Gerade noch rechtzeitig zum Fest der 'Liebe' macht wieder einmal der Vorschlag einer staatlich eingetriebenen Steuer auf Islamgläubigkeit die Runde – zwecks einer Finanzierung von Moscheen unabhängig von ausländischen Quellen. Das würde einem säkularen Staat nicht gerecht. Ein Kommentar von Hans Trutnau.
Eine solche 'Steuer' (eigentlich ein Mitgliedsbeitrag) wurde schon mehrfach angeregt, z. B. auf Islamkonferenzen, aktuell wieder von der GroKo. Auffällig dabei ist der Beifall auch von christlicher Seite, denn dabei wird klar, worum es sich wirklich handelt – nicht etwa um einen Beitrag, um 'Gutes' zu tun, sondern um den Verein überhaupt zu finanzieren. Schließlich wird auch die hiesige Kirchensteuer überwiegend nicht für 'Gutes', d. h. caritative und diakonische Zwecke, ausgegeben, sondern fließt zu rund 90 Prozent in den religiösen Apparat; die Kosten für Caritas und Diakonie werden gar nur zu rund 2 Prozent von den Kirchen getragen. So ist der Beifall von christlicher Seite im Grunde zwanglos auch durch das Bemühen zu erklären, die eigenen Pfründe zu sichern.
Noch klarer: Es geht darum, an Kohle ranzukommen, denn Gebetshäuser und ihre Infrastruktur finanzieren sich nicht aus der Portokasse. Möglichst sollte noch der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts dazukommen (und ist dazu evtl. sogar nötig). Das könnte sogar – bisher aber sicher nicht ohne Grund unausgesprochen – einen 'legalen' Zugriff auf weitere Staatsknete eröffnen. Man will doch schließlich als vollwertige, gleichberechtigte Religionsgemeinschaft gelten ...
Nur hat da aber ein Staat, der von sich sagt, es gebe in ihm keine Staatskirche (Grundgesetz Art. 140 ), nichts zu suchen. Die staatlich eingetriebene Kirchensteuer ist bereits ein globales Unikum. Eine ebensolche Moscheensteuer bräuchte es darüber hinaus lediglich, um sich noch lächerlicher zu machen – oder aber sogar noch (ungewollt?) zu bestätigen, dass wir tatsächlich in einer Kirchenrepublik leben. Als hätten wir keine größeren Probleme.
Im Grunde ist aber Seyran Ateş doch beizupflichten, wenn sie auf die muslimische Abgabenpflicht als eine der fünf Säulen des Islams hinweist. Nur muss dazu doch auf keinerlei Eintreibung von Steuern dieser Art durch den Staat gewartet werden – in Frankreich zum Beispiel wäre das undenkbar. Dies ist für mich die säkulare Messlatte! Es darf darüber hinaus jedoch auch bezweifelt werden, dass sich alle Islam-Gläubigen hierzulande (die noch nicht einmal als solche registriert sind) entsprechend outen werden.
Übrigens hier im Plural verwendet: Moscheen-, nicht Moschee-Steuer, ganz analog zu Kerzen-, Katzen-, Kirchen-Steuer (nicht Kirche-Steuer). Der Singular legt außerdem fälschlich nahe, dass es da nur eine Lehrmeinung oder (besser?) Leermeinung gäbe.
20 Kommentare
Kommentare
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Ja, Hans, da stimme ich dir zu. Schön auf den Punkt gebracht.
Man muss auch bedenken - ich weiß dies aus verlässlicher Quelle (Insider) -, dass deutsche Muslime ca. 10% ihres Einkommens (!) an ihre Moschee-Gemeinde abdrücken, was teilweise ins islamische Ausland fließt, um dort prächtige Moscheen zu bauen. Z. B. nach Pakistan.
