Zentrale Aufnahme-, Entscheidungs- und Rückführungseinrichtungen (ANkER)

Gift für unsere Gesellschaft

In einer gestern verbreiteten Presseerklärung fordert der Bundeszuwanderungs- und Integrationsrat die SPD auf, keinem Koalitionsvertrag zuzustimmen, in dem die die Einführung von "Zentralen Aufnahme-, Entscheidungs- und Rückführungseinrichtungen" (ANkER) festgelegt werden.

Der Vorsitzende des Bundeszuwanderungs- und Integrationsrats (BZI), Lajos Fischer, plädiert dafür, auf die Einführung dieser zentralen Lager zu verzichten und erklärt: "Die Begründung für die angebliche Notwendigkeit dieser Art von Lagern durch die erhöhte Effizienz der Verfahren ist scheinheilig und nur vorgeschoben. Das wissen wir von den alltäglichen Praxisberichten aus den bereits existierenden 'Vorbildern' in Manching und Bamberg."

An die SPD-Mitglieder gewandt appelliert Fischer, keinen Koalitionsvertrag zu legitimieren, in dem "Zentrale Aufnahme-, Entscheidungs- und Rückführungseinrichtungen" (ANkER) festgelegt wurden. Es sei zwar verständlich, dass man sich nach den zermürbenden Monaten der Regierungssuche eine schnelle Lösung herbeiwünsche, "aber das darf nicht um jeden Preis passieren. Auch die Zivilgesellschaft wird aufgerufen, ihre Stimme zu erheben, damit die Früchte des eigenen Engagements nicht zunichte gemacht werden" heißt es in der Presseerklärung des BZI.

Bei der Aufnahme und der Integration von Geflüchteten wurden bis jetzt – auch infolge der schlechten Erfahrungen mit großen Aufnahmeeinrichtungen in der Vergangenheit – erfolgreich möglichst dezentrale Unterbringungsmöglichkeiten bevorzugt. Davon soll jetzt mit den ANkER-Lagern Abstand genommen werden. Kaum bemerkt von der Öffentlichkeit hat die SPD in den Koalitionsverhandlungen klein beigegeben und der Einrichtung dieser Lager zugestimmt.

Das BZI warnt, dass es in Wahrheit darum gehe, "der deutschen Zivilgesellschaft das zu nehmen, worauf sie in den letzten Jahren mit Recht stolz sein konnte: die 'Willkommenskultur'." So hätten Menschen, die nach traumatischen Erlebnissen in Deutschland ankommen, hierzulande keine politische Lobby. Doch "diese Rolle übernahmen in den letzten Jahren zigtausende Freiwillige."

Fischer warnt: "Wir wissen, dass Fremdenfeindlichkeit dort am stärksten wächst, wo die Kontakte zwischen Menschen der Aufnahmegesellschaft und Neuzuwanderern selten sind. Vom Frust in den Massenunterkünften über Reibereien und Gewalttaten bis zur kriminellen Stigmatisierung der 'Lagerbewohner' ist der Weg nicht lang."

Es sei ein selbstverständlicher und demokratischer Vorgang, wenn in der Politik Kompromisse eingegangen werden. Alldings dürfen diese Kompromisse nicht dazu führen, dass der Kern einer Partei verlorengeht. "Zum nicht wegzudenkenden Kern der SPD gehört die Idee der Solidarität. Und Solidarität bedeutet die Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und die Unterstützung von Schutzbedürftigen. Wenn die SPD diese Klausel des geplanten Koalitionsvertrages mitträgt, hat sie in unseren Augen ihre grundlegende Daseinsberechtigung selber infrage gestellt."

Weiter verweist die Pressemeldung auf Søren Kierkegaard, der schrieb, dass wir unser Leben in der Schau rückwärts verstehen, aber vorwärts leben. "Aus der NS-Forschung wissen wir, dass oft 'gravierende gesellschaftliche Veränderungsprozesse von den Beteiligten selbst als solche nicht erkannt werden' (Dana Giesecke – Harald Welzer: 'Das Menschenmögliche'; Hamburg 2012, S. 159), wenn diese die eigene alltägliche Lebenswelt grundsätzlich nicht verändern."

Das BIZ sieht in der Einrichtung der Lager für Flüchtlinge und Asylbewerber einen solchen "starting point", der erst in der Rückschau zeigen wird, dass er ein Wandel in der Gesellschaft mit sich brachte: "Die Umsetzung der von der Mehrheit der Gesellschaft isolierten 'zentralen Aufnahme-, Entscheidungs- und Rückführungseinrichtungen' könnte sich schnell zu einem solchen Wendepunkt entwickeln."