Kirchliches Arbeitsrecht

Gewerkschaft widersetzt sich Kirche

Zum kommenden Mittwoch ruft die Gewerkschaft ver.di zum Warnstreik in einer katholischen Klinik auf und begeht damit einen Tabubruch. Denn das kirchliche Arbeitsrecht sieht kein Streikrecht vor. 

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) ruft zu einem Warnstreik auf, nachdem die Gespräche über einen Tarifvertrag für eine Entlastung der Beschäftigten der Marienhausklinik in Ottweiler einseitig vom kirchlichen Arbeitgeber beendet wurden. "Nach unserem Kenntnisstand ist das der erste Streik in Deutschland an einem Betrieb, wo das katholische Arbeitsrecht angewendet wird", erklärte Verdi-Sekretär Michael Quetting laut Saarbrücker Zeitung.

Um den Streik im Vorfeld zu unterbinden, versucht es die Klinikleitung indessen mit Einschüchterung. In einem Schreiben an die Mitarbeiter wurde mitgeteilt, dass die Klinik dem sogenannten "Dritten Weg" folgt. Daher seien Tarifverträge mit Gewerkschaften explizit ausgeschlossen und Streiks in Krankenhäusern in kirchlicher Trägerschaft unzulässig. Teilnehmer des Streiks müssten mit "arbeitsrechtlichen Konsequenzen" rechnen.

Die Beschäftigten der Marienhausklinik zeigen sich davon bisher unbeeindruckt und bitten eindringlich die Beschäftigten aller saarländischen Krankenhäuser, aller Pflegenden im Land, aber auch die Bevölkerung um Hilfe und Solidarität. "Alleine sind wir zu schwach. Bitte kommt am 11.10. um 16:30 Uhr ans Krankenhaus in Ottweiler und demonstriert mit uns durch Ottweiler. Lasst uns nicht allein. Im Saarland heißt die Charité - Ottweiler", so der Appell des zuständigen Gewerkschaftssekretärs Michael Quetting.


Info: Der "Dritte Weg"

Statt dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) wird in kirchlichen Einrichtungen der sogenannte "Dritte Weg" praktiziert. Daher müssen die Beschäftigten auf wichtige Arbeitnehmerrechte wie das Streikrecht oder auf einen Betriebsrat verzichten. Trotz staatlicher Finanzierung der Einrichtungen besteht eine besondere Loyalitätspflicht gegenüber den Kirchen, die auch in das Privatleben der Angestellten reicht. So kann offen gelebte Homosexualität, die Wiederverheiratung nach einer Scheidung aber auch der Kirchenaustritt oder eine der kirchlichen Auffassung widersprechende öffentliche Meinungsäußerung mit einer Kündigung geahndet werden. Mitglieder nicht-christlicher Religionsgemeinschaften und Konfessionsfreie werden oftmals schon im vornherein bei Stellenausschreibungen ausgeschlossen.