D.h. Geld haben die Gemeinden eigentlich genug, es geht also nur um zwei Fragen: Wo kommt das Geld her? und: Für was wird es verwendet? Dass Einflussnahme durch islamische Länder mit klarem Missionierungsinteresse mittels Geldüberweisung unterbunden werden muss, ist klar. Dass die deutschen Mitglieder der Gemeinden diese finanzieren dürfen, ist genauso klar. Auch der Abfluss ins Ausland kann nicht unterbunden werden. Ich darf mein Geld ja auch beliebigen Vereinen spenden.
Wenn allerdings durch eine Moscheen-Steuer die Zahlungen nachvollziehbarer werden, dann könnte der Staat auch eher die Mittelverwendung überprüfen. Wenn nun (wie jetzt gefordert) auch die Absender von Auslandszuwendungen geprüft werden dürfen, um deren Einflussnahme zu unterbinden, dann könnte folgendes Szenario entstehen:
Aus dem Ausland kommt weniger Geld, die Gemeinden müssen sich eher aus den (dann niedrigeren) Moscheen-Steuern finanzieren und es kann nur noch wenig Geld in islamische Länder fließen. Die "Geberländer" könnten jetzt zwar ihr Geld direkt an die "Nehmerländer" schicken, doch was hätten sie davon? Es geht ja um Missionierung und die ist am effektivsten im "Haus des Krieges", also dem westlichen Ausland aus islamischer Sicht.
Wir sollten uns also sehr genau überlegen, was unseren Zielen (Säkularisierung Deutschlands) am ehesten nutzt. Langfristig kann dies sicher nur die Abschaffung jeglicher Kirchen-, Moscheen-, Synagogen oder Tempel-Steuer sein bei gleichzeitiger Unterbindung ausländischer Einmischung in die Belange deutscher Gemeinden. Wobei der Begriff "Einmischung" genau definiert werden muss, denn Kontakte an sich oder Austausch sollte nicht unterbunden werden. Das ist also ein kitzliges Thema - das uns die Geistergläubigen immer wieder aufhalsen...
Kay Krause am Permanenter Link
Bernd Kammermeier, Sie schreiben, dass bei Zahlung einer nachvollziehbaren Moscheensteuer der Staat auch in der lage wäre die Verwendung dieser Mittel zu überprüfen.Meines Wissens ist der Staat (das Finanzamt) nicht b
Gruß von K.K.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Natürlich kann nicht die konkrete Mittelverwendung überprüft werden. Das wäre auch juristisch gar nicht möglich. Aber die Gesamtsumme ist ermittelbar, da nicht irgendwelches Geld "unter der Hand" fließt.
Steht aber eine Gesamtsumme im Raum, dann könnte man schon die Notwendigkeit weiterer Mittel aus dem Ausland hinterfragen. Das Argument, soundso viele Millionen würden z.B. nach Pakistan fließen, um dort Moscheebauten zu finanzieren, deshalb bräuchte man weitere Mittel (vom [fremden] Staat?) würde dann nicht greifen, weil die Summe x (aus Moscheensteuer) für die Ausgaben hierzulande ausreichen.
Jeder Verein muss via Schatzmeister über seine Einnahmen und Ausgaben Rechenschaft ablegen. Im Rahmen einer möglichen Moscheensteuer könnte man dies auch auf alle anderen religiösen Vereine ausweiten.
In jedem Fall hat der Staat kaum noch Einblicke, wenn die Vereine selbst kassieren, verwalten und ausgeben - wofür auch immer. Ich gebe aber gerne zu, dass ich hier viele ungelöste Probleme sehe und dass es die ideale Lösung wohl nicht gibt. Außer, die Religions-Institute lösen sich endlich auf...
Walter Otte am Permanenter Link
Es ist für mich unerfindlich, aus welchen Quellen sich die Idee speist, eine "Moscheesteuer" würde Auslandsfinanzierungen (Türkei, Saudi-Arabien, Katar usw.) einschränken bzw. ausschließen.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Aus "welchen Quellen sich die Idee speist..."?
Es geht da m.E. nur vordergründig um Einschränkung von Auslandsfinanzierungen.
