das Führen mit kurzen Formulierungen und autoritärer Sprache. Außerdem bemühen Populisten gern Verschwörungsvorstellungen. Gegen Ende betonen Horaczek und Ötsch wie "gefährlich dieses Bild ist. Es führt zur Spaltung der Gesellschaft und kann die Demokratie gefährden" (S. 193). Daher geben sie auch praktische Hinweise zu Strategien gegen die Demagogie.
Auch wenn der Ansatz des Buches ironisierend und polemisch ist, gelingt es den Autoren doch differenziert und klar Strukturprinzipien populistischer Propaganda herauszuarbeiten. Dabei dienen ihnen die erwähnten Politiker zur konkreten Veranschaulichung. Insofern hat man es mit einer aufklärerischen Arbeit im besten Sinne des Wortes zu tun. In den als "Muster" genannten Tricks gibt es Zuspitzungen. Dazu gehören Aussagen wie "Ja keine Grautöne", "Erfinden Sie Sündenböcke", "Wiederholen, wiederholen, wiederholen", "Verknüpfen Sie Dinge, die eigentlich nicht zusammengehören", "Brechen Sie Tabus" oder "Emotionalisieren Sie termingerecht".
Man kann mit dem Buch in der Hand sicherlich viele Talkshowauftritte der Höckes, Straches und Weidels mustergültig analysieren. Die Gegenmaßnahmen kommen nur im letzten Kapitel vor, wirken aber insgesamt etwas zu künstlich und rational. Die Autoren konzentrieren sich auf den rechten Populisten. Interessant wäre noch gewesen, ob es für sie auch so etwas wie einen linken Populismus gibt.
Walter Ötsch/Nina Horaczek, Populismus für Anfänger. Anleitung zur Volksverführung, Frankfurt/Main 2017 (Westend-Verlag), 256 S., 18,00 Euro
11 Kommentare
Kommentare
Wolfgang am Permanenter Link
Ich falle auf nichts rein denn ich bin Atheist! Mich schützt, das ich nichts glaube. Denn nur Wissen ist Macht!! Gegen Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens.
nihil jie am Permanenter Link
Ich muss aber zugeben, dass Populismus durchaus auch Spaß macht. Oft in diversen Foren ausprobiert. Zum Teil mit dermaßen überzogener Meinungsmachart dass es schon teilweise absurd wirkte.
little Louis am Permanenter Link
Einspruch, Euer Ehren.
Zum Glück habe ich auch noch den letzten Satz der Rezension gelesen. Damit ist das (geistige) Unwohlsein, das mich während der Lektüre befiel , wieder etwas abgeklungen.
1. So zu tun, algäbe es nur rechten Populismus, geht garnicht.
2. Der Populismusbegriff wird von den Autoren nahezu genauso gebraucht, wie der Begriff "Politpropaganda". Und die gab es schon immer. Wobei man darüber streiten kann, ob diese eher im Mainstream der selbsternannten "Mitte" oder an den angeblichen Rändern häufiger auftritt.
3. Deshalb behaupte ich, dass nahezu alle Methoden, die hier dem Rechtspopulismus zugeschrieben werden, fast genauso auch vom Mitten- Mainstream eingesetzt wurden bzw. werden. Und zwar schon mindestens seit 1945.
4. Daraus folgt: Die Autoren agieren einseitig und müssen deshalb selbst einem (bzw. ihrem) Populismustest unterzogen werden:
Ergebnis: Durchgefallen. Zumindest von mir keine Empfehlung.
5. Ob man es deshalb tatsächlich """...........mit einer aufklärerischen Arbeit im besten Sinne des Wortes zu tun.....""" hat, überlasse ich dem Urteil des humanistisch- aufgeklärten Lesers.
rainerB. am Permanenter Link
Das Buch scheint, entsprechend der Rezension, nur den herkömmlichen, alten Populismus zu behandeln, was allerdings höchst einseitig ist. Es gibt nämlich nicht nur den Populismus des WIR gg.
Das gravierendste Beispiel dafür das gezielte Schlechtreden und anschließende Zerstören der umlagefinanzierten, gesetzl. Rente zu Gunsten der Versicherungswirtschaft per privater Vorsorge. Und dieser heute die Deutungshoheit innehabende (neo)liberale Populismus arbeitet eben auch mit "Wiederholen, wiederholen, wiederholen", "Verknüpfen Sie Dinge, die eigentlich nicht zusammengehören", "Brechen Sie Tabus" oder "Emotionalisieren Sie termingerecht"...
Der Fehler zahlreicher, viel zu kurz greifender Populismus-"Analysen" liegt in ihrer vorab gesetzten politischen Zielrichtung, die das Ergebnis schon vorgibt. Aber eine Unterscheidung in WIR/SIE ist zwar populistisch, muss aber keineswegs falsch sein, wenn man nur an die Gegensätze zw. Kapital und Arbeit denkt. Eine populistische Ansprache sagt noch nichts über die Glaubwürdigkeit des Sprechenden aus. Die Glaubwürdigkeit einer Person ist aber nicht vom Politikstil abhängig, den sie pflegt, sondern von der Konsistenz und Faktennähe ihrer Argumentation. Man kann mit Fakten populistisch auftreten und dabei ehrlich sein. Andererseits können Populisten einen neutralen Standpunkt vortäuschen und mit Lügen als scheinbar rationalen Argumenten arbeiten. Diese Differenzierung wird aber nicht gemacht. Populismus ist ausnahmslos negativ besetzt und so in einen Kampfbegriff der politischen Auseinandersetzung verwandelt worden.
