Klimawandelleugner und -relativierer bedienen sich unterschiedlicher Narrative, um wissenschaftliche Erkenntnisse zu diskreditieren. Ncht selten werden die Prognosen von Klimaforschern bezweifelt oder abgelehnt. Prof. Andreas Oschlies vom GEOMAR Zentrum beleuchtete in seinem Vortrag "Worauf wir uns verlassen können: Unsicherheiten in der Klimamodellierung" im Rahmen der Ringvorlesung "Wissenschaft und Alternative Fakten IV" die Aussagekraft aktueller Klimavorhersagen an der CAU Kiel.
Kein Modell kann alles
Der Weltklimarat, oder IPCC, veröffentlicht etwa alle sechs bis sieben Jahre einen Bericht, der den aktuellen Forschungsstand zusammenfassend darstellt und Prognosen über die Entwicklung des Klimawandels beinhaltet. Obwohl für den IPCC die renommiertesten KlimawissenschaftlerInnen tätig sind, unterliegen deren Auswertungen Messfehler, auf die Prof. Oschlies näher einging: In Modellen zu arbeiten bedeutet grundsätzlich Vereinfachung und die Ausblendung von Daten. Damit sind alle Modelle fehleranfällig. So wird zur Berechnung der Modelle beispielsweise die "oberflächennahe" Durchschnittstemperatur an Land gemessen, ohne genau zu definieren, bei welcher Höhe diese liegt. Entscheidender als Datenfehler sind jedoch Modellfehler, da es viel gravierender ist, systematisch ungeeignete Daten zu erheben als einzelne Daten fehlerhaft zu sammeln. Die Klimaforschung muss sich fragen, welche Kerngrößen den Modellen zu Grunde liegen sollen.
Die Verlässlichkeit der Klimamodelle
Indem man die Prognosen der vergangenen 30 Jahre mit den tatsächlich gemessenen Werten abgleicht, bekommt man ein Bild davon, wie genau die Vorhersagen sind. Sie wurden in vielen, aber nicht in allen Bereichen besser. Die Berechnungen des Weltklimarates zum CO₂-Anstieg waren schon 1990 sehr präzise. Die Voraussagen des IPCCs zum weltweiten Niederschlag sind noch nicht verlässlich. Die vergangenen Berechnungen lagen sowohl bei den Niederschlagsmengen als auch bei den Orten der Niederschläge daneben.
Für die Temperaturentwicklung scheinen die Modelle besser zu funktionieren: Seit den 2000ern wurden sie immer genauer und prognostizieren – trotz bleibender Ungenauigkeiten – den weltweiten Temperaturtrend mit zunehmender Sicherheit.
Die bleibenden Unsicherheiten sind kein "Alibi fürs Nichtstun"
Auch wenn Prof. Andreas Oschlies auf anschauliche Weise die Herausforderungen und Grenzen der Klimamodellierung aufzeigt, bezieht er klar Stellung zu den gesellschaftspolitischen Folgen des Klimawandels. "Die Aufgabe der Gesellschaft ist es nicht darauf zu warten, dass die Klimavorhersagen der Wissenschaftler sicherer werden", sondern den Klimawandel heute aktiv zu bekämpfen. Unsicherheiten in den Modellen werden immer bleiben und seien keine Ausrede dafür, ein weiteres Jahrzehnt verstreichen zu lassen, ohne dass klimapolitische Änderungen eintreten.
Klimaschutz ist nicht unbedingt Umweltschutz
Doch wie der Klimawandel bekämpft werden soll ist unklar. Soll beispielsweise CO₂ ins Meer gepumpt werden und so das Wasser versauern? Die nächsten Jahrzehnte halten weitere solcher Dilemmata für uns bereit: Zwischen 1940 und 1960 stagnierte die seit 1850 angestiegene Durchschnittstemperatur auf unserem Planeten. Grund war die hohe Luftverschmutzung durch die Industrienationen, da die Schmutzpartikel Sonnenlicht zurück ins All reflektierten. Die Ankündigung Chinas, in den kommenden Jahren für mehr saubere Luft zu sorgen, könnte also ironischerweise den Planeten weiter erhitzen.
Egal welche Antworten unsere Gesellschaft auf die Klimafragen finden wird, für eine Versachlichung der Debatte sind wir nicht zuletzt auch auf die Wissenschaftskommunikation von Forschern wie Herrn Prof. Oschlies angewiesen.
Die Veranstaltung fand im Rahmen der Ringvorlesung "Wissenschaft und alternative Fakten" statt, die zum vierten Mal an der Christian-Albrecht-Universität zu Kiel veranstaltet wurde.
