Einem Mitarbeiter der Caritas wurde fristlos gekündigt, weil er zum zweiten Mal geheiratet hatte. Das Arbeitsgericht Hagen hat nun geurteilt, dass die Kündigung unzulässig war.
Wie die Westfalenpost berichtet, musste die Caritas Hagen eine heftige Niederlage vor Gericht einstecken. Der Rechtsstreit drehte sich um einen langjährigen Mitarbeiter des St.-Barbara-Wohnhauses in Altenhagen, dem der katholische Wohlfahrtsverband 2017 kündigte, weil er sieben Jahre nach einer Scheidung erneut geheiratet hatte. Aus Sicht des kirchlichen Arbeitgebers handelte es sich bei der Wiederheirat um den Abschluss einer "unzulässigen Zivilehe", der geeignet sei, "ein erhebliches Ärgernis zu erregen und die Glaubwürdigkeit der Kirche zu beeinträchtigen".
Der Mann nahm die Kündigung nicht hin und klagte gegen den Caritasverband. Die 4. Kammer des Arbeitsgerichts Hagen entschied am vergangenen Dienstag schließlich, dass die Kündigung nicht rechtens war und der Kläger "zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen" weiterbeschäftigt werden muss. Zudem muss die Caritas den Lohn nachzahlen, der seit der Kündigung entfallen war.
Begründet wurde das Urteil insbesondere damit, dass nicht dargelegt worden sei, warum es sich bei der Wiederheirat um ein Ärgernis gehandelt haben soll. Eine ausreichende Abwägung der Interessen des verschiedenen Parteien habe nicht stattgefunden.
Info: Der "Dritte Weg"
Statt dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) wird in kirchlichen Einrichtungen der sogenannte "Dritte Weg" praktiziert. Daher müssen die Beschäftigten auf wichtige Arbeitnehmerrechte wie das Streikrecht oder auf einen Betriebsrat verzichten. Trotz staatlicher Finanzierung der Einrichtungen besteht eine besondere Loyalitätspflicht gegenüber den Kirchen, die auch in das Privatleben der Angestellten reicht. So kann offen gelebte Homosexualität, die Wiederverheiratung nach einer Scheidung aber auch der Kirchenaustritt oder eine der kirchlichen Auffassung widersprechende öffentliche Meinungsäußerung mit einer Kündigung geahndet werden. Mitglieder nicht-christlicher Religionsgemeinschaften und Konfessionsfreie werden oftmals schon im vornherein bei Stellenausschreibungen ausgeschlossen.
10 Kommentare
Kommentare
Ich am Permanenter Link
Wie gnadenlos müssen die Verantworlichen sein, die doch immer von "Jesu Nächstenliebe" erzählen. Frage an die: Hätte Jesus wohl dem Mitarbeiter auch gekündigt?
Ich bin nicht religiös, aber nach dem Jesubild, das man der Öffentlichkeit vermittelt, hätte er sicher nicht.
C. Mertens am Permanenter Link
Der soll ja gerade die Bestimmungen verschärft haben.
Rein theoretisch müsste die Kirche als Arbeitgeber auch andere Ehebrecher und auch unverheiratet zusammen lebende Mitarbeiter entlassen. (was zu früheren Zeiten durchaus vorgekommen ist)
Zum Glück verliert die Kirche allmählich an Macht, mir persönlich geht das aber noch zu langsam.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Ein ganz klein wenig tut sich. Aber das stellt den unheiligen 3. Weg noch nicht auf den Prüfstand.
Kay Krause am Permanenter Link
Was soll man da noch kommentieren?Wer diesen Glaubenskonzern auch noch finanziert, dem ist wahrlich nicht zu helfen! Wobei der größte Finanzierer der Staat mit unseren Steuergeldern ist. Pfui Deibel!
Christoph Heckermann am Permanenter Link
So kreiert die Pfaffia nach dem Priestermangel hoffentlich auch einen Mitarbeitermangel.
A. M. Harwazinski am Permanenter Link
Die Caritas gebärdet sich - wie viele konfessionelle Einrichtungen - über die Maßen autoritär in privaten Belangen, die den Arbeitgeber nichts angehen.
Carsten am Permanenter Link
Bleibt zu hoffen, dass dieses Urteil weite Kreise zieht und andere Betroffene damit zu ihrem Recht kommen.
Mal nachdenken am Permanenter Link
Hmmm, wenn man geschieden ist und neu heiratet, dann wird gekündigt.
Wenn man dagegen Kinder missbraucht, dann wird man vor den Folgen geschützt.
Man merkt sofort, ich schreibe über die katholische Kirche.
A.S. am Permanenter Link
Wann kapieren die Bürger endlich, dass die "guten Taten" nur die Tarnung für ein staatlich gefördertes, perfides Psycho-Herrschaftssystem sind? Auch Menschen-Fischer brauchen Köder!
Der Arbeitskräfte-Mangel in den sozialen und Pflege-Berufen ist wesentlich der Lohndrückerei der Kirchen zu verdanken!
Dieter Bauer am Permanenter Link
Es erstaunt, dass der sogenannte Rechtsstaat Bundesrepublik Deutschland bis heute einer höchstrichterlichen Entscheidung nicht gefolgt ist und Untätigkeit an den Tag legt.
Das ist beschämend für diesen Staat, der offenbar seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, sich aber über Politikverdrossenheit beklagt.