Der Beifall christlicher GroKo- und Grünen-Vertreter weist eindrücklich darauf hin.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Halo Herr Trutnau, zum Thema Diakonie kann ich gerne etwas dazu sagen. Da ich in Diakonie City lebe und beobachten kann, was da so abgeht.
davon werden refinanziert. Ein super Geschäftsmodell das jedem Syndikat zur Ehre gereicht.
Kay Krause am Permanenter Link
Zahle, dann gehörst du zu den "Gutmenschen!" Dieser ganze Glaube, mit Bodenpersonal und heiligen Predigten, kirchlicher Verführung zur Ignoranz: Alles Heuchelei und Verlogenheit, mit nur einem einzigen Zweck
A.S. am Permanenter Link
Eine Moscheen-Steuer analog der Kirchensteuer wäre das ideale Vehikel, die deutsche Verquickung von Staat und Kirche zu zementieren und die "Förderung von Aberglauben" zum Staatsziel zu erheben.
Hans Trutnau am Permanenter Link
"Staatsziel" - mehr oder minder offen ist es das bereits, keine Frage.
M. Landau am Permanenter Link
Ja, zum anderen Artikel in der Sache hatte ich schon die Sektsteuer "eingeflochten". Es geht - wie sollte es auch anders sein - um die Kohle.
Udo Endruscheit am Permanenter Link
Wie kommt man nur auf solche Ideen, die dem republikanischen säkularen Staat doch wie ein Tritt vors Schienbein regelrecht schmerzen müssten?
Ja, die existente "deutsche" Kirchensteuer, bei der sich die Kirchen der Lohnbuchhaltungen der Firmen und der Finanzämter bedienen (letztere kriegen ein Teil ihres Aufwandes immerhin ersetzt, erstere nicht) ist mehr als ein Unikum. Es ist eine "staatskirchenrechtliche Ausformung", die nach dem Spruch des BVerfG aus dem Jahre 1966 völlig unzulässig ist. Nun, auch das BVerfG verfährt, jedenfalls in Sachen Staatskirchenrecht und Religionsfreiheit, bekanntlich längst nach dem Adenauer-Motto "Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern".
Ceterum censeo: Nicht staatliches Mitgliederbeitragsinkasso für den Islam, sondern Abschaffung des Mitgliedereinzugs für die christlichen Kirchen - und zwar auf Nimmerwiedersehen! Und dazu bitte auch die Abschaffung des unsäglichen Status der Körperschaft des öffentlichen Rechts für Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, ein Geschwür im Fleisch der säkularen Republik. Wie ich im hpd-Artikel "Religion und republikanischer Staat" ausführte, ist dieses Rechtsinstitut nur auf eine halbherzige Umsetzung des Säkularprinzips in der Weimarer Reichsverfassung zurückzuführen, die korrigiert gehört (was sich die Mütter und Väter des Grundgesetzes direkt nach Kriegsende nicht auch noch vornehmen wollten - hätten sie es mal getan...).
Wie gesagt - eine Schnapsidee, die Sache mit der Moscheesteuer. Oder doch nicht? Vielleicht ein bewusster Schritt auf dem Weg, die Bedeutung von Religion wieder zu befeuern, im Einklang von christlichen und muslimischen Interessen? Dass die christlichen Kirchen durchaus die Vorstellung haben, den Islam im gemeinsamen Interesse Trittbrettfahrerei zu gestatten, war hier beim hpd schon mehrfach Gegenstand der Debatte.
Hans Trutnau am Permanenter Link
"... Ideen, die dem republikanischen säkularen Staat doch wie ein Tritt ..."
Ich schrieb: "Das würde einem säkularen Staat nicht gerecht."
Man beachte den Konjunktiv!
Roland Fakler am Permanenter Link
Alle Weltanschauungsgemeinschaften sollten sich als gleichberechtigte, demokratische Vereine organisieren (müssen). Keine Privilegien für Großkirchen und Islam.
Andreas E. Kilian am Permanenter Link
Da wettern die christlichen Parteien, dass die deutschen Muslime Prediger und Spenden aus dem Ausland bekommen und sich politisch von anderen Staaten abhängig machen könnten.