21 Kommentare
Kommentare
Sebastian am Permanenter Link
" ... ohne dass klimapolitische Änderungen eintreten".
Genau das halte ich aber fuer problematisch. Man muss eben kein "Klimawandelleugner und –relativierer" sein, um zu erkennen, dass der aktuelle Stand der Forschung eben nicht ausreicht, um einen eindeutigen (politischen) Verwertungsbezug abzuleiten.
Getan werden muss etwas, absolut, und zwar mehr und echt geforscht - heisst ergebnisoffen. Klimaforschung sollte sich seiner wissenschaftstheoretischer Verantwortung stellen und auf hoeren politisch und ideologisch zu argumentieren und agitieren.
Kritische Forschung zum Thema Klima muss zulaessig sein und ernst genommen und nicht als Haeresie grundlegend diskriditiert werden - denn erst aus diesem akademischen Diskurs kann echte Erkenntnis evolvieren. Und dieser Diskurs sollte akademisch sachlich bleiben. Nur weil ein Forscher vermeintlich den Klimawandel widerlegt ist das Thema deswegen ja nicht vom Tisch, diesen Standpunkt vertreten auch wieder nur (nicht)Wissenschaftsextremisten, aber die vortwaehrende Verifikation und Falsifizierung von wiss. Theorien ist das Fundament der Wissenschaft und ergo essentiell fuer einen echten konsensbasierten Erkenntnisrahmen - eben nach akt. wiss. Stand.
Aber genau das findet aktuell in der Klimaforschung (noch) nicht (mehr) statt, gefoerdet und demzufolge erforscht wird, was gemaess des Verwertungszusammenhangs der politischen Praemisse entspricht, was der im Begruendungszuammenhang definierten Objektivitaet und Ergebnisoffenheit von Forschung diamentral entgegenlaeuft.
Forschung muss unpolitisch bleiben, denn wenn bestimmte Ergebnisse von Forschung a priori aus politischen Gruenden ausgeschlossen sind, dann ist die Grenze zur Ideologie fliessend und abgeleitete politische Massnahmen nur im Interesse einer politische/ideologischen Kaste.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Also wie jetzt im Klartext?
David Z am Permanenter Link
Weniger Ideologie, mehr Sachlichkeit.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Klartext, schrieb ich an Sebastian.
Thomas R. am Permanenter Link
"Man muss eben kein "Klimawandelleugner und –relativierer" sein, um zu erkennen, dass der aktuelle Stand der Forschung eben nicht ausreicht, um einen eindeutigen (politischen) Verwertungsbezug abzuleite
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Besonders klug und weitsichtig darf man aber auch nicht sein. Treibhausgase sind TREIBHAUSgase. Diese Tatsache verbunden mit dem Faktum, daß wir seit ca. 1/4 Jahrtausend stetig zunehmende Mengen davon in die Atmosphäre entlassen, reicht vollkommen aus, um das schnellstmöglich stoppen, bzw. auf ein nachhaltiges Maß zurückführen zu wollen. Das Geschrei gewisser Leute nach mehr Klimaforschung (gegen die an sich natürlich nichts einzuwenden ist) erinnert mich sehr an das der Homöopathen, die einfach nicht begreifen wollen, daß ihr Wahnsystem prinzipiell und von vornherein nicht funktionieren KANN. Wir wissen schon lange mehr als genug, um auch schon lange wissen zu können, was zu tun, bzw. zu unterlassen ist. Jede weitere Verzögerung wäre verantwortungslos.
A.S. am Permanenter Link
"Die bleibenden Unsicherheiten der Klimawissenschaft sind kein Alibi fürs Nichtstun" - schön soweit. Aber WAS tun?
Wenn man die Menschen zum Energiesparen bewegen will, geht das nur über den Preis. Das wiederum ist unsozial und muss "sozial gerecht" abgefedert werden. Dann aber ist die gewünschte Lenkungswirkung futsch. Ein typischer Fall von "Wasch mir den Pelz aber mach mich nicht nass".
Wirklicher Klimaschutz wird nur mit großen sozialen Härten möglich sein. So etwas aber verschiebt die Politik lieber auf die überübernächste Legislaturperiode, es könnte ja sonst die Wiederwahl kosten.
Und was die FfF-Kids betrift: Sobald die die sozialen Härten bzw. den Komfortverlust am eigenen Leibe erfahren, werden nur noch ganz wenige für den Klimaschutz demonstrieren. Hierzu ein Vorschlag: Im Winter werden die Schulen nur noch auf 15 Grad beheizt. Das spart unstreitig einiges an CO2. Und die FfF-ler sollen doch bitte zuhause auch nicht stärker heizen.
David Z am Permanenter Link
"Wirklicher Klimaschutz wird nur mit großen sozialen Härten möglich sein."