Doch jeder Arbeitskampf einer Gewerkschaft und jede neoliberale Kampagne der Kapitalseite ist mehr oder weniger populistisch.
Den Autoren ist für eine weitgefasstere und vor allem politisch weniger einseitige Einordnung des Begriffes Populismus Bernd Stegemann: Das Gespenst des Populismus (2017) als Leselektüre zu empfehlen. Dann könnten Sie feststellen, dass sie nicht über Populismus, sondern die Methoden von Demagogen schreiben, was sie ja selbst zugeben: "In diesem Buch lernen Sie, selbst zum Superdemagogen zu werden und Spaß daran zu haben, die demagogischen Codes zu entschlüsseln."
Eine Populist ist aber gerade nicht zwangsläufig ein Demagoge. Genau das scheint das Buch jedoch als Prämisse zu verwenden.
rainerB. am Permanenter Link
Die Fragwürdigkeit des Buches zeigt sich bereits im Titel: "Populismus für Anfänger - Anleitung zur Volksverführung", welcher Populismus zum Mittel der Volksverführung (Demagogie im heutigen Wortsinn) erklär
Populismus ist eine Anrufungsform an das Volk oder Teile von ihm und nicht zwangsläufig demagogisch, also mit Halb- bzw. Unwahrheiten verführend. Populismus und Demagogie sind nicht identisch, schon allein weil es zwei eigenständige Begriffe sind.
little Louis am Permanenter Link
@ rainerB am 27.09.2017 um 16:20
Nochmal gelesen.Gute Analyse. Zustimmung
Ulf am Permanenter Link
Aber natürlich gibt es auch einen Populismus der anderen Seite Herr Pfahl-Traughber.
Nehmen wir nur unsere Bundeskanzlerin mit ihrem prägnant kurzen Satz "Wir schaffen das"
Das ist Populismus in Reinstkultur. Ein verkürztes Lösungsversprechen für ein komplexes Problem, bloßes Ansprechen von Emotion und Gefühl, Hypermoral gegen Verantwortung, ein stark vereinfachtes Patentrezept, verkürzter Inhalt für ihre Anhänger. Instrumentalisierung und Manipulation derer in der Gesellschaft, die diese Wahnsinnsaufgabe wirklich und tagtäglich schultern mussten. Komplette Ausblendung von in der Sache durchaus berechtigter Einwände und Kritik.
Nein, nein, Populismus und Allgemeinurteile, striktes Schwarz-Weiß Denken, Glaube statt Fakten weil es der eigenen Ideologie entspricht, ist ganz sicher kein Alleinstellungsmerkmal von Rechtspopulisten. Das haben auch unzählige Kommentare nach der letzten Wahl wieder gezeigt, auch von s.g. Humanisten. Anstatt die Spaltung in der Gesellschaft anzugehen, zu überwinden, indem man endlich einander zuhört, wird sie weiter und noch schneller vertieft. Werden sechs Millionen Menschen zu Extremisten(!) erklärt. (Ich frage mich, ob man überhaupt die Definition kennt)
So schnell konnte man den Helm nicht aufsetzen, wie die Totschlagskeulen und Allgemeinplätze niederprasselten, ohne auch nur ansatzweise in die Tiefe oder inne zu halten, in sich zu gehen, zu reflektieren...
Augen zu und durch, Diffamierung, undifferenzierte Verlautbarungen, iiieh und pfui. Furchtbar, ich mache mir Sorgen.
Grüße
Ulf
..
Kay Krause am Permanenter Link
Sie sprechen davon, dass es einen Populismus auch auf der anderen Seite gibt, Herr Ulf.
Mit "der anderen" kann dann ja wohl nur "die linke Seite" gemeint sein?
agender am Permanenter Link
"linker Populismus"??
Aber spätestens die Verbeugung gegenüber der Vatikanlobby erzeugt immer ein Vorsichtsgefühl, auch in vielen in diesm Bereich nicht sehr sensiblen Männern.
Wie mein Beispiel kann sich ein Mächtiger dann nur noch mit formaler Macht halten!
Peter Bernd am Permanenter Link
Ein Buch mit keinerlei Linkspopulismus/Rabulistik-Technik Kritik?
Im Osten Deutschlands ist man besonders kritisch gegen neue Religionen und linken Schwachsinn (also sinnschwache Heilslehren), ein wohlfeiles Buch gegen die AfD erzugt bei mir, der gegen (AUCH) gegen den Islam (nicht nur, aber auch gegen den heutigen Gender-Protestantismus und sonstige Religionen) kaempft echtes Bauchgrimmen
Die Rabulistik-Technik des „vergifteten Brunnens“: Wer es wagt, etwas gegen Feminismus und Islamisierung zu sagen, ist ein fieser Rechtsradikaler und Populist?"
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
"Wer es wagt, etwas gegen Feminismus und Islamisierung zu sagen, ist ein fieser Rechtsradikaler und Populist?"
Gehts auch eine Nummer kleiner?