Veranstaltung in Berlin

Gott spielen? Warum eigentlich nicht?

Kaum eine moderne Technologie erfährt so viel Ablehnung und Skepsis wie die Gentechnik allgemein und die grüne Gentechnik im Besonderen. Organisationen wie Greenpeace sowie Parteien wie Bündnis 90/Die Grünen, die Linken, die SPD, die CSU und die AfD sprechen sich gegen das Verfahren aus, bei dem artfremde Gensequenzen in Pflanzen-DNS eingearbeitet wird, um die Pflanze gezielt mit bestimmten Eigenschaften auszustatten.

In dem komplexen Spannungsfeld aus wissenschaftlichem Konsens, gesellschaftlicher Akzeptanz, vermeintlichen Gesundheitsrisiken und wirtschaftlichen Interessen kann man schnell den Überblick verlieren. Umso wichtiger ist es aus Sicht der humanistischen Organisationen, einen genauen Blick auf die Fakten zu werfen. Denn das gewaltige Potential dieser Technologie sollte nur aus wirklich guten und überzeugenden Gründen nicht ausgeschöpft werden.

Unter der provokanten Überschrift "Gott spielen? Warum eigentlich nicht?" luden daher die Giordano-Bruno-Stiftung, die Skeptiker-Vereinigung GWUP, die Partei der Humanisten Berlin und die Organisation Säkularer Humanismus an Berliner Hochschulen am zurückliegenden Samstag zur deutschlandweit ersten Vorführung des Films "Food Evolution" samt anschließender Gesprächsrunde mit mehreren Fachleuten ins Moviemento ein.

Der eindrucksvolle Dokumentarfilm, angenehm moderiert von Neill deGrasse Tyson, beleuchtet alle gesellschaftlich und politisch relevanten Aspekte der grünen Gentechnik. Die Filmemacher lassen Kritiker wie Befürworter gleichermaßen zu Wort kommen. Mit anschaulichen Illustrationen, aber auch anhand konkrete Anwendungsfälle wie der Rainbow-Papaya auf Hawaii oder den fäulnisresistente Bananen, wird die wissenschaftliche Dimension des gentechnischen Verfahrens dargestellt und erläutert. Aber auch die wirtschaftliche Vermarktung der Technologie durch multinationale Konzerne wie Monsanto ist ein Thema. Dabei wird auch aufgezeigt, welche Konsequenzen bei Verboten gentechnisch veränderter Organismen (GVO) oder Folgeprodukten wie Glyphosat bzw. "RoundUp" zu befürchten wären. Ganz nebenbei wird auch die wissenschaftliche Arbeitsweise allgemein sehr schön dargestellt.

Als deutliches Fazit kann der Film herausarbeiten, dass GVO nicht inhärent gefährlich sind und enormes Potential zur Lösung gravierender Ernährungs- und Gesundheitsprobleme haben. Dennoch zeichnen alle Befürworter der Technologie, die im Film zur Sprache kommen, ein differenziertes Bild der Grünen Gentechnik und sprechen ihr deutlich den Status eines Allheilmittels ab. Den Köpfen hinter "Food Evolution" ist es auf diese Weise gelungen, die Sicherheit von GVO zu belegen und die vorgebrachten Bedenken zu entkräften, ohne die Gegner dieser Technologie herabzuwürdigen oder naive Technologie-Gläubigkeit ein Podium zu bieten. Der Film ist mitreißend, informativ und im besten Sinne des Wortes aufklärerisch.

Etwa 80 Interessierte verfolgten die ansprechend aufbereitete Gegenüberstellung der wichtigsten Argumente beider Seiten. Die anschließende Gelegenheit, aufgekommene oder themenverwandte Fragen an Fachleute zu richten, wurde ausgiebig genutzt. Zur Beantwortung der vielen Fragen stellten sich Mercedes Diez Cocero (PhD-Candidate am Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie mit Forschungsschwerpunkt im Bereich Organellenbiologie, Biotechnologie und molekulare Ökophysiologie; Trägerin des International Max Planck Research School-Stipendiums), Dipl.-Ing. Amardeo Sarma (General Manager bei NEC Laboratories Europe, Vorsitzender der GWUP und Fellow des Committee for Skeptical Inquiry) sowie Prof. Dr. Joachim Schiemann (ehemaliger Vorsitzender des Institut für die Sicherheit biotechnologischer Verfahren bei Pflanzen, heute in führender Position am Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen tätig; berät das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Fragen der Gentechnik und fungiert im Deutschen Bundestag als Sachverständiger zur Änderung des Gentechnikgesetzes) zur Verfügung.

Podium, Foto: © Evelin Frerk
Podium, Foto: © Evelin Frerk

Nach einigen einleitenden Fragen durch den Moderator Georg Hille (Vorsitzender der Partei der Humanisten Berlin) standen die Podiumsteilnehmer dem Publikum Rede und Antwort, konnten viele weitere Unklarheiten ausräumen und zeigten dabei Verständnis für vorgebrachte Skepsis einiger Fragesteller. Mit anschaulichen Beispielen und Erfahrungen aus ihrer eigenen wissenschaftlichen Arbeit konnten die diversen Dimensionen des Themenkomplexes weiter beleuchtet werden.

Für die veranstaltenden Organisationen war dies die erste derartige Kooperation. Das deutliche Interesse der Teilnehmer sowie die reibungslose Zusammenarbeit der Verantwortlichen machen Lust auf weitere Projekte dieser Art.