Richtig. Und ich ergänze: Klimaschutz allein durch Deutschland wird ūberhaupt nicht möglich sein. Wird können noch so viele Milliarden investieren, noch so viele Einschränkungen auf uns nehmen, ja wir können D komplett in einen Agrarstaat zurūckentwickeln - am Klima wird sich hierdurch nicht das geringste ändern.
Thomas R. am Permanenter Link
"Richtig."
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Falsch. Alles eine Frage der Lastenverteilung.
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"Klimaschutz allein durch Deutschland wird ūberhaupt nicht möglich sein."
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A.S. am Permanenter Link
@ Thomas R.: Nicht "Binse", sondern das zentrale Dilemma:
- Wenn sich keiner bewegt, verlieren alle.
- Wer sich zuerst bewegt, verliert am meisten.
Thomas R. am Permanenter Link
"Nicht "Binse", sondern das zentrale Dilemma:"
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Eins schließt doch das andere nicht aus.
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"- Wenn sich keiner bewegt, verlieren alle.
- Wer sich zuletzt bewegt und gut bewaffnet ist, verliert am wenigsten. Zynisch, aber leider die Realität."
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Alles kein Hindernis für ethisch denkende Menschen. Die sind es nämlich gewöhnt, Interessen in systemischen Kontexten zu betrachten und ihre eigenen gegenüber schwerer wiegenden Interessen Anderer zurückzustellen. Wenn es die Menschheit nicht schafft, das Klimaproblem in den Griff zu bekommen, dann aus dem gleichen Grund, aus dem es entstanden ist, nämlich ihre eigene ethische Unterentwicklung.
David Zahn am Permanenter Link
"Die sind es nämlich gewöhnt, Interessen in systemischen Kontexten zu betrachten und ihre eigenen gegenüber schwerer wiegenden Interessen Anderer zurückzustellen."
Das finde ich total super von Ihnen, dass Sie Ihre eigenen Interessen zurückstellen. Das bedeutet: Sie und Ihre ethisch erleuchteten Mitstreiter übernehmen also die Kosten der geplanten Maßnahmen zugunster ethischer "Untermenschen" wie mir. Fair enough. Klingt konsequent. Alle Achtung!
Thomas R. am Permanenter Link
"Sie und Ihre ethisch erleuchteten Mitstreiter übernehmen also die Kosten der geplanten Maßnahmen zugunster ethischer "Untermenschen" wie mir."
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David Zahn am Permanenter Link
Wie jetzt, Sie entäuschen mich! Sie übernehmen also nicht allein die Kosten Ihres Steckenpferds? Wer dann?
"Nein, wir tun das Nötige zum Zwecke bestmöglicher Leidvermeidung nach dem ethischen Gleichheitsgrundsatz "
Oh, wie praktisch. Mit dieser Begründung müssen Sie zwangsläufig zu den Guten gehören! Aber was machen wir mit den Bösen? Verbrennen oder steinigen? Reicht nicht auch nur Gulag?
David Zahn am Permanenter Link
Nein. Lasten bleiben Lasten, auch wenn man sie verteilt.
Wenn es eine "Binse" ist, kann sie nicht egal sein.
Auch Avantgardisten haben sich im Rahmen der vernuftgeleiteten Verhältnismäßigkeit zu bewegen und die ethischen Konsequenzen ihrer Forderungen zu reflektieren.
Wenn Ökofaschisten anderen Verantwortungslosigkeit vorwerfen, darf man lachen, nicht wahr?
Thomas R. am Permanenter Link
"Lasten bleiben Lasten, auch wenn man sie verteilt."
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"Wenn es eine "Binse" ist, kann sie nicht egal sein."
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Sie ist egal, weil sie für moralische Menschen keine lebenspraktische Bedeutung hat, denn die verhalten sich ohnehin bestmöglich leidvermeidend nach dem ethischen Gleichheitsgrundsatz.
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"Auch Avantgardisten haben sich im Rahmen der vernuftgeleiteten Verhältnismäßigkeit zu bewegen und die ethischen Konsequenzen ihrer Forderungen zu reflektieren."
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Nicht nur haben sie diese Konsequenzen schon längst reflektiert, sie tragen sie auch bereits, indem sie unter Inkaufnahme einer Vielzahl von Schwierigkeiten das ethisch Erforderliche tun und nicht erst auf Vorleistungen Anderer warten.
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"Wenn Ökofaschisten anderen Verantwortungslosigkeit vorwerfen, darf man lachen, nicht wahr?"
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Was sind "Ökofaschisten", und wer sind die "anderen"?