Hier wird mit zweierlei Maß gemessen. Vielleicht liegt es daran, dass mancher Parteigenosse bei der Vatikanbank ein eigenes Konto hat, welches sich dem Zugriff der deutschen Justiz entzieht.
Ralf Michalowsky am Permanenter Link
Alles voll auf den Punkt gebracht. Der Autor hat nur einen wichtigen Aspekt vergessen.
Ich kann mir schon gut vorstellen, dass bereits Herrscharen von Historikern daran arbeiten die dafür erforderlichen Enteignungen nachzuweisen.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Holla, "vergessen"? Ich schrieb doch implizit nach Erwähnung der K.d.ö.R.:
Wichtig dabei: nicht ohne Grund unausgesprochen!
Hans Trutnau am Permanenter Link
Ach übrigens - ich schrieb nicht explizit Konkordatsverträge, weil namentlich diese mit der RKK geschlossen wurden\werden. Auch sind Staatsleistungen aufgrund von Enteignungen (von 1803!?) kaum denkbar.
Davor sei schärfstens gewarnt!
In puncto Säkularisierung ist noch viel zu tun.
Kai Albert am Permanenter Link
Was heißt, die Kirchensteuer sei ein globales Unikum? Obschon selten, gibt es das auch in anderen Ländern.
Die Idee ist übrigens, die muslimischen Einrichtungen von einheimischen Anhängern des Islam (nicht von Nicht-Muslimen; bei der Kirchensteuer zahlen auch nur die, die einer Kirche angehören, nicht einmal freikirchliche Gläubige) finanzieren zu lassen. Das garantiert dann natürlich nicht, dass keine ausländische Einflussnahme stattfindet, ermöglicht aber zumindest Unabhängigkeit, die zurzeit quasi unmöglich ist.
Und noch was Linguistisches: Das "n" in Kirchensteuer ist in diesem Fall kein Exponent des Plurals, auch wenn es dort seine Anleihe nimmt, sondern ein Fugenelement, das der besseren Aussprache dieses Kompositums dient. (Das "s" in Arbeitsplatz z. B. entstammt offenkundig auch keiner deklinierten Form des Wortes "Arbeit".)
Bruno Myschker am Permanenter Link
*bei der Kirchensteuer zahlen auch nur die, die einer Kirche angehören, nicht einmal freikirchliche Gläubige)*
Ihre linguistische Spitzfindigkeit kann überhaupt nicht darüber hinwegtäuschen, daß
-nach jedweder Meldung beim "Arbeitsamt" ungefragt und frecherweise eine "Kirchensteuer" abgezogen wurde- d.h. alle relogiösen Vereine stehlen- leider staatlicher Unterstützung gewiss- das mir und meiner Familie zustehende Geld
-obwohl gemeinschaflicher Verpflichtiung nicht enthoben, mir diese staatlich praktizierte Indoktrinierung der Religiosität meiner demokratisch zugesicherten "Religionsfreiheit" völlig entgegensteht
MfG Bruno Myschker
Kai Albert am Permanenter Link
Offensichtlich bist du ganz schön aufgebracht. Meines Wissens ist die von dir angesprochene Regelung seit 2005 nicht mehr in Kraft.
Was die Frage der Demokratie angeht, so würde ich insoweit mitgehen, dass wir es eher mit einer Parteienoligarchie und Zuschauerdemokratie zu tun haben. Nicht mal von einer Diktatur der Mehrheit kann man sprechen, da Lobbyinteressen wahrscheinlich höher wiegen als die Interessen der Mehrheit der Bürger.
Im Übrigen plädiere auch ich für eine Selbst-Finanzierung der Kirchen und überhaupt aller religiöser Gemeinschaften durch deren Anhänger. Ich kann aber die Idee nachvollziehen, einheimische Muslime für die Unterhaltung einheimischer Moscheen zur Kasse zu bitten, um diese von fragwürdigen Financiers unabhängiger zu machen. Wobei ich, wie gesagt, auch skeptisch bin, inwiefern das den Einfluss wirklich zurückdrängt.
Finden wir so eher zueinander?