EU-Abgeordnete entscheiden über Uploadfilter und Leistungsschutzrecht

Das Ende der Netzfreiheit?

Eine Mehrheit der Abgeordneten hat sich bei einer Abstimmung im EU-Parlament gestern in Brüssel mit 15 zu 10 Stimmen für zwei Vorschläge ausgesprochen, die verheerende Folgen für die Freiheit im Internet haben könnten. Der Rechtsausschuss des Parlaments (JURI) stimmte dabei für die Einführung eines EU-weiten Leistungsschutzrechts sowie verpflichtenden Uploadfiltern für Internetplattformen.

Kritiker werfen der EU vor, damit das Ende des Internets, wie wir es bislang kennen, vorzubereiten. Die Vorschläge des EU-Abgeordneten Alexander Voss (CDU) bedeuten unter anderem, dass jeder Upload auf Internet-Plattformen wie Youtube, Facebook u.ä. gefiltert werden muss, um Urheberrechtsverletzungen zu verhindern. Das allerdings öffnet Tür und Tor für die Zensur von "unliebsamen" Inhalten.

Grundlage des Entwurfs, über den der Rechtsausschuss gestern abstimmte, war übrigens ein Gesetzesvorschlag, den der damalige EU-Digitalkommissar Günther Oettinger vorgelegt hatte, nachdem das Leistungsschutzrecht in Deutschland krachend gescheitert ist. Danach sollen zukünftig Verlinkungen kostenpflichtig werden. "Für das Leistungsschutzrecht […] hatten sich in den vergangenen Jahren vor allem Verlegerverbände stark gemacht. Demnach sollen Portale wie Google News künftig nicht mehr ohne Erlaubnis Überschriften oder kurze Ausschnitte von Pressetexten in ihren Ergebnissen anzeigen dürfen."1 Kritiker sprechen daher auch von einer geplanten "Linksteuer".

Carsten Knobloch (Caschy) weist darauf hin, dass damit ein Eingriff in die in den letzten Jahren gewachsene Internet-Kultur erfolgt. Denn im Netz gilt "everything is a remix". "Memes und andere Veränderungen an Bildern, Videos, Musik oder GIFs müssten also vor dem Upload auf womögliche Urheberrechtsverletzungen geprüft und dann geblockt werden, wenn der Rechteinhaber keine Veränderungen zulässt."

Die Bundesregierung lehnt übrigens im Koalitionsvertrag von Union und SPD Uploadfilter ab, da diese "unverhältnismäßig" wären.

Zwar gibt es noch Hoffnung: Die Vorentscheidung des Rechtsausschusses muss noch durch das endgültige Votum des Parlaments bestätigt werden. Deshalb ist Alexander Fanta bei netzpolitik.org vorsichtig optimistisch: "Die Schlacht ist geschlagen, der Krieg aber noch nicht vorbei: Nach der Abstimmung im Rechtsausschuss werden die Vorschläge nun dem ganzen Parlament zur Entscheidung vorgelegt. Üblicherweise folgt das Plenum den Vorschlägen des Ausschusses, allerdings sorgen insbesondere die Uploadfilter für Beunruhigung in der Öffentlichkeit." Aber nicht allzu viel, denn: "Die endgültige Entscheidung über das Gesetz findet wohl im Herbst oder Winter statt. Dann treffen sich Verhandler des Parlamentes, der Kommission und des Rates gemeinsam hinter verschlossenen Türen in den sogenannten Trilog-Verhandlungen."

Dass es bei der gestrigen Entscheidung überhaupt zu Gegenstimmen kam und die Verlagslobby und andere Rechteinhaber nicht unwidersprochen ihren Willen durchsetzen konnten ist unter anderem auch dem Widerstand und der Aufklärung durch Netzaktivisten zu verdanken. So ruft Wikimedia, die Stiftung hinter Wikipedia, weiterhin seine Unterstützer auf, gegen Uploadfilter und Leistungsschutzrecht aktiv zu werden.

Bei Telepolis erklärt Peter Mühlbauer unter der Überschrift "Ein trauriger Tag für das Internet und Europa" genauer, welche Beschlüsse der Rechtsausschuss gestern beschlossen hat.

  1. https://www.n-tv.de/politik/EU-Parlament-will-Urheberrechte-staerken-article20490604.html ↩︎