David Zahn am Permanenter Link
Verstehe. Aber vielleicht hat Sie mal der Gedanke gestreift, dass man enorme Kosten noch so wild verteilen kann, erträglicher werden sie dadurch faktisch nicht.
Schade, dass Wahrheiten für "für moralische Menschen keine lebenspraktische Bedeutung" haben. Könnte die Urteilsfähigkeit einschränken, meinen Sie nicht?
"Nicht nur haben sie diese Konsequenzen schon längst reflektiert,"
Offensichtlich nicht vollständig, sonst gäbe es keine Menschen, die ihr Hobby nicht teilen.
"Nicht nur haben sie diese Konsequenzen schon längst reflektiert, sie tragen sie auch bereits..."
Verstehe, Sie sind also sowas wie ein selbstloser Held. Das fühlt sich so schön an, nicht wahr?
Thomas R. am Permanenter Link
"Aber vielleicht hat Sie mal der Gedanke gestreift, dass man enorme Kosten noch so wild verteilen kann, erträglicher werden sie dadurch faktisch nicht."
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"Schade, dass Wahrheiten für "für moralische Menschen keine lebenspraktische Bedeutung" haben."
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Überhaupt nicht "schade". Für die Entschlossenheit eines Moralisten macht es nun mal keinen Unterschied, ob sich auch Andere moralisch verhalten oder nicht, denn er tut im jeweiligen Hier und Jetzt das ethisch Notwendige. Natürlich wäre das einfacher, wenn es weniger Arschlöcher gäbe, die seine Bemühungen konterkarieren, aber wer hätte auch behauptet, das Leben sei ein Wunschkonzert?
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"Offensichtlich nicht vollständig, sonst gäbe es keine Menschen, die ihr Hobby nicht teilen."
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Wirr und ohne Bezug zu meiner Aussage.
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"Sie sind also sowas wie ein selbstloser Held."
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Nein. Wie bereits aus ihrem Zweck hervorgeht, kennt Ethik weder Selbstlosigkeit, noch Heldentum.
David Z am Permanenter Link
"Bitte gelegentlich das Hirn einschalten! Die Lasten des Unvermeidbaren (!) müssen möglichst gerecht auf Alle verteilt werden. Wenn das schmerzt, dann wenigstens niemanden bedeutend mehr als Andere."
Verstehe. Sie wollen also Schmerzen verursachen und behaupten, dies sei "unvermeidbar", weil Sie ja ein ethisch Erleuchteter sind.
"Überhaupt nicht "schade". Für die Entschlossenheit eines Moralisten macht es nun mal keinen Unterschied, ob sich auch Andere moralisch verhalten oder nicht, denn er tut im jeweiligen Hier und Jetzt das ethisch Notwendige. "
Es zählt also für Sie nicht die Wahrheit, sondern das, was Sie in ihrer ethischen Erleuchtung dafür halten. Muss wohl reiner Zufall sein, dass religöse Extremisten genauso argumentieren.
"Natürlich wäre das einfacher, wenn es weniger Arschlöcher gäbe, die seine Bemühungen konterkarieren, aber wer hätte auch behauptet, das Leben sei ein Wunschkonzert?"
Ja, wenn die eigene Religion hinterfragt wird, schmerzt das ein wenig, nicht wahr? Vielleicht sollten Sie Ihr Hobby nicht ganz so ernst nehmen.
"Wirr und ohne Bezug zu meiner Aussage."
Nicht im geringsten. Wenn Sie vorgeben, die Konsequenzen Ihres Handelns vollständig und ehrlich reflektiert zu haben, dann gehen Sie entweder davon aus, dass es nahezu keinen gibt, der nicht Ihrer Meinung ist oder aber davon, dass die Meinung anderer keine Relevanz hat.
"Nein. Wie bereits aus ihrem Zweck hervorgeht, kennt Ethik weder Selbstlosigkeit, noch Heldentum."
Nun enttäuschen Sie mich aber. Sie sind also ein eigennütziger Held, der seinem Hobby alles andere unterordnet, selbst die Lebensweisen andere Menschen. Aber Sie haben Recht, dies ergibt mehr Sinn.
Thomas R. am Permanenter Link
Offensichtlich ist Ihre Opposition mir gegenüber zum Selbstzweck geworden (falls sie jemals etwas anderes war), denn obwohl Sie mich zitieren, haben Ihre "Antworten" nach wie vor nicht das Geringste mit mein
David Zahn am Permanenter Link
Da bin ich aber froh, dass das von Ihnen oben geschriebene gar nicht Ihre Position ist. Das gibt Hoffnung...
libertador am Permanenter Link
Das Verhältnis zwischen Unsicherheit der Prognosen und Handlungsbedarf bei der Vermeidung von Emissionen ist genau anders herum.